Witten. Bei Rafaela Lücking haben Schultüten immer Saison. Die Wittenerin fertigt ausgefallene Unikate aus Filz. Sie malt auch Fotos mit Wolle nach.
Verfilzte Wolle kann den besten Pulli ruinieren. Aus gefilzter Wolle kann hingegen Wunderbares entstehen – nicht nur Pantoffeln. Das beweist Rafaela Lücking mit ihrem Kunsthandwerk immer wieder. In diesen Tagen lässt sie gerade Schlitten über eine flauschig-weiche Winterlandschaft flitzen, die in einem Sektglas (!) entstanden ist. Und auf den winzigen Woll-Tannen glitzert sogar der Schnee.
Rafaela Lücking ist eigentlich gelernte Reiseverkehrskauffrau und wollte nach der Kinderpause ursprünglich auch zurück in den Job. Aber erst fand sich nichts Passendes – tja, und dann brauchte ihre Jüngste einen schönen Reitplatz, ordentlich groß und mit schönen Zäunen. Für ihre Schleichtiere. „Vor gut zehn Jahren gab es noch kein Zubehör dafür“, erklärt die Vormholzerin.
Deshalb griff sie zur Wolle und filzte den Reitplatz einfach selbst – zur großen Begeisterung von Tochter und Bekannten. Das zweite Exemplar lag dann schon im Schaufenster eines Spielzeugladens. „Aber nur für eine halbe Stunde, dann war es schon verkauft“, erinnert sich Rafaela Lücking schmunzelnd. „Da hab ich dann ein Gewerbe angemeldet.“
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Wittenerin hat ihr Hobby zum Beruf gemacht
Die heute 49-Jährige erlernte verschiedene Filztechniken und probierte unterschiedliche Garne aus. Schließlich begann sie, auch ihre Filzplatten selbst herzustellen. „Inzwischen verwende ich nur noch Merinowolle.“ Knäule in rund 40 Farben liegen in ihrem Arbeitszimmer, Vliese und Stränge – und jede Menge Zubehör. „Die Vielfältigkeit der Wolle erstaunt mich immer wieder.“ Längst hat die Wittenerin das ganze Jahr über gut zu tun und ist dankbar dafür. „Ich konnte mein Hobby zum Beruf machen.“
Ein Grund ihres Erfolgs: Rafaela Lücking fertigt nicht nur hübsche Dekoartikel an. In der Kreativothek in Sprockhövel, einem kleinen Geschäft, in der die Wittenerin ihre Arbeiten mit zwei Kundhandwerkkolleginnen anbietet, gibt es die zwar auch: Märchenlampen, bei denen Rapunzel ihr Haar am (Filz-)Turm herunterlässt. Dosen, Eierwärmer, Rosen, Pilze – und ja, auch Pantoffeln.
Aber besonders beliebt sind die individuellen Anfertigungen. Brautpaare etwa, wie sie sonst oben auf Torten stehen. Doch so klein die Figuren sind, so viel Wert legt die Filzerin darauf, dass man individuelle Eigenheiten erkennt. Die Frisur der Braut stimmt ebenso wie der Blumenschmuck. „Ich lasse mir möglichst vorher auch ein Foto vom Kleid zeigen“, sagt die kreative Ruhrstädterin.
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Wollbilder mit Wiedererkennungswert
Großen Wiedererkennungswert haben auch ihre Wollbilder. Nach einem Foto ihrer Kunden filzt Rafaela Lücking dabei das Motiv, das dann in einem Objekt-Bilderrahmen dreidimensional zur Wirkung kommt. Das Familienfoto vom Strand wird quasi in Filz übertragen.
„Das ist wie malen mit Wolle“, erklärt sie. Lage für Lage entstehen die Formen und Farben: das Meer, der Sand, die Kinder, die Mutter mit dem Hund auf dem Arm. Individuelle Züge sind nicht zu erkennen – Filz-Gesichter haben keine Augen – dafür aber Größe, Körperhaltung, Statur und sogar das Logo auf dem Pulli.
Die feinen Fäden werden dabei nicht etwa wie beim Nähen fest auf dem Untergrund fixiert, sondern nur ganz zart angeheftet. „Die Filznadel hat kleine Widerhaken, die ziehen die Fäden nach innen“, erklärt Lücking die Technik. Oft genug gestochen hält das Vlies dauerhaft – es sei denn, man knibbelt es wieder ab.
Hier gibt’s die Filzarbeiten
Die Filzarbeiten von Rafaela Lücking sind in der Kreativothek in Sprockhövel an der Hauptstraße 21 zu bekommen. Oder im Netz unter Filzdingerz.de. Dort kann man mehr erfahren und sich im Shop durchs Sortiment klicken.
Übrigens: Wer etwas Individuelles für Weihnachten braucht, kann sich auch melden. Noch hat die Wittenerin ein paar Kapazitäten frei. Man kann sie auch für Filz-Workshops buchen.
Die Bestseller der Wittener Filzwerkstatt sind eigentlich Saisonware: Schultüten. Doch Rafaela Lücking bekommt schon im Januar die ersten Bestellungen „Und zwar aus ganz Deutschland“, sagt die Wittenerin nicht ohne Stolz. Jede Tüte wird nach individuellen Wünschen gefertigt, die Hülle selbst wie die Deko. Dabei ist (fast) jedes Motiv machbar, von Dschungelranken bis zum Piratenschiff oder Leuchtturm am Meer. Am besten gehen übrigens Dinos und Meerjungfrauen. „Aber ich mache niemals zweimal die gleiche Tüte. Jede ist ein Unikat.“
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Ganz so günstig wie aus dem Kaufhaus sind die natürlich nicht. Ab 90 Euro kostet so ein Einzelstück. Wenn es besonders aufwändig gestaltet ist, kann es auch deutlich mehr sein. Aber dafür sind diese Tüten nicht nur etwas für einen Tag. „Die sind fürs Leben“, sagt Rafaela Lücking. Und sie können auch immer wieder gefüllt werden – nicht nur mit Süßkram. „Viele machen ein Kissen rein und legen sie dann auf die Couch.“