Witten. Angesichts explodierender Preise auf den Energiemärkten erhöhen die Stadtwerke Witten den Stromtarif. Welche Gebühren Neukunden zahlen müssen.

Die Kostenexplosion auf den Energiemärkten bekommen auch die Verbraucher in Witten zu spüren. Nachdem die Stadtwerke bereits im Herbst den Gastarif angehoben hatten, müssen die Kunden nun ab 1. Februar auch beim Strom tiefer in die Tasche greifen.

Verbraucher hatten auf Entlastung beim Stromtarif gehofft

Um rund fünf Prozent wird der Strom teurer, erklärt Stadtwerke-Sprecher Mathias Kukla. Was das konkret für die Bürger bedeutet, rechnet er am Beispiel eines Drei-Personen-Haushalts vor. Bei einem Jahresverbrauch von 3500 Kilowattstunden hat dieser bislang 1191 Euro gezahlt. Künftig kommt auf ihn eine Summe von 1250 Euro zu. Zahlt ein Kunde aktuell laut der Internetseite des Versorgers noch 30,98 Cent als Arbeitspreis für eine Kilowattstunde, sind es ab dem kommenden Monat 32,40 Cent.

Die Einkaufspreise seien in den vergangenen Monaten in einem Ausmaß in die Höhe geschnellt, mit dem der Versorger nicht gerechnet hatte, so der Sprecher. Nach Branchenangaben sind die Preise regelrecht durch die Decke gegangen, stiegen sie doch um bis zu 170 Prozent. Um als Unternehmen wirtschaftlich zu bleiben, komme man daher nicht um die Anhebung herum, so Kukla. Dabei hatten Verbraucher gehofft, dass sie mit Jahresbeginn finanziell entlastet werden. Denn die EEG-Umlage, der Anteil an den Stromkosten zur Förderung erneuerbarer Energie, ist von 6,5 Cent auf 3,7 Cent zum 1. Januar gesenkt worden. Doch die Versorgungsfirmen können diese geldwerten Vorteil angesichts der Einkaufspreise an den Strombörsen nicht an die Kunden durchreichen, heißt es vom Vergleichsportal Verivox.

Gastarif wurde zum 1. September erhöht

Die Stadtwerke beliefern in Witten rund 20.500 Gas- und 50.000 Stromkunden.

Der Basistarif für Strom war zuletzt im April 2020 erhöht worden. Der Gaspreis wurde Anfang September angehoben.

Bei der Verbraucherzentrale sind zahlreiche Anfragen zu den Neukunden-Tarifen eingegangen, in aller Regel handelte es sich um Kunden von Gas.de und Stromio

Mit dem Tarifschub steht der Wittener Versorger nicht allein. Die Stadtwerke Bochum oder auch die DEW21 (Dortmunder Energie- und Wasserversorgung) haben an der Gebührenschraube gedreht.

Höhere Tarife für rund 1100 Neukunden

Wollen die Verbraucher derzeit den Energieversorger wechseln und beispielsweise Kunden anderer Stadtwerke werden, haben sie es mit einem aufgewühlten Markt zu tun. Zahlreiche Unternehmen haben Neukunden-Tarife geschaffen, die insbesondere für solche Haushalte gelten, die bislang bei Billiganbietern wie Gas.de oder Stromio GmbH unter Vertrag waren. Nachdem diese Firmen die Lieferungen eingestellt hatten, kamen die Kunden automatisch in die Grundversorgung der für sie zuständigen Stadtwerke.

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In Witten sind laut Kukla rund 700 Kunden von Stromio und 400 von Gas.de bei dem heimischen Versorger gelandet. Der Wechsel dürfte mit einem bösen Erwachen verbunden gewesen sein, denn der Stromtarif liegt für diese Neukunden rund 30 Prozent über dem der Stammkunden. Beim Gas müssen die Verbraucher nahezu das Doppelte zahlen.

Die Stadtwerke hätten aber, so der Sprecher, allen Betroffenen Angebote für günstigere Tarife unterbreitet. Sie haben unter anderem die Möglichkeit, Verträge mit Laufzeiten von einem oder zwei Jahren abzuschließen. Ein großer Teil der Betroffenen habe davon auch Gebrauch gemacht, aber noch nicht alle. Die Stadtwerke möchten gerne mindestens rund zwei Drittel der Neukunden auch dauerhaft halten, wissen um den harten Wettbewerb am Markt.

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Verbraucherzentrale kritisiert Ungleichbehandlung

Den saftigen Preisaufschlag für Neukunden begründen die Stadtwerke damit, dass sie die jeweiligen Energiepakete von jetzt auf gleich und folglich teuer einkaufen mussten. Es wäre unfair gewesen, diese Ausgaben auf die Bestandskunden abzuwälzen.

Udo Sieverding, Energieexperte der NRW-Verbraucherzentrale, sieht diese Tarifgestaltung dennoch äußerst kritisch. Die betroffenen Kunden seien unverschuldet in die missliche Lage geschlittert. Nun müssten sie aber dafür draufzahlen. Doch nicht nur die Stadtwerke Witten würden die Betroffenen mit hohen Abgaben zur Kasse bitten, sondern auch zahlreiche andere Versorger.

Die Verbraucherzentrale NRW sieht darin eine Ungleichbehandlung und will nun gegen ein solches Vorgehen von Stadtwerken juristische Mittel einzulegen.

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