Witten. Am Radweg Rheinischer Esel in Witten bauen Künstler Skulpturen auf. Beim „Drahtesel“ nahe dem Toom-Baumarkt kann man noch bis Freitag mitmachen.
Viele zu Radwegen umgebaute ehemalige Bahntrassen haben längst auch einen touristischen Wert. Auch der Rheinische Esel in Witten wird für Ausflügler immer interessanter – man denke nur an die kürzlich eingeweihte Schrägseilbrücke. Nun kommen neue Hingucker dazu. Entlang der Annener Strecke entstehen zurzeit einige Kunstskulpturen, die alle etwas mit der Geschichte des Esels zu tun haben.
Hinter dem Projekt stecken Vivien Knoth und Birgit Wewers vom Kreativquartier Annen. Beide sind nicht nur im Verein aktiv, sondern selbst Künstlerinnen. Sie haben im vergangenen Jahr einen Förderantrag beim NRW-Heimatministerium gestellt. Neben 45.000 Euro an Landesgeldern kommen vom Kulturforum Witten 5000 Euro für die künstlerische Gestaltung der Radtrasse. Nach einer Bürgerwerkstatt im Oktober 2022 und einer öffentlichen Ausschreibung haben drei Künstler nun Aufträge erhalten. Bis zur Einweihung am 21. Oktober sollen die Skulpturen stehen, auf dem Teilstück zwischen Pferdebachstraße bis zum einstigen Bahnhof Annen-Süd.
Drahtesel auf drei Meter hohen Stelzen
Nicht nur zugucken, sondern mitmachen kann man bei Vasilij Plotnikov, dessen Werk zurzeit auf einer Wiese gegenüber dem ZF-Parkplatz, nahe dem Toom-Baumarkt, entsteht. Dort gibt es schon einige Sitzbänke und Fahrradständer, der Schmetterlingsflieder blüht und in der Sonne werkelt der Oberpfälzer Bildhauer an seiner Drahtesel-Skulptur.
Tatsächlich formt er einen großen Esel aus Drahtgeflecht. Das Grundgerüst steht, nun zwängt er kleine Drahtnester dazwischen, um dem Esel eine Kontur zu geben. Dazu braucht er Hilfe: Jeder könnte sich die Drähte aus bereitgestellten Kartons nehmen, daraus Knubbel flechten und mit der Biegezange einarbeiten. „Ich möchte unbedingt die Menschen aus der Umgebung einbeziehen. Damit man nachher an dem Esel vorbeigeht und sagen kann: Das Stück am Huf oder die linke Backe, das war ich.“
Ein Modell zeigt, was Vasilij Plotnikov plant: Der lebensgroße Esel wird später verzinkt und dann auf vier senkrecht aufgestellte, drei Meter hohe Eisenbahnschienen gestellt. „Das zeigt doch die perfekte Transformation von der Eisenbahnstrecke zum Fahrradweg“, sagt der Künstler.
Hinter Plotnikovs Drahtesel steckt schon viel Arbeit. Zwar mache er sehr gerne Tierskulpturen, sagt der Künstler. Aber einen Esel in dieser Größenordnung habe er noch nie gefertigt. „Für den Entwurf habe ich mich lange mit den Proportionen und Charakterzügen eines Esels beschäftigt.“ In Hagen hat er eine Zinkerei gefunden, die bereits zur Probe einen Eselskopf verzinkt hat. „Nicht jedes Unternehmen nimmt einen solchen Auftrag an. Aber die haben sich richtig gefreut“, lobt er.
Der Drahtesel bleibt nicht allein. Einige Hundert Meter wird die Wittener Künstlerin Heike Fischer, die sonst „tierischen Schmuck“ herstellt, drei Esel aus Polymergips aufstellen. Ihre drei Tiere bilden Stationen eines „Audiowalks“. Jede Skulptur hat einen QR-Code aufgedruckt. Scannt man das Symbol mit dem Handy ab, öffnen sich Audiodateien. Dort kann man Wissenswertes zu der alten Bahnstrecke hören. Dessen Geschichte und die eingesprochenen Texte erstellen zurzeit die Mitglieder des Vereins für Orts- und Heimatkunde in der Grafschaft Mark und des Geschichtsvereins Annen.
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Als dritte Skulptur wird bald ein großes Eselsohr aus Holz im Bahnhof Annen-Süd stehen. In das Eselsohr kann man sich hinein- und die Lauscher aufstellen: Darin erklingen Marktgeräusche. Geschichtlich Interessierte ahnen den Zusammenhang: Der Name für die Zugstrecke soll angeblich an die Marktfrauen in den Waggons erinnern, die wie bepackte Esel ihre Waren bei sich trugen. Künstlerin Katja Ratajczak baut dieses Ohr gerade in einem Hof im Kreativquartier Annen (Bebelstraße/Geschwister-Scholl-Straße).
Esels-Geschichte
Der Radweg Rheinischer Esel ist über zehn Kilometer lang und führt von Dortmund-Löttringhausen in einem großen Bogen über Annen nach Langendreer. Der Personenverkehr wurde 1979 eingestellt, der östliche Streckenabschnitt ab Witten-Ost 1982 stillgelegt und abgebaut. Auf den übrigen Teilen wurde der Güterverkehr von 2001 bis 2004 eingestellt und die Trasse dann ebenfalls zurückgebaut.
Der Radweg entstand in Teilen bereits in den 1980er Jahren und wurde 2012 fertiggestellt. Ab dem Güterbahnhof Witten-Ost (inzwischen das Ärztehaus „Medizinisches Zentrum“) ist er in westlicher Richtung asphaltiert. Die Kilometer sind auf den Asphalt mit rot-weiß-roten Markierungen aufgemalt, die an eine Bahnschranke erinnern.
Die Stadt Witten hat für die Skulpturen bislang nur eine Fünf-Jahres-Genehmigung erteilt. Vivien Knoth und Birgit Wewers sind sich aber sicher, dass diese danach nicht abgebaut werden, sondern eine Folgegenehmigung erhalten: „Bis dahin wird der Drahtesel zu einem Wahrzeichen werden, auf das keiner mehr verzichten möchte.“
Wer mitbauen möchte: Vorkenntnisse sind nicht erforderlich, die Anleitung erfolgt vor Ort. Die Teilnahme ist frei und nicht an die jeweilige Anfangszeit gebunden. Termine: 10. und 11. August, jeweils von 12 bis 19 Uhr.