Witten. Wenn der Wittener Stefan Karger Zeit hat, zieht es ihn an den Rhein bei Duisburg. Sein Hobby ist die Goldsuche. Warum er damit nicht reich wird.
Seine Frau Sybille und Freunde halten ihn für „ein wenig bekloppt“. Keine Frage, Stefan Karger hat ein ungewöhnliches Hobby. Der Mann sucht in seiner Freizeit nach Gold. Dabei entspannt sich der Landschafts- und Tiefbauunternehmer, wie er lächelnd gesteht.
Was motiviert den 53-Jährigen, an den Rhein bei Duisburg zu fahren und dort Gold zu waschen, was zur Goldsuche in den österreichischen Hohen Tauern? „Die Freude am Suchen und Finden in der Natur. Das ist eine Herausforderung für Körper, Geist und Seele“, sagt Karger. Allerdings müssten „Digger“ auch eine hohe Frustrationstoleranz haben. „Denn oft geht man los und kommt ohne einen Fund zurück.“
Die Ausrüstung für die Goldsuche des Witteners kann 30 Kilo wiegen
Für den Garten- und Landschaftsbau-Ingenieur ist die Goldsuche ein durchaus anstrengender Sport. Er benötigt eine Ausrüstung, die auch schon mal 30 Kilo schwer sein kann und die er in einem Bollerwagen durch das Gelände ziehen muss. Eine Schaufel ist auf dem Wagen, eine Goldwaschpfanne, wie man sie aus Westernfilmen kennt, auch eine Goldwaschrinne, eine Pumpe, Schläuche. „Teilweise muss ich drei Kilometer weit bis zu einer Fundstelle laufen“, sagt er. Und wo gibt es denn nun Gold? Karger schmunzelt und antwortet diplomatisch: „Gold ist dort, wo man es findet! Goldsucher verraten doch nicht ihre Fundstellen.“
Was er aber verrät: Das deutsche „Rheingoldmekka“ seien die sogenannten Isteiner Schwellen. Stromschnellen im Oberrhein am Rheinkilometer 177 gelegen, bei der südbadischen Ortschaft Istein. Bei diesen Stromschnellen hat der Wittener vor zehn Jahren einen Goldwaschkurs gemacht. „Danach war ich infiziert. Ich habe mich aber auch schon als Kind für Mineralien interessiert und Donnerkeile an der Ostsee in Heiligenhafen gesucht.“
Bei Duisburg schwimmen keine Goldklumpen im Wasser
Gold gebe es auch in den Schweizer Alpen. „Da kann man Nuggets finden, die 100 Gramm schwer sind.“ Das Gebiet von Disentis im Kanton Graubünden sei für Goldschürfer kein Geheimtipp mehr. Dort finde man Berggold, das durch Erosion freigesetzt und von Gebirgsbächen und Flüssen weitertransportiert werde. Wenn Stefan Karger Zeit hat, zieht es ihn an den Rhein bei Duisburg. Dort schwimmen zwar keine Goldklumpen im Wasser. Aber man kann Goldflitter finden, auch Goldstaub genannt. Goldstaub, mikroskopisch kleines, plättchenförmiges Gold, setze sich in den oberen Kiesschichten des Flusses ab. Karger: „Etwa 300.000 Goldpartikel ergeben ein Gramm Gold.“
Eine Goldsuche ist etwas für extrem Geduldige. Der Wittener schaufelt dafür immer ein Kiessand-Gemisch ab. Es wird in einer von ihm mitgebrachten Rinne mit Wasser ausgewaschen. Übrig bleibe schwerer Sand, den er dann mit nach Witten nehme. Mit feinsten Sieben und einer Waschrinne kommt der Unternehmer dann in Heimarbeit zu seinem Goldstaub. Reich werden könne man auf diese Weise nicht, sagt er lachend.
Seine Suche führt ihn auch in die österreichischen Hohen Tauern. In der Hochgebirgsregion ist er ein- bis zweimal im Jahr mit einem Freund, Björn Sander, unterwegs. Sander ist ein professioneller Goldwäscher, der auch ein Lehrbuch zur Goldsuche geschrieben hat.
Dem Gold in den Hohen Tauern auf der Spur
Das Tauerngold sei grobkörniger, erklärt Stefan Karger. Ihm sind die Männer in Gebirgsbächen auf der Spur, wo sie mit Spitzhacken Löcher graben und ihre Waschpfannen zum Einsatz kommen. „Eine körperlich extrem anstrengende Arbeit.“ Gold setze sich zum Beispiel hinter großen Steinen ab. Aber auch dort könne man keine großen Funde machen. „Die Stücke, die wir aus den Hohen Tauern mitbringen, wiegen zwischen 0,1 und 0,3 Gramm.“ 0,3 Gramm schwer ist auch Kargers größtes Goldstückchen. „Das ist vielleicht 15 Euro wert.“
Dennoch: Die Arbeit in der „wilden Natur“ fasziniert den Wittener, der schon bei einer Goldwasch-Meisterschaft in Holland mitmachte. 500 bis 1000 Goldsucher gibt es in Deutschland, schätzt er. Viele tauschten sich im Netz, in Foren, aus. „Es gibt auch Goldsucher-Vereinigungen.“
Die größten Goldminen gibt es nicht in Europa
Der Begriff „Gold“ stammt aus dem Indogermanischen – „ghel“, dies bedeutet gelb, glänzend. Gold ist nicht gleich Gold. Experten sprechen von Primärgold oder Berggold, wenn dieses unter anderem in Goldminen gewonnen wird, so Stefan Karger. Keine der zehn größten Goldminen der Erde befindet sich in Europa. Gemessen an der Förderleistung lag im Ranking der größten Goldminen die Muruntau-Mine in Usbekistan 2020 auf Platz 1.
Von Nuggets sprechen Experten, wenn es sich um körniges Gold handelt. Sogenanntes Sekundärgold sei Gold, das in Flüssen/Gewässern gewaschen wird, so Karger. Rheingold sei schon in der Antike gewaschen worden. Das Goldwaschen in einer sogenannten „Goldpfanne“ gehört zu den ältesten Verfahren der Gewinnung von Goldpartikeln.
Wo bewahrt der 53-Jährige denn seine Goldfunde auf? Karger zeigt stolz eine Schatulle mit Glasröhrchen. Sein Gold sortiert er so nach Größe und Herkunft. Rheingold und Tauerngold gehörten zum Beispiel nicht zusammen. Insgesamt habe er in den vergangenen Jahren etwa zehn Gramm Gold gefunden. „Das will ich nicht einschmelzen.“ Wozu auch? Kargers Frau Sybille mag lieber Silberschmuck.