Witten. Mittags ist das Fischrestaurant im Boni-Center Witten rappelvoll: Rentner und Angestellte essen dort Lachs, Thunfischauflauf – und Wackelpudding.

Diesmal wählt er den Heilbutt mit Bratkartoffeln. Jeden Donnerstag kommt der 77-Jährige in das Fisch-Restaurant von Boni in Witten, und das seit über 40 Jahren schon! Solche Stammkunden sind hier nicht selten – das Selbstbedienungslokal ist auch an diesem Mittag voll besetzt. Warum nur läuft der Mittagstisch des Boni-Supermarktes so gut?

Boni-Marktleiter Kevin Neale war noch gar nicht geboren als mit „Fischfeinkost Clauder“ eine besondere Ergänzung in einem Seitentrakt des Boni Centers an der Ardeystraße eröffnete. „Für die Region haben wir bis heute ein Alleinstellungsmerkmal. Eine große Fischauswahl ist zwar in Norddeutschland sehr verbreitet, aber nicht hier“, so der 35-Jährige. Der 77-jährige Stammgast dagegen erinnert sich: „Damals war das Lokal noch viel kleiner und man konnte nur im Stehen essen. Auch Teller gab es noch nicht.“

„Hier sein, bevor die Rentner kommen“

Als die Clauders 2017 in Ruhestand gingen, sollte das Fischlokal unbedingt erhalten bleiben, das war den Boni-Gründern Dieter Bulitz und Gerfried Scholz wichtig. Die Wuppertaler Akzenta GmbH, die Boni ebenfalls 2017 übernahm, versprach es, übernahm die Mitarbeiter und baute das „Fertiggericht“-Konzept sogar weiter aus. Dass viel Arbeit dahinter steckt, merken die Kunden und Kundinnen gar nicht. In der oberen Etage des Boni-Centers gibt es eine Großküche, in der ab 6 Uhr morgens geschnippelt, geschmort, gebacken – und sogar selbst geräuchert – wird. Gebraten wird paniertes Fischfilet auf Wunsch am Verkaufsstand in der Pfanne.

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Seit Jahrzehnten gibt es die gleichen Rezepte, nach denen die Speisen zubereitet werden. Etwa die beiden beliebtesten Gerichte, der Nudel-Thunfisch-Auflauf und Lachs auf Gemüsebett. Oder die „Italienische Pfanne“, die Reibekuchen, im Sommer der Garnelensalat. Experimentiert wird immer nur ein bisschen, die Wochenkarte wiederholt sich alle acht Wochen. Denn die Kunden wünschen sich ja Altbewährtes.

Zu jedem Gericht gibt’s Wackelpudding mit Vanillesoße

Ab 12 Uhr geht es in dem Selbstbedienungslokal mit der langen Theke und einem Gastraum rund. „Man muss hier sein, bevor die Rentner kommen. Nachher ist das Beste weg“, verrät eine Stammkundin. Überhaupt wissen alle hier gut Bescheid. Montags gibt es immer Backfisch. Freitags – am Fischtag! – ist es schwierig, einen Sitzplatz zu bekommen. Dann muss man Schlange stehen. „Wir essen immer das Tagesangebot“, verrät ein älteres Ehepaar aus Dortmund. Heute ist es das „Düsseldorfer Senftöpfchen mit Lachs und Kabeljau“ für 9,90 Euro, inklusive Nachtisch.

Seit Jahrzehnten beliebt: Das Boni-Fischrestaurant in Witten.
Seit Jahrzehnten beliebt: Das Boni-Fischrestaurant in Witten. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Und auch der ist seit Jahrzehnten gleich: ein Becherchen Wackelpudding mit Vanillesoße. „Würden wir den Nachtisch weglassen, würden uns das viele Stammkunden übelnehmen“, befürchtet Marktleiter Kevin Neale. Der Heilbutt-Esser hat auch eine Meinung: „Der Wackelpudding ist nicht kaufentscheidend. Aber es ist eine angenehme Geste.“ 100 Stück werden allein an diesem Donnerstagmittag ausgegeben.

Mittagspause für viele Angestellte

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Solche Traditionen kennt Marion, 60, wahrscheinlich gar nicht. „Ich war einkaufen, habe das hier gerochen und gesehen und beschlossen, heute nicht zu kochen“, sagt sie. Sie lässt sich zwei Gerichte, für sich und den Mann, einpacken, um sie zuhause in der Mikrowelle aufzuwärmen. Das To-Go-Geschäft sei während des Corona-Lockdowns aufgeblüht, so Kevin Neale. Inzwischen stellt er eine Gegenbewegung fest. Immer mehr essen vor Ort, neben dem älteren Publikum nutzen auch viele Angestellte das Lokal für ihre Mittagspause. Etwa die Mitarbeitenden von ZF oder den beiden Krankenhäusern.

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Handarbeit, über Jahre eine gleichbleibend gute Qualität, eine familiäre Atmosphäre und eben Eigenproduktionen – so erklärt sich der Marktleiter den Erfolg des Selbstbedienungslokals. „Und dass es schnell geht“, sagt ein Rentner, der mit seinem Tablett an der Verkaufstheke wartet. Dann schaut er über die grauen Köpfe in dem Speiselokal und meint: „Wobei die meisten von uns ja Zeit hätten.“

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