Witten. Immer mittwochs kann man es in Bommern riechen: An der Holzofen-Bäckerei werden Kartoffelpuffer gebraten. Dahinter steckt ein pfiffiges Konzept.

Immer wieder mittwochs riecht’s auf der Elberfelder Straße in Witten-Bommern nach Reibeplätzchen. Reinhold Pilker brutzelt Hunderte von ihnen in einer Bude auf dem Parkplatz der Holzofen-Bäckerei. Verkauft wird, bis die neun Wannen voll Kartoffelteig alle sind. Und das geht vielen Kunden viel zu schnell. Das Geschäft mit den Kartoffelpuffern ist ein Goldenes. Warum nur?

„Für Reibeplätzchen stellt sich doch keiner mehr in die Küche. Das riecht doch so“, sagt Geschäftsführerin Aleksandra Rust (40) lachend – und irgendwie auch ungläubig. Seit zehn Jahren rennen die Kunden der Holzofen-Bäckerei mittwochs förmlich die Bude ein. Sie rufen an und bestellen vor, kommen sogar aus den Nachbarstädten angefahren, um die Puffer für 1,50 Euro pro Stück und hausgemachten Apfelmus zu kaufen und mitzunehmen.

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Es sind Rentner, Familien, Berufstätige, die sich hier ihren schnellen Mittagstisch holen. Auch an diesem Mittwoch stehen die Menschen erst an der Bude und dann an der Kasse Schlange, in der Hand hält jeder seinen in Alufolie verpackten Mittagstisch. Und währenddessen bohrt sich der Brutzelduft irgendwie doch tief in die Polster ihrer Autositze. Könnte denn nicht öfter Reibekuchen gebrutzelt werden? Da denkt Aleksandra Rust geschäftstüchtig: „Ich glaube, der Reiz ist es gerade, dass es die nur einmal die Woche gibt.“

Bäckermeister Reinhold Pirker stammt aus Kärnten

Die Holzofen-Bäckerei ist erfolgreich mit ihrem Angebot, dabei haben sie doch den Mittagstisch eigentlich abgeschafft. Im zweiten Corona-Lockdown entschieden sich die beiden Geschäftsführerinnen – Mutter Katarzyna Norek und ihre Tochter Aleksandra Rust – das Café neben der Backstube ganz zu schließen. Ein Grund war die Personalnot, die sich sogar noch weiter verschärft hat. Seitdem gibt es Mittagstisch, wie die Reibeplätzchen, Wurst im Blätterteigmantel oder Frikadellenbrötchen, nur noch zum Mitnehmen. Der Fokus des Bommeraner Handwerksbetriebs liegt ganz auf der Laufkundschaft.

„Bestseller“ der Holzofen-Bäckerei sind in Streifen geschnittene Tortenstücke. Hier zeigt Verkäuferin Elke Kalthoff Erdbeerschnitten.
„Bestseller“ der Holzofen-Bäckerei sind in Streifen geschnittene Tortenstücke. Hier zeigt Verkäuferin Elke Kalthoff Erdbeerschnitten. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Gegründet hat das Unternehmen Katarzyna Norek 2001 zusammen mit Bäckermeister Reinhold Pirker. Pirker war mit Mitte Zwanzig auf Arbeitssuche von Kärnten ins Ruhrgebiet gegangen, weil es in seiner österreichischen Heimat nicht genügend Arbeitsstellen gab. Im Gepäck hatte er die leckersten Rezepte. Den „Kärtner Laib“ oder Käse und Wurst aus der Region verkaufen sie in Bommern bis heute.

Inzwischen sind 45 Kuchensorten im Angebot

Die Holzofen-Bäckerei an der Elberfelder Straße in Witten-Bommern setzt auf Laufkundschaft.
Die Holzofen-Bäckerei an der Elberfelder Straße in Witten-Bommern setzt auf Laufkundschaft. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Als Pirker mit Katarzyna Norek die Bäckerei eröffnete, wurden sie von der Konkurrenz belächelt. Damals gab es noch drei Bäcker in Bommern. Tochter Aleksandra, die mit gerade einmal 17 Jahren im Verkauf aushalf, erinnert sich: „Ich hatte vor der Backstube einen Tisch stehen mit drei Sorten Brot und zwei Blechen Kuchen, die ich in Streifen geschnitten verkauft habe.“ Der Name „Holzofen-Bäckerei“ erschien dem Mutter-Tochter-Gespann gar nicht so kreativ: „Eigentlich wurde früher doch jeder Backofen mit Holz befeuert.“

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Die Lieblingskuchen der Wittener

Gut nachgefragt sind Torten der Holzofen-Bäckerei. Sie liefert Hochzeitstorten zu den Trauungen in Schloss Steinhausen und Haus Herbede. Es gebe auch einen wachsenden Trend nach Motivtorten zu Taufen, Einschulungen und runden Geburtstagen.

Die meistverkauften Kuchensorten sind übrigens Klassiker: Altdeutscher Apfelkuchen, Erdbeer- und Pflaumenkuchen und aktuell Zwiebelkuchen mit Speck.

Es ist wahrscheinlich der Fokus auf Traditionelles, der die Bäckerei so beliebt macht. Pluspunkte geben die offene Backstube, in die man während des Verkaufs gucken und dabei viel Gutes riechen kann sowie die Parkplätze direkt vor der Tür. „Wir sind ganz schnell gewachsen“, erzählt die gelernte Kauffrau Aleksandra Rust. Aus einem Carport wurde ein Café, die Verkaufstheke wuchs auf zehn Meter. Inzwischen sind 45 Kuchensorten im Angebot, die noch immer nur als Streifen verkauft werden. „Die Nachfrage ist da. Gerade samstags und sonntags stehen die Leute Schlange. Wir könnten viel mehr machen, wenn wir wollten“, sagt die Geschäftsführerin. Immer wieder gebe es Angebote, weitere Standorte zu eröffnen oder mehr zu liefern. Aber der Fachkräftemangel bremse alle Pläne.

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Inzwischen arbeiten in der Holzofen-Bäckerei 25 Personen. Viele Azubis wechseln nach der Lehre den Beruf. Die Bäckergesellen etwa, weil sie nicht schon um Mitternacht den Dienst in der Backstube beginnen möchten – verkauft wird schließlich ab 6 Uhr. Es gibt sogar zwei Rentnerinnen, beide über 70 Jahre alt, die noch immer im Verkauf aushelfen. Auch Reinhold Pirker selbst genießt mit seinen 70 Jahren nicht den Lebensabend in Kärnten – sondern brutzelt entweder mittwochs Reibekuchen oder steht nachts in Bommern in der Backstube.

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