Witten. Anfang des Jahres hat Wilfried Böckmann aus Witten seine Waldparzelle abgeholzt. Nun entsteht dort ein „Klimawald“. Mit einem besonderen Star.

Noch sind es merkwürdige große grüne Stängel mit überdimensioniert scheinenden Blättern, die am Rande des Papenholzes in Witten schon höher als ein Mensch in den Himmel ragen. Doch in nur wenigen Monaten könnten hier schon bis zu fünf Meter hohe Blauglockenbäume stehen. Diese vor allem im ersten Jahr extrem schnell wachsenden Bäume hat Wilfried Böckmann auf das Flurstück hinter seinem Haus gepflanzt. Sie sind Teil eines selbst angelegten, wie der 73-Jährige ihn nennt, „Klimawaldes“.

Anfang des Jahres hatte der Wittener rund 80 teils sehr alte Bäume auf dieser Parzelle fällen lassen. Seine Versicherung hätte in einem Schadensfall nach einem Unwetter, etwa wenn ein Spaziergänger von einem herunterfallenden Ast getroffen worden wäre, nicht gezahlt. Schon damals hatte er angekündigt, die Fläche mit einem bunten Mischwald neu bepflanzen zu wollen.

Die riesigen Blätter eines jungen Blauglockenbaums (Kiribaum) im Klimawald an der Oberkrone in Witten.
Die riesigen Blätter eines jungen Blauglockenbaums (Kiribaum) im Klimawald an der Oberkrone in Witten. © FUNKE Foto Services | Barbara Zabka

„Klimawald“ mit 100 Setzlingen gepflanzt

An die 100 Setzlinge hat Böckmann seitdem an der Oberkrone in den Boden gebracht: Douglasien, Stileichen, Zedern, Judasbäume, Ebereschen, Wal- und Haselnussbäume und einiges mehr. Aber vor allem den Star seines neuen klimafreundlichen Waldes: den Blauglockenbaum, auch Kiribaum genannt. Von 19 Setzlingen hat rund die Hälfte es geschafft, anzuwachsen und zu gedeihen. Mit einer Höhe von fünf Zentimetern kamen sie im Mai bei Böckmann an. Mittlerweile haben manche von ihnen drei Meter bereits überschritten.

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Das rasante Wachstum sei auch einer der großen Vorteile des Baumes. Und mit dafür verantwortlich, dass die Pflanze auch den Beinamen „Klimabaum“ trägt. Denn Paulownien (so der botanische Name) sollen besonders viel klimaschädliches Kohlendioxid (CO2) binden – etwa 46 Mal so viel wie Buchen und Eichen.

Eine Allee gesäumt von blühenden Blauglockenbäumen in Australien.
Eine Allee gesäumt von blühenden Blauglockenbäumen in Australien. © Getty Images/iStockphoto | Chris Gordon

Zumal gilt der Baum mit seinen zahlreichen und optisch ansprechenden Blüten auch als besonders bienenfreundlich. „Außerdem kann er Hitze und Trockenheit gut ab“, sagt Wilfried Böckmann. Also eigentlich der perfekte Kandidat im und gleichzeitig gegen den Klimawandel. Da die Paulownie wärmere Regionen bevorzugt, erwartet auch der Landesbetrieb Wald und Holz, dass sich der Baum durch das sich verändernde Klima künftig weiter ausbreiten könnte.

Standfeste, sturmresistente Baumsorten ausgesucht

„Ich bin der festen Überzeugung, dass jeder im Rahmen seiner Möglichkeiten alles in seinen Kräften Stehende unternehmen sollte, um die drohende Klimakatastrophe vielleicht doch noch abzuwenden“, sagt der ehemalige Landwirt Böckmann. Sein persönlicher Klimawald solle dazu einen kleinen Beitrag leisten.

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Besonders standfeste Sorten mit tief gehenden Wurzeln gehören auch zu seinem Konzept. Deshalb haben etwa auch Stileichen und Libanon-Zedern ihren Platz auf der 2200 Quadratmeter großen Fläche gefunden. „Sie sollten, wenn sie größer sind, sturmresistent sein“, so Böckmann. Die Libanon-Zedern vertragen zudem strenge Dürreperioden und extreme Hitze und sind kaum anfällig für Krankheiten.

Muss noch einige Jahre wachsen, bis er in voller Pracht die Oberkrone zieren wird: der „Klimawald“ von Wilfried Böckmann.
Muss noch einige Jahre wachsen, bis er in voller Pracht die Oberkrone zieren wird: der „Klimawald“ von Wilfried Böckmann. © FUNKE Foto Services | Barbara Zabka

Landesbetrieb Wald und Holz kritisch

Der Landesbetrieb Wald und Holz teilt die Begeisterung von Wilfrid Böckmann für den Klimabaum nicht. Denn der ursprünglich aus Asien stammenden Kiribaum könnte sich durch eine frühe Blüte und seine reichliche Samenproduktion lokal extrem ausbreiten. Deshalb habe er in Deutschland den Status einer potenziell invasiven Art und stehe auf der grauen Liste des Bundesamts für Naturschutz, sagt Dr. Bertram Leder, der das Zentrum für Wald und Holzwirtschaft des Landesbetriebs leitet. Auf dieser Liste stehen bisher gebietsfremde Arten, für die Hinweise vorliegen, dass sie heimische Arten direkt oder indirekt gefährden, etwa in dem sie die Lebensräume verändern.

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Andererseits hält es Leder für fraglich, ob sich der Kiribaum in natürliche oder naturnahe Waldökosysteme integrieren lasse. Da die Art viel Sonne brauche, unterliege sie oft anderen Waldbaumarten. In anderen Bundesländern (z.B. Bayern) gebe es bereits Anbauversuche mit Paulownia, in NRW nicht. Nur oben an der Oberkrone in Witten, wenn auch privat.