Witten. Am Tag der Kinderhospizarbeit hat der Verein in Witten seine Arbeit vorgestellt. Und gezeigt: Es geht nicht ums Sterben, es geht ums Leben davor.

Viele denken direkt an Sterbehilfe, wenn sie das Wort „Hospiz“ hören. „Das ist aber gar nicht so – wir leisten vielmehr Lebenshilfe“, erklärt Birgit Schyboll, Leiterin des Kinderhospizdienstes Ruhrgebiet. Am deutschlandweiten Tag der Kinderhospizarbeit konnten sich Interessierte, betroffene Familien und Pflegeschüler der Diakonie davon überzeugen. Der Verein hatte dazu am Freitag (10.2.) in sein Haus in Herbede eingeladen, auch die Landtagsabgeordneten Kirsten Stich und Nadja Büteführ (beide SPD) waren gekommen.

Bei Kaffee und Kuchen sprachen die Landtagsabgeordneten Kirsten Stich (re.) und Nadja Büteführ mit Hospizdienstleiterin Birgit Schyboll, den Eltern Katharina und Marius Lesnik (v.l.n.r.) sowie weiteren Gästen.
Bei Kaffee und Kuchen sprachen die Landtagsabgeordneten Kirsten Stich (re.) und Nadja Büteführ mit Hospizdienstleiterin Birgit Schyboll, den Eltern Katharina und Marius Lesnik (v.l.n.r.) sowie weiteren Gästen. © FUNKE Foto Services | Uwe Ernst

Was viele nicht wissen: Nicht erst in der letzten Lebensphase ihres Kindes können Eltern sowohl die ambulante als auch die stationäre Hospizarbeit in Anspruch nehmen. Derzeit werden etwa 60 Kinder ambulant von den sieben Hauptberuflichen und 25 Ehrenamtlichen unterstützt. Birgit Schyboll wünscht sich daher mehr Aufklärungsarbeit. Damit bei „Kinderhospiz“ eben nicht direkt an den Tod der jungen Menschen gedacht wird, sondern an einen erleichterten Alltag und an das freudvolle Ausnutzen der Zeit, die noch bleibt.

Ehrenamtliche gesucht

Familien mit einem unheilbar erkrankten Kind können sich beim Kinderhospizdienst Ruhrgebiet e.V. telefonisch unter 02302 277719 melden oder per E-Mail unter

Der Verein freut sich immer über ehrenamtliche Helferinnen und Helfer. Diese absolvieren einen Befähigungskurs, wo sie den Umgang mit den Kindern und alles über psychosoziale Arbeit lernen.

Weitere Infos zur Arbeit des Vereins unter www.kinderhospizdienst-ruhrgebiet.de

Auch den gesunden Geschwisterkindern wird geholfen

Mitarbeiter Jan-Eric Karschuck berichtet zwischen Schokoladenkuchen und Kaffee von seinen Erfahrungen im Kinderhospiz. Er selbst hat eine Schwester, die seit 15 Jahren vom Hospiz begleitet wird. Sie leidet unter einer seltenen, unheilbaren Erkrankung, kann nicht sprechen, laufen und feste Nahrung zu sich nehmen. „Auch ich bin damals vom Kinderhospizdienst unterstützt worden“, sagt der 24-Jährige. Die gänzliche Konzentration auf das erkrankte Kind, Tag und Nacht, führe zwangsläufig zur Vernachlässigung des gesunden Kindes. Die Hospiz-Mitarbeitenden fangen auch die gesunden Geschwisterkinder auf, fahren mit ihnen in die Skihalle, in den Movie Park oder ins Kino.

Lena, eines der Geschwisterkinder, las den Gästen und der Leiterin des Hospizdienstes Birgit Schyboll (Mitte) eine Geschichte von einem Brückenbauer vor. Sie fand besonders aufmerksame Zuhörer.
Lena, eines der Geschwisterkinder, las den Gästen und der Leiterin des Hospizdienstes Birgit Schyboll (Mitte) eine Geschichte von einem Brückenbauer vor. Sie fand besonders aufmerksame Zuhörer. © FUNKE Foto Services | Uwe Ernst

Die drei bis vier Stunden in der Woche, in denen Ehrenamtliche zu Hause bei den Familien vorbeischauen, seien eine wichtige Atempause für die Eltern – zum Ausruhen oder um wichtige Erledigungen zu machen, die sonst liegenbleiben, sagt Jan-Eric Karschuck. Anders als häufig angenommen, kann die Zusammenarbeit mit den Familien nicht nur für ein paar Monate, sondern über viele Jahre andauern – solange das Kind lebt, oder sogar darüber hinaus. Der Kinderhospizdienst übernimmt Beratung und Seelsorge, unterstützt bei Anträgen, und hilft beispielsweise auch beim Kauf eines behindertengerechten Autos.

Zusammenhalt mit anderen Betroffenen hilft den Eltern

Katharina und Marius Lesnik kommen häufiger mit ihren Söhnen Julian und Maximilian beim Verein in Herbede vorbei. „Durch den Kinderhospizdienst haben wir andere betroffene Familien kennengelernt – und es baut total auf, Menschen zu haben, die im selben Boot sitzen“, sagt Katharina Lesnik, die mit ihrer Familie in Essen lebt. Ihr achtjähriger Sohn Maximilian leidet an Multipler Sklerose, eine entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, die vor allem das Gehirn und den Rücken betrifft.

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Unterkriegen lässt Maximilian sich davon jedoch nicht – auf seinem Rollstuhl saust er über die Fliesen, dreht Pirouetten und scheint sichtlich Spaß zu haben. „Wir gesunden Menschen können uns wirklich eine Scheibe von ihnen abschneiden, denn die erkrankten Kinder haben so einen Genuss am Leben und sind sehr viel positiver“, sagt Mitarbeiter Jan-Eric Karschuck. Das beweist auch Maximilian. Denn obwohl er durch seine MS-Erkrankung an den Rollstuhl gebunden ist, hat er sofort eine Antwort, auf die Frage, was sein Lieblingsfach in der Schule ist: „Sport“.