Witten. In Witten soll künftig eine Gedenktafel an die von hier aus deportierten und ermordeten Sinti erinnern. Einzig die AfD kritisierte das Anliegen.
In Witten soll künftig offiziell an die Sinti erinnert werden, die in der Zeit des Nationalsozialismus von hier aus nach Auschwitz deportiert und ermordet worden sind. Das hat der Rat einstimmig – mit Enthaltung der AfD – beschlossen. Dazu soll ein Erinnerungszeichen errichtet werden.
Erinnerungszeichen werden an Orten angebracht, an denen Menschen lebten, die zwischen 1933 und 1945 von den Nationalsozialisten verfolgt und ermordet wurden. Das kann eine Wandtafel an einer Fassade oder eine Stele sein. Sie sind eine Alternative zu den Stolpersteinen. „Das Gedenken an die Sinti hat in unserer städtischen Erinnerungskultur bislang keinen angemessenen Platz“, begründete Paulina Saelzer (SPD) den gemeinsamen Antrag von Sozialdemokraten und Grünen.
Mehr als 60 Frauen, Männer und Kinder aus dem Lager im Dorney abtransportiert
Das Schicksal der mehr als 60 Männer, Frauen und Kinder, die im März 1943 von der Polizei aus dem sogenannten Zigeunerlager im Dorney abgeholt wurden, hat der Wittener Historiker Ralph Klein erst kürzlich in mühsamer Quellenarbeit erforscht. Für die Sinti ging es zunächst zur Kripo in die Poststraße 1, von dort aus nach Bochum, wo der Deportationszug, bestehend aus Viehwaggons, nach Auschwitz startete.
Nach Angaben von SPD und Grünen wurde in diesem Jahr erstmals auf Initiative aus der Zivilgesellschaft am Standort des ehemaligen Lagers im Dorneywald der Opfer vom 9. März 1943 gedacht und auch an die Beteiligung von Wittener Institutionen an der Verfolgung erinnert. Nun sei es an der Zeit, dass die Wittener Sinti „durch ein angemessenes, dauerhaftes und unübersehbares Erinnerungszeichen in das kommunale Gedächtnis und das Gedenken der Stadt aufgenommen werden“, so Saelzer.
AfD-Redner erntete „Pfui“-Rufe
Alle Fraktionen im Rat stellten sich hinter diese Forderung, mit Ausnahme der AfD. Den nationalsozialistischen Verbrechen werde bereits sowohl in der Stadt als auch deutschlandweit „in epischer Breite“ gedacht, positionierte sich deren Fraktionsvorsitzender Matthias Renkel. Dass nun an jede einzelne Gruppe erinnert werden solle, könne man angesichts der Haushaltslage auch anders bewerten. Dafür erntete er „Pfui“-Rufe aus dem Plenum, ein Ratsmitglied verließ den Saal.
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Die nachfolgenden Redner betonten erneut die Wichtigkeit eines solchen Mahnmals. „An dieser Stelle aufs Geld zu schauen, wäre dieses Gremiums nicht würdig“, sagte etwa Ulla Weiß (Linke). Sie habe keine Zweifel, dass im Notfall auch die Ratsmitglieder selbst aus der eigenen Tasche etwas beisteuern würden, um das Mahnmal möglich zu machen. Für den AfD-Mann war das ein „Affentheater“. An der eindeutigen Abstimmung änderte das nichts.
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Wo das Erinnerungszeichen errichtet werden soll und wie genau es aussehen wird, wird jetzt die Verwaltung erarbeiten. Dabei sollen Vertreterinnen und Vertreter der Sinti und Roma-Community einbezogen werden.
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