Witten. In den letzten drei Jahren ist die Zahl der Fahrraddiebstähle laut Polizei stark gestiegen. Eine Wittenerin erzählt, was sie neulich erlebt hat.

Die „Saison“, sagt Polizeisprecher Frank Lemanis, beginne gerade erst. Gemeint sind Fahrraddiebstähle, die sich in den warmen Sommermonaten häufen – und deren Zahl in den letzten drei Jahren gestiegen ist: Von 189 Fällen im Jahr 2019 auf 260 in 2021. Einer Frau wurde am Wochenende das Rad direkt aus der Garage im Johannisviertel gestohlen.

Heike Bublies hat aufregende Tage hinter sich. Sie ist am Freitagabend (8.7.) nach 21 Uhr noch zu einer kleinen Runde mit dem Fahrrad aufgebrochen. Sie hatte es erst im März für rund 1000 Euro gekauft. Es steht immer hinten in einer Garage an der Lutherstraße. So lange die 55-Jährige auf zwei Rädern unterwegs ist, lässt sie das Auto nicht weit entfernt draußen geparkt – um nach der Tour erst das Rad und dann den Wagen wieder sicher in die Garage fahren zu können. So auch am Freitag.

Wittenerin verfolgte den Fahrraddieb mit dem Auto

In diesem Jahr hat die Polizei in Witten noch nicht viele Meldungen über Fahrraddiebstähle zu verzeichnen. Doch die Saison beginnt mit dem Sommer auch erst.
In diesem Jahr hat die Polizei in Witten noch nicht viele Meldungen über Fahrraddiebstähle zu verzeichnen. Doch die Saison beginnt mit dem Sommer auch erst. © dpa

Natürlich habe sie das Tor offengelassen, um schnell das Auto zu holen, das ja wie stets nur wenige Meter weit wegstand. Sorgen habe sie sich nicht gemacht. Schließlich hätten ja in Sichtweite auch Gäste im Außenbereich der Cocktail- und Shisha-Bar La Havana an der Ecke gesessen.

Als Heike Bublies jedoch mit ihrem Wagen zurückkam, sah sie vor sich die Rücklichter zweier Räder und erkannte eines davon als ihr Eigenes. „Zwei junge Männer saßen darauf.“

Die Wittenerin gab Gas, nahm hupend und aus dem Seitenfenster rufend die Verfolgung auf – die aber vor Pollern endete, mit denen die Lutherstraße am Ende gesperrt ist. „Die jungen Männer sind über die Ampel Richtung Ledderken verschwunden und ich dachte nur: Das Rad ist weg.“ Heike Bublies fuhr postwendend zur Polizei und erstattete Anzeige.

Wittener Händler: An der Uni werden häufiger Räder gestohlen

Die Chance, dass sie ihr Rad zurückbekomme, sei gering, habe man ihr dort gesagt. Damit wollte sie sich nicht zufriedengeben. Bei Whatsapp stellte die City-Bewohnerin ihr Fahrrad als Profilbild ein und informierte alle Wittener Kontakte über den Diebstahl. Außerdem verteilte sie Suchmeldungen am Rheinischen Esel und bei Fahrradhändlern – wie im Laden von Uwe Fielicke.

Zusatzversicherung möglich

Besitzer können Fahrräder über ihre Hausratversicherung zusätzlich gegen Diebstahl versichern. Dann sei es egal, wann und wo das Rad im Falle eines Diebstahls gestanden habe. Es müsse aber mit einem Schloss gesichert gewesen sein. Dass ein Fahrrad nachts im Keller oder der Garage stehen müsse, gelte dann nicht, so Esther Trippe von der Provinzial-Geschäftsstelle an der Ardeystraße.

Sei ein Rad jedoch nicht zusätzlich gegen Diebstahl versichert, dann müsse es immer in einem Innenraum stehen. Denn die Hausratversicherung selbst trete nur bei Einbruchdiebstahl in Kraft. Bei einem Rad mit einem Neuwert von 2000 Euro koste die Zusatzversicherung rund 30 Euro pro Jahr, so die Expertin. Fünf Diebstähle von Rädern seien bei ihnen in diesem Jahr bisher gemeldet worden. „Das ist wenig.“

Er bekomme relativ häufig von seinen Kunden mit, dass Räder gestohlen würden, so Fielicke. Das sei nicht nur in der Innenstadt, sondern auch an der Uni ein Problem. „Deshalb kaufen Studenten am liebsten gebrauchte Räder“ – die es bei ihm schon ab 100 Euro gibt. Doch auch ein gutes Schloss würde Dieben die Arbeit erschweren. Der Händler rät von einfachen Seilschössern ab. Er empfiehlt stabilere Bügel-, Falt- oder Kettenschlösser. Gerade für E-Bikes lohne sich das.

Dass Fahrräder im Zentrum beziehungsweise im Bereich des Lutherparks häufiger verschwinden, könne er nicht bestätigen, sagt Polizeisprecher Frank Lemanis. Dass jemand sein gestohlenes Rad zurückerhalte, komme aber tatsächlich nicht oft vor.

Lkw mit gestohlenen Rädern vor einem Jahr in Witten entdeckt

Die Chance steige jedoch, wenn es eine Seriennummer hat. Lemanis: „Wir halten regelmäßig Radfahrer an und überprüfen sie. Da haben wir schon mal Treffer gelandet.“ Noch selten, aber sehr hilfreich für die Beamten: Wenn das Rad mit einem GPS-Sender ausgestattet ist und geortet werden kann.

Für den Fahrradklau gebe es unterschiedliche Motive, sagt der Polizeisprecher. Alte Modelle würden als Schrott verkauft, hochwertige in Transporter verfrachtet und im Ausland an den Mann gebracht. Erst vor knapp einem Jahr hatte die Polizei in einem Annener Hinterhof jede Menge Diebesgut in einem Lkw entdeckt, darunter etliche Fahrräder.

Heike Bublies bekam ihr Rad übrigens tatsächlich wieder. Freunde entdeckten es zufällig auf dem Weg, der von Bommern Richtung Albringhausen führt, oberhalb der Wengeraner Mühle – angekettet an einem Ständer. Sie harrten dort aus, bis die Besitzerin und die Polizei aus Wetter anrückten. In Zukunft, gelobt Bublies, werde sie das Garagentor abschließen.