Witten. Beim bundesweiten „Fahrradklimatest“ 2022 landet Witten auf dem viertletzten Platz – obwohl die Rad-Infrastruktur sich verbessert hat.
Alle zwei Jahre lässt der ADFC Radfahrende im „Fahrradklimatest“ über die gefühlte Sicherheit auf zwei Rädern abstimmen. Witten landete wenig überraschend stets weit hinten. Kein Wunder, bis vor Kurzem galten hier Radwege als exotische Ausnahmeerscheinung. Seit diesem Jahr hat die Stadtverwaltung in puncto Rad-Infrastruktur einige Gänge höher geschaltet. Da wirkt das jetzt veröffentlichte Ergebnis des „Fahrradklimatests 2022“ wie eine Vollbremsung: Platz 110 von 113, der viertletzte Platz bundesweit.
Im Herbst 2022 haben 398 Wittener und Wittenerinnen an der Online-Umfrage des ADFC und des Bundesverkehrsministeriums teilgenommen. Nur bei einigen Aspekten kann Witten punkten: wenig Fahrraddiebstähle, gute Fahrradmitnahme im ÖPNV, eine gute Ausschilderung loben die Radelnden. Bei wichtigen Dingen gibt es aber mitunter schlechteste Punktzahl: Sicherheitsgefühl, Breite und Oberfläche der Radwege, kein Winterdienst auf diesen, schlechte Erreichbarkeit des Stadtzentrums.
„Extrem stark auf Autos ausgerichtet“
Die Einträge der Teilnehmer in der Kommentarspalte sprechen für sich: Welche Radwege sollen sie da überhaupt bewerten, fragen sich viele. Die Fahrradsituation sei „erbärmlich“, „katastrophal“, die Mobilität „extrem stark auf Autos ausgerichtet“. Als Beispiel taucht mehrfach die „Wutkreuzung“ an der unteren Ruhrstraße auf, aber auch die Ardeystraße und Stadtteilstraßen werden genannt. Warum etwa gibt es in Stockum keine gute Radwegverbindung, auf der die Kinder zur Grundschule fahren können? Kritisiert wird auch, dass es kein überörtlich verbundenes Radwegenetz gibt.
Witten bleibt also kein gutes Pflaster für Radler, in der Kategorie „Städte zwischen 50.000 und 100.000 Einwohner“ wurden nur Neuwied, Goslar und Lüdenscheid schlechter bewertet. Und auch im Vergleich zur Abstimmung 2020 – ebenfalls der viertletzte Platz – scheint sich Witten nicht verbessert zu haben. „Grottenschlecht“ sei das Ergebnis, so Susanne Rühl, Vorsitzende des Wittener ADFC. Aber auch „nachvollziehbar, da die Radelgemeinschaft ja weiterhin kaum Fortschritte auf der Straße sieht. Und was sie sieht, führt doch eher zu Verwirrung - siehe Wirrwarr-Kreuzung“ (Anm. die innovativ markierte Kreuzung Pferdebach-/Ardeystraße).
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Das Stimmungsbild der Radelnden liegt schon länger im Argen. Zwar wurde 2019 ein 400 Seiten starkes Radverkehrskonzept verabschiedet und Gelder bewilligt. Doch nichts passierte, vor allem aus Personalmangel. Erst seit Anfang 2023 kümmert sich ein Quartett beim Bauamt ausschließlich um den Ausbau des Radverkehrs: Zwei Angestellte des Tiefbauamts, ein Verkehrsplaner und die Radverkehrsbeauftragte. Schon für dieses Frühjahr sind viele Maßnahmen angekündigt. „Wir hoffen auf Sichtbares auf der Straße“, sagt Susanne Rühl und gibt die Hoffnung nicht auf, dass Witten beim Klimatest 2024 bessere Noten bekommt.