Witten. Zu teuer, zu unflexibel: Witten verabschiedet sich vom alten Spielflächenkonzept. Wie es jetzt mit den Spielplätzen der Stadt weitergeht.
Weniger, aber bessere Spielplätze für Witten – so lautete das Ziel der Spielplatzoffensive, die 2012 beschlossen wurde. Doch elf Jahre später wird das Konzept nun gekippt. Denn einerseits fehlt das Geld für geplante neue Spielflächen. Andererseits gibt es heute viel mehr Kinder in der Stadt, als man damals aufgrund von Schätzungen der Bevölkerungsentwicklung angenommen hatte.
„Wir wollen einen Cut machen“, sagte Jugendamtsleiterin Corinna Lenhardt jetzt im Jugendhilfeausschuss, also einen Schnitt. Bislang sei man zu unflexibel und wolle sich deshalb anders aufstellen. Der städtische Kinder- und Jugendbeauftragte Paul Anschütz skizzierte die Eckpfeiler des neuen Kurses.
Statt wie bisher auf Neubau und Sanierung vorhandener Spielflächen will das Jugendamt künftig verstärkt auf mobile und teilmobile Spielgeräte setzen. Denn mit ihnen kann die Stadt schneller auf kurzfristig entstehende oder sich wandelnde Bedürfnisse vor Ort reagieren.
Mobile Spielgeräte können binnen Stunden aufgebaut werden
Unter mobilen Spielgeräten versteht man solche, die etwa mit Hilfe eines Krans auf- und umgestellt werden können oder kein Betonfundament haben. Ein solches teilmobiles Gerät steht seit Kurzem auf dem neu gestalteten Spielplatz am Stahlhammer in Bommern.
„Sie lassen sich binnen Stunden auf- und abbauen“, sagt Anschütz. Zuerst Kleinkinderspielplatz, dann Spielgeräte für Schulkinder, später an derselben Stelle ein Treffpunkt für Jugendliche: So könnte die Spielfläche der Zukunft aussehen. Geeignete Grundstücke will man in enger Abstimmung mit dem Planungs- und Grünflächenamt finden.
Gemeinsam mit der Statistikstelle der Stadt hat der Kinder- und Jugendbeauftragte zuvor bereits zahllose Daten gesammelt und ausgewertet. Auf dieser Grundlage könne das Jugendamt nun genau sagen, wie viele Kinder im Einzugsbereich eines Spielplatzes leben, wie weit sie laufen müssen, um ihn zu erreichen, und auch, wie alt die Kinder sind. „So können wir unsere Planung flexibler und aktueller gestalten, auf empirischer Grundlage, nicht nach Bauchgefühl“, sagt Anschütz.
Breites Angebot für alle Altersgruppen nicht mehr finanzierbar
Aber auch die klammen Kassen der Stadt tragen ihren Teil zum Ende der Qualitätsoffensive bei. „Wir können aus finanziellen Gründen nicht mehr überall ein breites Angebot für alle Altersgruppen machen“, so der Kinder- und Jugendbeauftragte. Es gehe hin zu bedarfsgerechter, punktueller und temporärer Ausstattung statt Komplettversorgung. Eine Million Euro würde es allein kosten, drei im alten Konzept vorgesehene neue Spielplätze in der Innenstadt, in Bommern und auf dem Schnee zu bauen.
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Als die Qualitätsoffensive für die Wittener Spielplätze startete, war man bei der Planung davon ausgegangen, dass 2020 nur noch rund 90.000 Männer, Frauen und Kinder in der Ruhrstadt leben würden. Doch aktuell sind es rund 8000 Bewohner mehr. Das ist schon deshalb von Bedeutung, weil das Land den Kommunen vorschreibt, wie viel Quadratmeter Spielfläche sie pro Einwohner bieten müssen.
Witten unterschreitet gesetzlichen Richtwert für Spielplätze
Verschiedene Faktoren einberechnet, liegt dieser gesetzliche Richtwert für Witten bei 1,2 Quadratmeter Spielfläche pro Einwohner. Aktuell sind es aber nur 1,15 m². Man liege damit „an der unteren Grenze der gesetzlichen und selbst verordneten Richtwerte“, so Anschütz. Bei den Stadtteilen schneiden Mitte (1,03), Rüdinghausen (1,07) und Bommern (0,69) besonders schlecht ab. Auch das ist Ansporn für die Stadt, nun auf schnellere Lösungen zu setzen.
Als letztes Projekt aus dem alten Konzept wird in diesem Jahr die neue Anlage auf dem Brunebecker Feld erbaut. Die Planung dazu stehe und auch die Baugenehmigung sei erteilt, sagte dazu Sozialdezernent Frank Schweppe im Ausschuss. Auf rund 2800 m² sollen dort ein Kinderspielplatz, aber auch ein Treffpunkt für Jugendliche entstehen.
Das neuartige Konzept selbst muss nun allerdings erst aufgestellt werden. Das könnte noch bis Ende des Jahres dauern. Man weiß auch noch nicht, was der neue Weg die Stadt kosten wird. Fest steht aber: Ganz billig wird die Sache nicht. Denn die mobilen Spielgeräte müssen alle erst einmal angeschafft werden. Paul Anschütz: „Wenn die Kostenschätzung steht, werden wir einmal tief durchatmen müssen.“