Witten. Die Digitalisierung an Wittener Schulen schreitet voran. Doch längst läuft nicht alles rund. Schulleiter schildern die teils dramatische Lage.
Corona hat die Digitalisierung an Schulen ebenso verzögert, wie der Hackerangriff auf die Stadt Witten. „Wir haben ein Dreivierteljahr verloren“, sagt IT-Experte Andreas Hasenberg. Dennoch sei die Situation „ganz ordentlich“, wenn auch längst nicht perfekt. Das Hauptproblem sind fehlende Internetzugänge. „Teilweise bricht da an den großen Schulen der Unterricht zusammen.“ Die Lehrer können das nur bestätigen. Im Schulausschuss schilderten sie jetzt die oftmals dramatische Lage.
Hardware im Gesamtvolumen von rund 1,8 Millionen Euro hat die Stadt dank verschiedener Förderprogramme längst in großer Anzahl beschafft, darunter 50 Server, 153 Beamer, 29 Whiteboard-Tafeln und nicht zuletzt etliche iPads. Aktuell seien 4700 dieser Geräte im Einsatz, zum Jahreswechsel sollen es um die 6000 sein.
Alle Wittener Schulen haben WLAN
Inzwischen haben auch alle Schulen WLAN. „Allerdings gibt es nach wie vor keine Glasfaseranschlüsse“, so Hasenberg. Sie garantieren ein schnelles Netz. „Wir nutzen DSL und Kabelinternet.“ Doch diese Verbindungen seien der steigenden Nutzung vor allem an den weiterführenden Schulen nicht gewachsen.
Holger Jahnke, Leiter der Hardenstein-Gesamtschule, formuliert es im Ausschuss etwas deutlicher: „Der Unterricht kann nicht digital stattfinden.“ Die Firewall, die Brandmauer zum Schutz vor unerwünschten Zugriffen, mache beispielsweise bei 600 Nutzern dicht – was die Lage bei 900 Schülern erschwere. Die Nutzung der WLAN-Verbindung sei nicht planbar möglich. Jahnke: „Vor Schulbeginn und nach Schulschluss läuft es. Neulich habe ich eine Stunde gebraucht, um eine Mail rauszuschicken.“ Distanzunterricht sei so nicht möglich. Die ukrainischen Schüler schicke er nach Hause, damit sie dort am digitalen Unterricht ihrer Heimat teilnehmen können.
Wittener Schulleiter: Gehen gerade einen Schritt zurück
Man greife auch wieder verstärkt auf Kopien zurück, so der Hardenstein-Chef. „Die Eltern erklären uns schon für bekloppt.“ Er sei sehr unglücklich über die Situation: „Wir gehen gerade wieder einen Schritt zurück anstatt nach vorn.“
Sein Kollege Johannes Rienäcker vom Albert-Martmöller-Gymnasium (AMG) kann dem nur zustimmen. „Wir brauchen unbedingt stabiles Internet.“ Auch die Verwaltung der iPads sei „eine Herkulesaufgabe“. Der AMG-Leiter kritisiert: „Für jede Aktualisierung brauchen wir das Okay der Stadt. Und das dauert oft ewig.“ Dabei verfügt das städtische IT-Schulteam jetzt über zwei zusätzliche Stellen.
IT-Chef Hasenberg versteht die Nöte der Schulen. „Bisher haben wir versucht, den wachsenden Bedarf abzufangen, etwa durch den Einsatz zusätzlicher 5G-Router, um den Datenverkehr besser zu verteilen.“ Ab nächster Woche sollen die weiterführenden Schulen mit leistungsfähigeren Firewalls ausgestattet werden. Doch das seien nur vorübergehende Symptombehandlungen.
Wittener Schulen werden ans Rechenzentrum der Stadt angeschlossen
Alle Schulen, also auch die 17 Grundschulen, sollen künftig per Glasfaser an das Rechenzentrum der Stadt angeschlossen werden, um leistungsfähige Internetanschlüsse zu schaffen. Im Haushalt seien dafür seit 2021 und für die nächsten Jahre jeweils 200.000 Euro vorgesehen. Zehn Standorte von neun Schulen, darunter die beiden Gebäude der Hardenstein-Schule, seien mittlerweile technisch verbunden. Die fehlenden Anschlüsse sind noch das Problem. Hasenberg: „Die Beschaffung des Internetzugangs läuft.“
Auch an den 17 Grundschulen funktioniert nicht alles einwandfrei. Sie beklagen vor allem fehlende digitale Präsentationsformen wie elektronische Tafeln, um den Unterricht mit iPads überhaupt umsetzen zu können. Andreas Straetling allerdings sieht keinen Grund zur Beschwerde: „Wir können gut arbeiten“, so der Leiter der Baedekerschule.
Der städtische IT-Experte Andreas Hasenberg gelobt – auch mit Blick auf die weiterführenden Schulen – Besserung: „Es kommt was, aber ob es perfekt wird, weiß ich nicht“, so seine vorsichtige Prognose.