Witten. Zum 1. Oktober wechselt das Haus Herbede in Witten den Besitzer. Dort soll ein Restaurant mit Biergarten entstehen. Was wird aus den Künstlern?
Bleibt das Haus Herbede in Witten ein Ort der Kunst? Die Sorgen sind groß, seit den Kunsthandwerkern ihre Ateliers in der Vorburg gekündigt wurden. Denn zum 1. Oktober wechselt das historische Rittergut seinen Besitzer. Dieser möchte das Haus mit neuer Nutzung aus seinem Dornröschenschlaf wecken. Geplant ist unter anderem ein Restaurant mit Biergarten.
Die Vorburg-Ateliers haben ihre Türen für Interessierte geöffnet, aber an diesem schönen Spätsommernachmittag schauen kaum Besucher in den Werkstätten vorbei. Einige Meter weiter radeln scharenweise Ruhrtaltouristen an dem Ausflugsziel vorbei. „Das Haus Herbede dümpelt seit einigen Jahren vor sich hin, wir sind in Vergessenheit geraten“, sagt Strickerin Silke Hohmann-Hinze. „Und wenn Publikum zu uns kommt, dann fragt jeder zweite nach der Toilette oder wo sich hier Gastronomie befindet.“
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Dabei ist das Haus aktuell einen Abstecher wert. Der Wittener Künstlerbund zeigt noch bis zum 1. Oktober seine sehenswerte Jahresausstellung in der Galerie Haus Herbede. Und in den Vorburg-Ateliers gibt’s handgemachte Unikate: Schmuck, Gestricktes, Skulpturen, Glasobjekte, Keramik oder Buchkunst.
Nun hat die Freizeitgesellschaft Metropole Ruhr GmbH den Kunstschaffenden ihre Ateliers gekündigt. Ein formaler Akt, denn sie ist nicht länger Vermieter. Zum 1. Oktober geht das Haus in Privatbesitz über. Investor Markus Bürger möchte das Gemäuer zu neuem Glanz erwecken. Beim Kauf im Juni 2023 kündigt er den Betrieb einer dauerhaften Gastronomie in der Vorburg an. Die gepflasterte Außenfläche wird Biergarten, daneben soll ein Kinderspielplatz entstehen.
„Wir freuen uns, wenn hier was passiert. Das kann sehr gut werden“, sagt die bildende Künstlerin Angelika Pietsch zu den Plänen. Anderen behagen die Veränderungen weniger. Die Recklinghäuserin Petra Stöcker hat vor fast 30 Jahren ihr Atelier angemietet. „Ich würde sehr gerne hierbleiben. Viele Kunden fragen mich ganz schockiert, was bald wird“, sagt sie besorgt. Jörg Hanowski verpackt gerade eines seiner Objekte, das das Glasmuseum Coesfeld angekauft hat. Die hohen Räume seines jetzigen Ateliers und der Nebenraum für seine Maschinen seien ideal. Aufgeben möchte er diese ungern. Die Künstler hoffen, dass sie sich einbringen können. „Wir können viel geben für diesen Ort. Wo kann man schon Künstlern bei der Arbeit zusehen? Wir können Kurse geben oder Showtage organisieren“, betont Angelika Pietsch.
Neuer Eigentümer kündigt Rochade an
„Die Message ist: Es wird sich einiges ändern, aber nicht alles“, sagt Markus Bürger auf Nachfrage. „Ich muss die Räumlichkeiten in der Vorburg erweitern, damit sich dort ein Restaurant etablieren kann.“ Er spricht von einer Rochade, einem Platzwechsel, für die Kunsthandwerker. „Ich werde mit jedem das Gespräch suchen und einen neuen Platz ausloten“, verspricht er, und bittet um Geduld. Denn noch sei nichts spruchreif, die Stadt Witten müsse noch die Umbaupläne genehmigen.
Umbau zum Hotel
Das älteste Gebäude Wittens wurde am 20. Juni 2023 verkauft, nachdem seit 2018 ein Käufer gesucht wurde. Es soll zu einem multifunktionalen Veranstaltungsort mit Hotel umgebaut werden. Laut Stadtverwaltung kann das denkmalgeschützte Herrenhaus dazu um ein Gästehaus mit bis zu 50 Doppelzimmern ergänzt werden.
Zukünftig ist geplant, einen Seminarbetrieb im historischen Haus Herbede plus Übernachtung im Hotel anzubieten. Ebenfalls sollen weiterhin Trauungen und Hochzeitsfeiern – mit Hotelübernachtung – stattfinden. Hotelgäste können zwischen beiden Gebäuden barrierefrei und „trockenen Fußes“ wechseln. Im historische Gewölbekeller können Kochveranstaltungen durchgeführt werden, als „Event- Restaurant“ mit „Live Cooking“.
Einen Schritt weiter ist Markus Bürger schon in Sachen Galerie Haus Herbede. Die Räume im ersten Obergeschoss des Adelssitzes hält er für ungeeignet: Sie seien für Menschen mit Rollator oder Kinderwagen nicht barrierefrei erreichbar und hätten kaum Publikumsverkehr. „Ich möchte ein neues Format vorschlagen und die Ausstellungen des Künstlerbundes künftig im Erdgeschoss zeigen.“ Also im Standesamt, in Kaminzimmer und Mittelaltersaal. Bei Trauungen, Veranstaltungen, Restaurantbesuchen würden so viel mehr Menschen mit der Kunst in Berührung kommen. Und davon würden letztendlich die Kunstschaffenden profitieren.