Witten. Die Karten waren schnell ausverkauft – so haben sich die Wittener nach Karneval gesehnt. Im Saal von Herz Jesu ging auch der Pfarrer in die Bütt.
Nach dreijähriger Corona-Zwangspause haben die Wittener Gemeinden Herz Jesu und St. Franziskus endlich wieder Karneval gefeiert. Die Party nach der Pandemie stieg im Gemeindesaal an der Kapellenstraße in Bommern. Von Anfang an ist die Stimmung gut, die Musik laut und an der Bar direkt neben dem Eingang hat sich eine kleine Schlange gebildet.
Zehn Ahoj-Brause-Matrosinnen und -Matrosen zapfen Bier und wuseln zwischen Küche und Buffet hin und her. Denn sie richten außerdem Teller mit Salaten, Mozzarella-Sticks und Baguette an. Marcus Arldt lehnt an der Theke und schaut sich noch ein letztes Mal seine Moderationskarten an, bevor das Programm beginnt. „Als Anfang Dezember die Planung losging, hatten wir echt Bedenken, ob die Leute überhaupt Lust haben, zu feiern“, erklärt der 54-Jährige. Doch die Sorgen waren unberechtigt – alle 80 Karten verkauften sich im Handumdrehen. Nun sind die Gäste offensichtlich motiviert, es krachen zu lassen.
Wittener Narren gehen als Piratin oder Pokerspieler
Piratin Marie (20), Marienkäfer Jill (23), Pokerspieler Mahmut (27) und Frosch Lea (23) stehen an der Bar und decken sich noch mit Getränken ein, bevor der Spaß losgeht. „Nach längerer Pause ist es schön, mal wieder richtig Karneval zu feiern“, sagt die Piratin.
Drei lange Tafeln hat das Organisationsteam aufgebaut, dekoriert mit Luftschlangen, Luftballons und – natürlich – den angesagten Brause-Tütchen, die alle noch von früher kennen. Vor Corona sei es eine Tischreihe mehr gewesen. „Wir wollten erstmal vorsichtig starten, aber wir hätten noch viel mehr Karten verkaufen können“, so Arldt. Was sich ansonsten verändert hat? Vielleicht, wie man sich verkleidet. „Wir haben uns als Organisations-Team für die Brause-Matrosen entschieden, weil das politisch unverdächtig ist“, erklärt der Moderator, während er die Gäste begrüßt.
Pfarrer Barkey bekommt viel Applaus
Natürlich darf ein Pfarrer auf einer Kirchenprunksitzung nicht fehlen. Friedrich Barkey, Leiter des Pastoralen Raums, hält in hessischem Dialekt eine Büttenrede. Buntes Hemd, schräge Mütze, rote Clownsnase – so gewandet spricht der Pfarrer über die Alltagsprobleme eines Otto Normalverbrauchers, immer wieder unterbrochen von Tusch, Lachen und Applaus.
Alle sind begeistert von seinem Komik-Talent. „Wenn mehr Menschen in der katholischen Kirche so wären wie er, hätten die bedeutend weniger Probleme“, sagt nach dem Auftritt ein Cowgirl zum Hippie. Die Menge schlägt mit den Händen auf den Tisch, dann trampelt sie mit den Füßen und es folgt ein dreifaches „Oi“.
Wittener genießen ein paar Stunden voller Leichtigkeit
In der Pause bildet sich eine lange Schlange vor dem Buffet. Auch Zauberer Gandalf, eine Erdbeere und die Katze von Alice im Wunderland warten. „Ich habe mein Kostüm selbst gemacht – bis auf die Perücke“, sagt Ivonne, von der nur noch die Augen zu sehen sind, weil ihr Gesicht hinter langen weißen Haaren und Bart verschwindet. Sie trägt ein weißes Kleid. In der Hand hält sie den langen Zauberstab.
Stefanie und Ingrid aus Annen sind als Charaktere des Musical-Films „The Greatest Show Man“ verkleidet. Die eine in Hemd und Hosenträgern, die andere in einem schwarzen, schulterfreien Kleid. „Wir feiern gerne Karneval. Klar, das Weltgeschehen lässt zu wünschen übrig, aber in der Ecke sitzen und Trübsal blasen, das bringt auch nichts“, sagt Stefanie.
Die Gruppe „Swinging Sisters“ leitet schließlich als Ärztinnen verkleidet zum Tanzen über. Es dauert nicht lange, und die Fläche ist voll. Die Sehnsucht nach ein paar Stunden voller Leichtigkeit in nicht ganz so leichten Zeiten – dieser Karnevalsabend hat sie erfüllt.
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