Witten. Mareike Jauß arbeitet im Marien-Hospital Witten. Sie begleitet Eltern, deren Kind tot zur Welt kommt oder nach der Geburt stirbt. Ein Gespräch.
Mareike Jauß ist Mitarbeiterin im Bereich Seelsorge und Ethik im Marien-Hospital Witten. Die 33-Jährige betreut Eltern, deren Kind tot zur Welt kommt oder kurz nach der Geburt verstirbt. Ein Gespräch über Wut und Trauer, Fußabdrücke und Fotos.
Die Vorstellung, dass das eigene Kind stirbt, ist grundsätzlich schrecklich. Was macht das mit Eltern, die dies erleben müssen?
Mareike Jauß: Wenn ein Kind stirbt, ist dies für Eltern eine schmerzhafte Erfahrung – unabhängig davon, ob das Kind in der 14. Schwangerschaftswoche im Mutterleib stirbt, kurz vor der Geburt oder später. Die Eltern haben unterschiedlichste Gefühle von Wut über Trauer bis hin zu Selbstzweifeln. Gleichzeitig sind sie oft damit überfordert wie es weitergeht.
Wie kann es denn überhaupt weitergehen?
Dabei hilft es, folgende Fragen zu stellen und Hilfe anzubieten: Wie kann ich mich am besten von meinem Kind verabschieden? Möchte ich Erinnerungsstücke in Form von Fotos schaffen? Welche Möglichkeiten der Bestattung gibt es?
„Jeder Mensch trauert anders“
Wie gehen Sie mit den Eltern um?
Aufgabe der Seelsorge ist es, Eltern unabhängig von ihrer Religion zuzuhören und ihnen zu helfen, mit ihrem Schmerz umzugehen – ohne ihnen zu sagen, was in der Situation das Beste ist oder sie zu belehren. Jeder Mensch trauert anders und so ist es wichtig, auf die individuellen Bedürfnisse der Eltern einzugehen. Die einen wünschen sich, dass das Kind von den Seelsorgern gesegnet wird, die anderen möchten Fotos oder Fußabdrücke des Kindes als Erinnerung. Das Marien-Hospital arbeitet eng mit verschiedenen ehrenamtlichen Organisationen zusammen, um den Wünschen der Eltern nachzukommen.
Wie wichtig ist es für die Eltern, dass diese Kinder bestattet werden?
Das ist für viele ein wichtiges Thema. Manche wünschen sich eine individuelle Beerdigung, andere nehmen lieber die gemeinschaftliche Bestattung in Anspruch. Dabei wird das Kind gemeinsam mit anderen Fehl- und Totgeburten im Rahmen einer Trauerfeier beerdigt. Sie finden im Marien-Hospital alle zwei Monate statt. Vielen Eltern hilft es, zu wissen, dass ihr Kind nicht alleine ist und dass sie nicht die einzigen sind, die diese schwierige Situation durchleben müssen. Die Bestattungen werden durch die Seelsorge durchgeführt, sodass die Eltern schon vertraut mit den Ansprechpartnern sind.
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Betreut das Krankenhaus die Eltern auch noch weiter, wenn diese zuhause sind?
Der Trauerprozess ist beim Verlust eines Kindes oft sehr intensiv. Deshalb ist es wichtig, auch nach dem Krankenhausaufenthalt für die Eltern da zu sein. Insbesondere, wenn das Umfeld der Eltern mit deren Situation nicht umzugehen weiß, ist der Bedarf an Seelsorge oft hoch. Eltern können sich deshalb auch weit nach dem Krankenhausaufenthalt hinaus bei den Seelsorgern melden, wenn sie Gesprächsbedarf haben. Es kommt auch schon mal vor, dass Eltern ihr Kind am Gemeinschaftsgrab besuchen und spontan Redebedarf haben. Dann nimmt sich die Seelsorge gerne Zeit für sie.