Witten. Als Erwin Zepkes Frau starb, suchte sich der Witwer eine erfüllende Aufgabe. Der 78-Jährige hat sie bei der Caritas in Witten gefunden.

Erwin Zepke hat im vergangenen Juli seine Frau Gertrud verloren. Sie hatte, erst 72 Jahre alt, den Kampf gegen den Krebs verloren. Ihr Mann hat sie in ihren letzten Lebenswochen zuhause gepflegt, unterstützt vom Pflegedienst der Caritas. Nach dem Tod seiner Frau kümmert sich der 78-Jährige jetzt um andere alte Menschen – im Auftrag des Betreuungsdienstes der Caritas.

Der Tod seiner Frau, ihr Leidensweg haben den Rüdinghauser stark belastet. „52 Jahre waren wir verheiratet. Wer schafft das heute noch?“ Seine neue Aufgabe helfe ihm auch, über seine Trauer hinwegzukommen, sagt er. Schließlich könne er nicht den ganzen Tag fernsehen oder lesen. Für den noch rüstigen Mann, der in Berlin aufwuchs, stand fest: „Ich möchte nicht daheim sitzen und grübeln, sondern mich sozial engagieren.“ Eine Pflegekraft ermunterte ihn, sich doch einmal bei ihrem Arbeitgeber zu melden.

Der Wittener, der selbst schon einen Herzinfarkt erlitt, ist einer, der anderen guttut

Die Caritas, bei der er sich vorstellte, freut sich über den neuen Mitarbeiter. Als geringfügig Beschäftigter ist er jetzt rund 30 Stunden im Monat für den Verband tätig ist. Der macht ihm immer einen Plan, zu wem er fahren soll. Darauf steht auch eine alte Dame, die in der Boecker-Stiftung lebt. Eine Frau, die mit der Zeit geht. „Sie telefoniert sogar per Skype mit ihrer Tochter, die in Amerika lebt, und sie hat und nutzt auch ein Smartphone“, sagt Erwin Zepke anerkennend.

Er unterhält sich mit ihr, kann auch gut zuhören. „Sie freut sich, wenn ich zu ihr komme!“ Auch eine Hevenerin ist glücklich, wenn der Senior bei ihr vorbeischaut. Die Frau lebt im vierten Stock und kommt alleine nicht mehr aus ihrer Wohnung, weil sie schlecht läuft. Zepke erzählt sie bei einer Tasse Kaffee gerne Geschichten aus dem Zweiten Weltkrieg und spricht mit ihm über ihren verstorbenen Mann. Der Caritas-Mitarbeiter, der selbst schon einen Herzinfarkt erlitten hat, ist einer, der anderen guttut.

Erwin Zepke ist auch regelmäßig zu Gast in einer Bommeraner Senioren-WG

Der Rüdinghauser leistet auch praktische Hilfe. Er fährt alte Menschen zur Fußpflege oder zum Arzt und sorgt dafür, dass sie die dortigen Treppenstufen nehmen können oder in den Fahrstuhl kommen. Ein liebevoller Helfer für Leute, die alt sind und noch alleine zuhause leben. Nicht einsam, sondern gemeinsam – so lautet seit vielen Jahren das Motto einer Senioren-Wohngemeinschaft in Bommern. 2009 hat die Wohnungsgenossenschaft Witten-Mitte am Bodenborn diese WG gegründet – damals die erste dieser Art im EN-Kreis.

Die sieben Zimmer der großen Wohnung, früher die Adresse der Pizzeria „Bei Roberto“, waren sofort belegt. Auch dort kümmert sich Erwin Zepke um eine alte Dame. Die sei noch gut zu Fuß, sagt er. Also geht es gemeinsam an die frische Luft. Die Senioren-WG gefällt dem Rüdinghauser. „Die Leute helfen sich dort gegenseitig, alle sind sehr gut drauf.“ Es gibt auch einen Dackel, der einem der Bewohner gehört.

Der Schwiegervater starb mit 95 Jahren im Haus der Tochter und des Schwiegersohns

Mit 78 Jahren ein Mutmacher

Erwin Zepke ist mit 78 Jahren Mitarbeiter des Betreuungsdienstes des Caritasverbandes Witten. Caritas-Vorstand Hartmut Claes findet: „Er kann älteren Menschen Mut machen.“Erwin Zepkes Geschichte zeige, dass man auch mit 78 nicht zum alten Eisen zähle, sondern noch gebraucht werde „und einen Beitrag zum Gelingen unserer Gesellschaft leisten kann“, betont Claes.

Dann kommt der 78-Jährige auf seine verstorbenen Schwiegereltern zu sprechen. Sie hätten mehrere Jahre mit ihm und seiner Frau in einem Haus gelebt. „Das waren sehr liebe Leute. Die waren so dankbar, dass wir uns um sie gekümmert haben.“ Seine Frau Gertrud habe deswegen aufgehört zu arbeiten, sagt Erwin Zepke. Liebevoll erzählt er von seinem Schwiegervater, der an seinem 95. Geburtstag zuhause gestorben sei. Die Schwiegermutter hätte nach einem Schlaganfall leider in ein Pflegeheim gemusst. „Da waren wir dann täglich.“

Wie stellt sich der Ehrenamtliche, der sein Geld früher im kaufmännischen Bereich des Wittener Weichenwerks verdiente, sein Leben vor, wenn er einmal selbst auf Hilfe angewiesen ist? „Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht“, gibt der Vater eines Sohnes und zweifache Großvater zu. Der Mann ist stolz darauf, seinen eigenen Haushalt alleine führen zu können, auch selbst zu waschen und zu bügeln. Nur das Einkaufen zähle nicht zu seinen Lieblingsbeschäftigungen, gesteht er schmunzelnd. Und ist fest davon überzeugt: „Einkaufen, das können Frauen besser.“