Witten. Der ambulante Pflegedienst der Caritas Witten versorgt täglich alte, auch hochbetagte Menschen. Was getan wird, um Corona keine Chance zu geben.

Andreas Waning, Leiter des ambulanten Pflegedienstes der Wittener Caritas, redet nicht um den heißen Brei: „Wir blicken auf ein kräftezehrendes, belastendes Jahr 2021 zurück. Die Pflegekräfte haben gelitten.“ Worüber der 43-Jährige sich jedoch freut: 99 Prozent seiner knapp 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, darunter 45 aus der Pflege, sind vollständig geimpft. Der Großteil ist auch schon geboostert. Die Caritas setzt in der Pandemie auf die größtmögliche Sicherheit - und ist damit bislang gut gefahren.

Im Januar und Februar des vergangenen Jahres hatten sich mehrere Pflegekräfte infiziert, zeitweise befanden sich zehn Mitarbeiter in Quarantäne. Ein herber Schlag. „Aber das war vor der Impfung“, betont der Diplom-Pflegewissenschaftler. Im März habe das Impfen begonnen. „Ein Lichtblick, seither hatten wir im Team keine Corona-Infektion mehr - toi, toi, toi.“

Bei der Caritas Witten gibt es nur noch eine ungeimpfte ambulante Pflegekraft

„Großartig“ findet der gelernte Krankenpfleger die Unterstützung durch die meisten Patienten in der Pandemie. „Um sich gegenseitig bei der Versorgung zu schützen, tragen viele Masken, lüften vor dem Eintreffen der Pflegekräfte oder verzichten aufgrund der starken Aerosol-Belastung auf die ersehnte Unterstützung beim Duschen.“ Dafür bedanke man sich ganz herzlich. Seit Oktober letzten Jahres hätten sich Patienten und Pflegekräfte dann noch einmal erneut impfen lassen. „Ein wichtiger Akt, um den Schutz auf einem hohen Niveau zu halten.“ Ab dem 16. März müssen Beschäftigte im Pflege- und Gesundheitswesen nachweisen, dass sie vollständig gegen Corona geimpft sind. Bei der Caritas Witten gibt es nur noch eine ungeimpfte Pflegekraft. Sie hatte bislang Bedenken, wird sich aber noch im Januar immunisieren lassen.

Andreas Waning (li.), Leiter des ambulanten Pflegedienstes der Wittener Caritas, mit Caritas-Chef Hartmut Claes und dem Fotografen Ralf Scherer (re.) im Ardey-Hotel Witten. Scherer hatte Pflegekräfte über mehrere Monate begleitet. Seine Ausstellung „Zukunft braucht Pflege“ ist noch im Ardey-Hotel zu sehen.
Andreas Waning (li.), Leiter des ambulanten Pflegedienstes der Wittener Caritas, mit Caritas-Chef Hartmut Claes und dem Fotografen Ralf Scherer (re.) im Ardey-Hotel Witten. Scherer hatte Pflegekräfte über mehrere Monate begleitet. Seine Ausstellung „Zukunft braucht Pflege“ ist noch im Ardey-Hotel zu sehen. © FUNKE Foto Services | Barbara Zabka

Alle Caritas-Pflegekräfte tragen bei der ambulanten Pflege eine FFP2-Maske. Aufgrund der hochansteckenden Omikron-Variante, biete nur sie einen wirksamen Schutz, betont Andreas Waning. Eine medizinische Maske reiche da nicht aus. Seine Pflegekräfte würden ihren Masken außerdem alle zwei Stunden durch neue ersetzen. „Ist die Maske feucht, wird sie sofort ausgetauscht, denn dann nützt sie nichts mehr.“ Alle Mitarbeiter des Caritasverbandes unterziehen sich dreimal in der Woche einem Schnelltest, den hierfür geschulte Pflegekräfte durchführen.

„Es wächst die Sorge, wie wir die nächsten Monate erleben werden“

Dennoch, so gibt der Pflegedienst-Leiter zu, wachse angesichts der andauernden Pandemie, angesichts von Omikron die Sorge, „wie wir die nächsten Monate erleben werden. Wird es unter den Mitarbeitern trotz 3-fach-Impfungen und umfassender Schutzmaßnahmen zu Infektionen kommen?“

Neben den Auswirkungen der Pandemie bleibe der Fachkräftemangel das zentrale Thema - auch der kommenden Jahre. Waning: „Die Bertelsmann-Stiftung geht von 500.000 fehlenden Vollzeitstellen unter Pflegefachkräften bis 2030 in ganz Deutschland aus.“ Die Wittener Caritas konnte in den vergangenen Monaten noch sechs neue Pflegekräfte einstellen. Attraktiv als Arbeitgeber sei man auch deshalb, weil man es den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern seit Jahren ermögliche, Familie und Beruf zu vereinbaren. Über 75 Prozent der Pflegekräfte seien weiblich und ein Großteil kümmere sich noch um eine Familie, um Kinder. „Da darf es nicht regelmäßig zu Überstunden kommen. Wir nehmen auch Leute, die nur zwei, drei Stunden täglich arbeiten können, auch welche, die nur Spätdienste machen oder nur jede zweite Woche kommen möchten.“

Der 14-tägige Wochenenddienst passe nicht mehr zur heutigen Lebenswelt

Fotograf begleitete Pflegeteam der Caritas

Der Streetfotograf Ralf Scherer hat über mehrere Monate das Pflegeteam der Caritas Witten begleitet, den Umgang der Pflegekräfte mit den Patienten mit der Kamera festgehalten. Entstanden sind Fotos von menschlichen Begegnungen, die Herzlichkeit und Freude widerspiegeln.

Die Bilder von Ralf Scherer sind im Januar noch im Wittener Ardey-Hotel an der Ardeystraße zu sehen, außerdem auf der Facebookseite des Caritasverbandes Witten. Ralf Scherer stellt bewusst in Einrichtungen wie Klinken und Hospizen aus, um Menschen, die Ablenkung benötigen, eine Reise in eine andere Welt zu erlauben.

Flexibilität sei wichtig, wenn man nicht Pflegekräfte verlieren wolle - auch an Leih- und Zeitarbeitsfirmen, die verlässliche Arbeitszeiten garantierten. Waning: „Es gibt Dinge, die sind so nicht mehr machbar, die sind überholt.“ Hierzu zählten etwa Personalplanungen, die massive Überstunden zur Folge hätten. Auch der in der Pflege weit verbreitete 14-tägige Wochenenddienst passe nicht mehr zur heutigen Lebenswelt. Bei der Caritas arbeiten Pflegemitarbeiter im Schnitt nur an jedem dritten Wochenende. Waning, der auch stellvertretender Geschäftsführer der Wittener Caritas ist: „Arbeitgeber im Pflegebereich müssen ihre bisherigen Strukturen hinterfragen.“