Witten. Der Überfall auf die Ukraine ist der erste Angriffskrieg in Europa seit dem II. Weltkrieg. Welche Schlüsse ein Wittener Konfliktforscher zieht.
Die Invasion der Ukraine durch die russische Armee markiert eine Zeitenwende in Europa, sagt der Konfliktforscher Nils-Christian Bormann. „Sie stellt den ersten Angriffskrieg in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg dar“, erklärt der Wissenschaftler der Universität Witten/Herdecke.
Wissenschaftler der Universität Witten/Herdecke: Erster Angriffskrieg in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg
Russland verfolge spätestens seit dem Einmarsch in Georgien 2008 wieder Außenpolitik mit militärischen Mitteln, so Bormann. Der jetzige Einmarsch stelle jedoch alle Militärinterventionen der Vergangenheit in den Schatten, was menschliches Leid und Zerstörung betrifft.
„Putins Angriffskrieg ist der vorläufige Höhepunkt eines aggressiven Nationalismus, der im vergangenen Jahrzehnt wieder an Bedeutung gewonnen hat. Dieser Nationalismus spricht anderen Volksgruppen und Ländern wie jetzt der Ukraine das Existenzrecht ab und führt unweigerlich zu politischer Gewalt“, so der Professor für „International Political Studies“ an der Fakultät für Wirtschaft und Gesellschaft.
Außenpolitische Grundsätze hinterfragen
Putin wähle bewusst historische Zeitpunkte, die mit der größten territorialen Ausbreitung Russlands zusammenfallen, um seine Invasion zu rechtfertigen. „Der Wille zur Rückkehr in sogenannte goldene Zeitalter führt jedoch direkt zu Tod und Zerstörung.”
Bormann verlangt von den politischen Entscheidungsträgern in Deutschlands und Europa nicht nur sofortige Sanktionen. Sie müssten auch die außenpolitischen Grundsätze der letzten 30 Jahre kritisch hinterfragen. „Zu Diplomatie und Verhandlungen gehören immer zwei Parteien.“