Witten. Streit um wuchernde Hecken oder Beleidigungen sind Fälle für Olaf Schröder. Er ist neuer Schiedsmann in Witten. Warum er das Ehrenamt ausübt.

Wenn es in Firmen knirscht, Chefs und Beschäftigte keine gemeinsame Wellenlänge finden, muss meist der Betriebsrat ran. Und oftmals auch Olaf Schröder. Er berät von Berufswegen die Arbeitnehmervertreter. Seit Kurzem hat der Wittener ein zusätzliches Aufgabengebiet. Dabei dürften ihm seine vielfältigen Erfahrungen zugute kommen. Der 57-Jährige hat das Amt des Schiedsmanns inne.

Durch Schulungen auf neue Aufgabe in Witten vorbereitet

Auf die Idee, ein solches Ehrenamt auszuüben, kam er während des Lockdowns. Sich freiwillig engagieren, wollte sich der gebürtige Wittener ohnehin schon, hatte aber kein klares Ziel vor Augen. Das änderte sich eines Morgens, als er in der Zeitung die Meldung der Stadt las, sie suche Schiedsleute.

Konflikte und wie man damit umgeht, das ist für ihn, wenn man so will, das alltägliche Geschäft. Einen wesentlichen Unterschied zu seinem Job streicht Olaf Schröder aber gleich heraus: Egal um welche Streitigkeiten es sich handelt, als Schiedsmann ist er stets der Unparteiische. In seinem Beruf ist das anders. Da steht er fest an der Seite des Betriebsrates, schult die Mitglieder, berät in Konfliktfragen.

Da er vor gerade mal einem Monat gestartet ist, trat Schröder als Schiedsmann noch nicht in Aktion. Um für Zwist um wuchernde Hecken, Ärger wegen Schimpfkanonaden im Treppenhaus oder Stress um Grundstücksgrenzen aber gut gewappnet zu sein, hat er anderweitig die Zeit genutzt. Schulungen und Gespräche mit Amtskollegen standen ebenso auf dem Plan wie die Lektüre von Fachbüchern.

Ob man es glauben mag oder nicht: Am häufigsten entbrennt ein Streit noch immer wegen überbordender Hecken, weiß der studierte Sozialwissenschaftler. Stress gibt es auch häufig, wenn das Laub eines Baumes auf das Grundstück des Nachbarn fällt. Und die Worte, die manche Zeitgenossen bildlich gesprochen anderen um die Ohren hauen, könnten auch dazu führen, dass sich die Streithähne an Olaf Schröder wenden.

Getroffene Vereinbarungen haben 30 Jahre Gültigkeit

„Ich bin natürlich kein Richter oder Anwalt“, betont er. Vielmehr sorgt er für einen Termin, damit sich beide Seiten an einen Tisch setzen. Die Beteiligten erhalten eine „Ladung“, erklärt der Schiedsmann und ergänzt: „Keine Einladung.“ Es liege nicht im Ermessen des Adressaten, ob er mitmacht oder nicht.

Im Zweifelsfall drohen auch Strafgelder, wenn die gegnerische Partei nicht erscheint. „Das ist nun mal kein Kaffeekränzchen“, sagt Olaf Schröder. Vielmehr finden beide Seiten unter seiner Leitung zusammen, um eine Lösung zu suchen. „Am Ende wird eine schriftliche Vereinbarung getroffen, beispielsweise, dass sich der Nachbar verpflichtet, in festgelegten zeitlichen Abschnitten die Hecke zu schneiden.“ In der Übereinkunft, die 30 Jahre Gültigkeit hat, steht zudem geschrieben, was passiert, wenn jemand sich nicht an das Regelwerk hält. „Das können durchaus Strafgelder sein.“

Über einen festen Ort, an dem der Wittener die Gespräche führt, sei noch nicht schlussendlich entschieden. Olaf Schröder ist mit dem „Verein Wiesenviertel“ im Gespräch. Der könnte ihm das „Lokal“ als Treffpunkt zur Verfügung zu stellen.

Schon im Studium sich der Lösung von Konflikten gewidmet

Schon in Zeiten des Studiums hat er sich mit Strategien befasst, um Konflikte zu lösen. Für verschiedene Institute war der Wittener fortan im Einsatz und oft auf Tour, unter anderem in Düsseldorf und Frankfurt. Heute arbeitet er freiberuflich. Den richtigen Takt zu finden, beschäftigt ihn im Übrigen auch bei seinem größten Hobby. Alle paar Wochen wird sein Wohnzimmer zum Tanzparkett. Bei den Musikabenden mit Freunden und Bekannten ist Disco-Fox angesagt, eine willkommene Abwechslung zu Recht, Gesetz und Paragrafendschungel.

Motto lautet „Vertragen statt klagen“

„Vertragen statt Klagen“ lautet das Motto von Schiedsleuten. Sie betonen: Konflikte lassen sich durch ihr Engagement schnell und vor allem auch kostengünstig lösen. Die Beträge liegen unter 100 Euro.

Schiedsleute werden vom Rat der Stadt gewählt und vom Amtsgericht ernannt. Eine Vielzahl von Nachbarschaftsstreitigkeiten verweist die Justizbehörde gleich an Schiedsleute. Die Zahl der Fälle, die ein Schiedsmann im Jahr betreut, ist recht unterschiedlich. Oftmals sind es hierzulande rund ein Dutzend

Insgesamt gibt es sechs Schiedsbezirke in Witten. In drei von ihnen gab es einen Wechsel: Olaf Schröder hat den Bezirk 2 (Innenstadt/Gedern) und Bezirk 5 (Heven/Crengeldanz) übernommen. Kontakt: 0151 29 23 11 79. Neu im Amt für den Bezirk 4 (Bommern und Bommerholz) ist Dietrich Dannert. Der 43-jährige Vater von drei kleinen Kindern wohnt schon fast sein gesamtes Leben in Bommern. „Bin dementsprechend mit der Umgebung und den Menschen vertraut“, sagt er. ( 20 55 149)

Die weiteren Schiedsleute sind mit ihren Zuständigkeiten geblieben: Bezirk 1 (Stockum/Wullen): Ursula Kohlstadt-Tielmann, ( 84 345), Bezirk 3 (Annen, Rüdinghausen): Manfred Höwing ( 89 808), Bezirk 6 (Vormholz/Durchholz): Angela Grotjahn ( 27 74 03).