Witten. Mit einem Blockheizkraftwerk im Keller kann man Wärme und Strom für den Eigenbedarf erzeugen. Das geht auch bei Mietshäusern, etwa in Witten.
Es ist nichts Ungewöhnliches mehr, dass Hauseigentümer zum Beispiel mit einer Photovoltaikanlage auf dem Dach selbst Energie gewinnen. Bei Mietshäusern sieht das anders aus. Seit zwei Jahren läuft ein gemeinsames Mieterstrom-Pilotprojekt von Siedlungsgesellschaft Witten und den Stadtwerken. Zwei Wohnblöcke in Rüdinghausen können sich durch Blockheizkraftwerke im Keller selbstständig mit Strom und Wärme versorgen.
Siedlungsgesellschaft und Stadtwerke sind angetan von ihrem Pilotprojekt, „das kein Schnäppchen war“, wie Geschäftsführerin Claudia Pyras sagt. Nach zwei Jahren laufen die Anlagen reibungslos, die Einsparungen sind beträchtlich. Jeder der 24 Mieter der Häuser in der Straße Kösters Hof muss nun elf Prozent weniger Heizkosten zahlen.
Dazu kann man über einen speziellen Vertrag der Stadtwerke günstiger Strom beziehen – den aus dem eigenen Keller. Nutzungsentgelte oder Netzzuschläge entfallen zum Beispiel. „Außerdem haben wir für jedes Haus den CO²-Ausstoß um acht Tonnen jährlich verringern können“, so Pyras.
Ein Vermieter kann nicht gleichzeitig Stromerzeuger sein
In Witten gibt es erst etwa 60 Häuser, die mit einem eigenen Heizkraftwerk betrieben werden. Nur drei davon sind Mietshäuser, weiß Christian Dresel, Gruppenleiter für Energiedienstleistungen bei den Stadtwerken. Das seien die Gebäude Kösters Hof 2 und 4 sowie 8 und 10 in Rüdinghausen sowie ein Neubau an der Diakonissenstraße.
„Es ist rechtlich schwierig, dass ein Vermieter gleichzeitig als Stromproduzent und Stromverkäufer tätig ist“, sagt Geschäftsführerin Claudia Pyras. Daher ging die Siedlungsgesellschaft eine Kooperation mit den Stadtwerken ein. Die Stadtwerke bauten und betreiben das Blockheizkraftwerk, das städtische Wohnungsunternehmen mietet die Anlage.
2018 und 2019 wurden die Heizsysteme in den Doppelhäusern, Baujahr 1987, umgebaut. 40.000 Euro hat die Anlage gekostet, weitere 20.000 neue Elektrik und Rohre. Vorher wurde jede Wohnung in den beiden Gebäudeblöcken durch eine eigene Therme beheizt, die an der Außenwand hing. Diese waren marode und mussten ausgetauscht werden. „Die technischen Voraussetzungen hier waren sowieso kompliziert. Deswegen wollten wir einmal etwas Innovatives und Umweltschonendes ausprobieren“, sagt Pyras.
Nur bei minus fünf Grad hilft eine Brennwerttherme aus
Christian Dresel zeigt eine der beiden Anlagen im einstigen Wäschekeller: Das Mini-Kraftwerk ist so groß wie ein gängiger Heizkessel. Eine hüfthohe grüne Metallkiste, die leise brummt. Darin steckt ein mit Erdgas betriebener Verbrennungsmotor, der einen Stromgenerator antreibt. Die Abwärme heizt das Warmwasser in zwei Wasserkesseln. Je 1000 Liter fassen diese Tanks – etwa fünf Badewannen.
Kleines und großes Heizkraftwerk
Während die Heizanlage in den Wohnhäusern am Kösters Hof als „Mini-Blockheizkraftwerk“ zu bezeichnen ist, gibt es in Im Klive in Bommern das ganze in groß: Seit 2014 wird dort ein Kraftwerk der Stadtwerke mit Bio-Erdgas betrieben. Versorgt werden von dort aus die Bommeraner Mitte mit der Helene-Lohmann-Schule, dem Sportzentrum des TuS Bommern und den Supermärkten.
Zehn Millionen Kilowattstunden grünen Strom und grüne Wärme entstehen dort – für diese Menge bräuchte man eine Photovoltaik-Fläche von zwölf Fußballfeldern. Zum Vergleich: Das Haus-Kraftwerk in Rüdinghausen erzeugt nur 5,5 kWh Strom und 15 kWh Wärme.
An den meisten Tagen des Jahres versorgt die Anlage alle zwölf Mietparteien. Nur wenn die Außentemperatur unter minus fünf Grad fällt, wird es eng. Dann springt ein Gas-Brennwertkessel mit ein, der ebenfalls im Keller untergebracht ist – auch für den Fall, dass das Kraftwerk defekt ist oder gewartet werden muss.
In den Sommermonaten produziert das Blockheizkraftwerk dagegen mehr Strom als nötig. Er wird ins Netz der Stadtwerke eingespeist und bildet eine zusätzliche Einnahmequelle. An diesem sonnigen Dienstagmittag steht die Anlage aber still. Denn wenn keiner der Mieter Wärme (etwa Warmwasser) anfordert, springt das Blockheizkraftwerk auch nicht an.
Abrechnung ist schwierig
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Warum gibt es dieses Heizsystem bislang so selten? „Ein Problem ist die Abrechnung“, sagt Christian Dresel von den Stadtwerken. Dank intelligenter Messsysteme und einer guten Software sei der Betrieb überhaupt erst möglich. „Wenn einer der Mieter sagt, er möchte seinen Strom über einen anderen Anbieter beziehen, kann die Software ihn herausrechnen.“
Der erste Abrechnungsdienstleister der Siedlungsgesellschaft kapitulierte aber nach einem Jahr. Mit dem neuen laufe es nun rund. Nicht alle Mieter nutzen übrigens den günstigen Strom aus dem eigenen Keller. Dresel: „Wenn es darum geht, den Stromanbieter zu wechseln, gibt es offenbar sehr viel Trägheit.“