Witten. Es gibt eine neue Lösung für die „Wutkreuzung“ in Witten, die den Radverkehr sicherer machen soll. Das sind die Pläne für die untere Ruhrstraße.

Einstimmig hat der Verkehrsausschuss eine neue Lösung für die „Wutkreuzung“ abgesegnet. Mit Pfeilen beziehungsweise Piktogrammen, also aufgemalten Symbolen, sowie roten Markierungen soll die untere Ruhrstraße für den Radverkehr sicherer werden. Der Clou: eine neue kurze „Protected Bike Lane“ am rechten Rand Richtung Bommern. Gemeint ist ein geschützter Radfahrstreifen.

Den Namen „Wutkreuzung“ verdankt dieser Straßenabschnitt der Tatsache, dass Radfahrer dort besonders gefährdet sind, jahrelang aber kaum etwas für ihre Sicherheit getan wurde. Das soll sich im nächsten Jahr ändern. Die von Tiefbauamtsleiter Jan Raatz vorgetragene Lösung berücksichtigt einerseits die bisherigen Überlegungen der Stadt, andererseits einen Antrag von SPD, Grünen, Piraten und Bürgerforum +. Arnold Evertz von den Grünen spricht von einem „guten Kompromiss“.

In Höhe des Mühlengrabens müssen Radfahrer höllisch auf möglichen Rechtsabbiegerverkehr achten. Denn Autofahrer übersehen immer wieder die geradeaus fahrenden Fahrradfahrer.
In Höhe des Mühlengrabens müssen Radfahrer höllisch auf möglichen Rechtsabbiegerverkehr achten. Denn Autofahrer übersehen immer wieder die geradeaus fahrenden Fahrradfahrer. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Das sagt die Radfahrerlobby

Zufrieden äußern sich der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC), der Verkehrsclub Deutschland (VCD) und Fahrradbotschafter Andreas Müller. An der für den Radverkehr gefährlichsten Stelle der Stadt werde die Sicherheit nun wesentlich verbessert. Es gibt aber auch noch Kritik.

An drei Stellen sei die Situation zwar gut gelöst, wo sich Radfahrer in den Verkehr einfädeln müssten. Am Ruhrdeich aber werde die bisher „komfortable und sichere Querung“ über die Fußgängerampel aufgegeben. Geplant sei jetzt, dass sich die Radfahrenden mitten in der Ruhrdeichkreuzung in den Verkehr einfädeln müssen oder ihr Fahrrad schieben sollen. Dies wird als ziemlich „lebensfern“ bezeichnet und werde einer Aufwertung des Radverkehrs nicht gerecht.

Dass Radfahrer wie noch in der ursprünglichen Planung der Stadt vorgesehen nun nicht mehr unbedingt im „Mischverkehr“ mit den Autos auf der Straße geführt werden, ist die wichtigste Änderung für die Fahrradlobby. Rot markierte Flächen signalisieren dem Autoverkehr gerade an heiklen Stellen, dass dort Radfahrer unterwegs sind, etwa im Kreuzungsbereich Gasstraße, dem ersten heiklen Punkt, und vor allem am Mühlengraben, wo Autofahrer rechts abbiegen und den geradeausfahrenden Radverkehr stark gefährden können.

Auch interessant

Grundsätzlich soll dem Radfahrer mittels Pfeilen beziehungsweise „Piktogrammkette“ aber signalisiert werden, auf der Fahrbahn zu bleiben. In Höhe der Ampel Ruhrstraße/Gasstraße wartet er an einer vorgezogenen Haltelinie und fährt als Erster bei Grün los. So sollen Fahrradfahrer einen kleinen Vorsprung auf der relativ schmalen Fahrbahn haben und besser sichtbar sein.

„Protected Bike Lane“ über den Mühlengraben in Witten

Nach der Kreuzung Gasstraße, wo der Gehweg breiter wird, hat der Radfahrer die Möglichkeit, statt auf der Straße auch über den Gehweg weiter geradeaus in Richtung Ruhrdeich-Kreuzung zu rollen. Im weiteren Verlauf, wo der Gehweg schmaler wird, beginnt auf einem kurzen Stück die ebenfalls rot markierte „Protected Bike Lane“, bis zur Einmündung am Mühlengraben. Dahinter folgt die Busbucht, die die Radler nutzen können. Rot signalisiert ihnen anschließend wieder die Wahlmöglichkeit: Straße oder wie bisher der (sehr schmale) Gehweg bis zur Ruhrdeich-Kreuzung.

Auch in Richtung Innenstadt ist die Ruhrstraße für Radfahrer ein heißes Pflaster. Ansicht der Kreuzung Ruhrstraße, Gasstraße und Wetterstraße in Witten, fotografiert am Dienstag, 2. Februar 2021. Zwei Radfahrer biegen von der Ruhrstraße in die Gasstraße ab. Foto: Bastian Haumann / FUNKE Foto Services
Auch in Richtung Innenstadt ist die Ruhrstraße für Radfahrer ein heißes Pflaster. Ansicht der Kreuzung Ruhrstraße, Gasstraße und Wetterstraße in Witten, fotografiert am Dienstag, 2. Februar 2021. Zwei Radfahrer biegen von der Ruhrstraße in die Gasstraße ab. Foto: Bastian Haumann / FUNKE Foto Services © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Steffen Fröhlich (FDP) sprach von einer guten Planung, hat aber Bedenken, dass „Kamikaze“-Radfahrer am Mühlengraben bei stockendem Verkehr doch plötzlich „durchschießen“ und vor abbiegenden Autofahrern auftauchen. Michael Hasenkamp (Stadtklima) warnte nach den Erfahrungen mit dem Markierungswirrwarr auf der neuen Ardey-Kreuzung Höhe Pferdebachstraße vor neuer Verwirrung. „Wir brauchen eine Verkehrsführung, die transparent und klar ist.“

Stadtbaurat Stefan Rommelfanger wies darauf ein, dass es sich nur um eine provisorische Lösung handele, ein Provisorium allerdings, „das fünf Jahre halten muss“. Denn vorher sei an einen Umbau der Ruhrdeich-Kreuzung und der unteren Ruhrstraße, die sich in einem sehr schlechten Zustand befinde, nicht zu denken. Bei einem Neubau gebe es dann aber auch mehr Platz für eine richtige Lösung. Ob die jetzige Planung funktioniert, werde man vom ersten Tag an beobachten, versicherte Tiefbauamtsleiter Raatz.