Kunstspektakel „Runde um den Block“ begeistert in Annen
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Witten. Sowas Schräges hat Witten selten erlebt: Bei der „Runde um den Block“ wurde Annen zur Bühne. An 15 Stationen wurde musiziert, getanzt, gespielt.
Unwirkliche Welt in Annen: Über das Wochenende (12. bis 14. August) lohnte es sich besonders, ab der Bebelstraße eine „Runde um den Block“ zu drehen. Hinter der trivialen Aufforderung verbarg sich ein Kunstspektakel, das spannende Begegnungen und Kunstgenuss versprach – und hielt.
Die Idee: pro Abend werden Gruppen á 25 Personen auf einen 90-minütigen Spaziergang geschickt - ohne zu wissen, was passiert. Den Weg kennen eingeweihte Reiseführer. Unterwegs warteten aber mitunter skurrile Inszenierungen an Alltagsorten. Sie wurden zu Bühnen, auf denen gespielt, getanzt, musiziert und gezaubert wurde. Die Menschen, so Künstler und Veranstalter Jörg Rost, haben verlernt, sich auf Überraschungen einzulassen. Und Überraschungen gab es an jeder der 15 Stationen.
Schwungvoll geriet zum Beispiel der Auftritt einer Rhythmik-Gruppe, die Mülltonnen, eine Treppenleiter, Teppichklopfer und Laubbesen als Schlagzeug einsetzten. Während sich im Hinterhof der Polizeistation Annen ein Häftling – von Fenster zu (Zellen-)Fenster mit einem Polizisten unterhielt, wartete – deutlich krasser – im Keller ein als Henker verkleideter Schauspieler mit einer großen Richtbeil-Attrappe.
Opernsängerin in einem Riesen-Kleid
140 Aktive im Einsatz
Bei der „Runde um den Block“ machte die heimische Kulturszene Wittens mit, aber auch Künstler aus Leipzig, Berlin, Münster und Dortmund. Insgesamt waren 140 Aktive und Helfer für Licht, Ton, Requisite und natürlich als Künstler und Tänzer im Einsatz.
„Ich habe vier 16-Stundentage hinter mir, aber im Moment trägt mich die Begeisterung. Es war toll, schon allein den Aufbau zu verfolgen, wie das ganze Gestalt annahm. Durch das Theater im offenen Raum entstehen Schnittstellen, die sich sonst nicht ergeben“, so Organisatorin Vivien Knoth.
Ein paar Schritte weiter überraschte „Güldema’s Rückkehr“ vom Mitmach-Theater Leipzig die Besucher. „Sammelt die Energie, Ihr spürt sie alle“, so die Aufforderung des in einem engen Anzug mit Tropenhelm gekleideten Künstlers. Hinter einem weißen Tuch stieg daraufhin unvermittelt eine durchtrainierte Künstlerin hervorund zeigte ihre Tuchathletik-Künste.
Eher meditative Klänge aus Klangschalen mitten auf dem Gebiet der Annener Halde und eine Arie von Opernsängerin Luise Lein, vorgetragen in einem mehrere Meter langen roten Kleid von der Brücke des Rheinischen Esels herab, verzauberten die Besucher an anderer Stelle. Robin Hood trieb dagegen auf dem Rheinischen Esel seine Späße mit den Gruppen und ein Tubaspieler verkündete seine Sicht der Dinge auf die politische Situation seit der Kaiserzeit. Den Abschluss eines Spazierganges bildete der Kletterpark am Imberg mit einem gemeinsamen Gesang. Da durfte auch „Glück auf, der Steiger kommt“ nicht fehlen.
„Das war nicht Stumpfes und Geplantes, von allem was“
Die Runden um den Block erwiesen sich bereits in Schwerte als Renner – nach 700 Teilnehmern in der ersten Auflage wurden im Folgejahr schon tausend Eintrittskarten verkauft. Beim Kirschblütenfest 2021 in der Bebelstraße erzählte Jörg Rost auch Vivien Knoth und Birgit Wewers, beide vom Kreativquartier Annen, von der Aktion und weckte sofort die Idee, das Konzept auch auf Annen zu übertragen.
Viele Passanten stellen sich zufällig zu der Aktion
Die Krux in Annen: Die Zahl der verkauften Karten blieb schwach. Während der Performance gesellten sich aber immer mehr Passanten zufällig zu der Aktion und machten einfach mit – so dass die Veranstaltungen gut besucht waren. „Leider haben die Einnahmen deswegen unsere Kosten nicht gedeckt“, bedauert Vivien Knoth.
Doch die, die teilnahmen, waren begeistert. Andrea und Roland Hasselberg waren als Anwohner auf die Künstleraktion aufmerksam geworden: „Die Künstler konnten uns begeistern und mitnehmen, das war nicht Stumpfes und Geplantes, von allem was.“ Besonders gefiel ihnen, dass die Besucher von der Straße abgeholt und auf Hinterhöfe geleitet wurden, die das Ehepaar so auch mal kennenlernen konnte.
Am Ende freute sich Vivien Knoth über die vielen positiven Reaktionen der Besucher wie auch der Menschen aus der Nachbarschaft. Im Ohr geblieben ist ihr der Dialog zweier junger Männer: „Hey Alter, hasse gesehen? Da vorne steht auch noch so’n Ding.“
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