Witten. Immer weniger Gemeindeglieder bedeuten weniger Kirchensteuer. Der Evangelische Kirchenkreis Hattingen-Witten prüft, wo gespart werden muss.

Vielleicht passt es ganz gut, dass die Herbstsynode des Evangelischen Kirchenkreises Hattingen-Witten meist um den ersten Advent herum stattfindet. Mit der ersten Kerze wird auch ein Licht der Hoffnung angezündet. Zuversicht können die Vertreterinnen und Vertreter der 16 Gemeinden gut gebrauchen. Denn seit Jahren geht die Zahl der Protestanten im Land zurück. Im Kirchenkreis Hattingen-Witten wurde erstmals die 60.000er-Marke unterschritten.

Superintendentin Julia Holtz saß für die Synode umgeben von ganz viel Technik und nur wenigen Menschen im Aufnahmestudio.
Superintendentin Julia Holtz saß für die Synode umgeben von ganz viel Technik und nur wenigen Menschen im Aufnahmestudio. © Kirchenkreis Hattingen-Witten | Kirchenkreis Hattingen-Witten

Die Synode, die sich am Freitag (26.11.) aufgrund der Pandemielage erneut digital traf, muss sich unter der Leitung von Superintendentin Julia Holtz dazu verhalten. Denn eine Volkskirche sei nicht mehr der gesellschaftliche Normalzustand, sagte sie. „Heute leben wir in einer pluralistischen und multireligiösen Gesellschaft.“

Zwischen 2010 und 2020 hat der Kirchenkreis über 10.000 Gemeindeglieder verloren. Zum Stichtag 31.12.2020, der für die Finanzplanungen des Jahres 2022 zugrunde gelegt wird, lag die Zahl der heimischen Protestanten bei 59.602 Menschen.

Haushalt des Kirchenkreises Hattingen-Witten schrumpft um fast 400.000 Euro

Diese Zahl ist wichtig, weil die Kirchensteuermittel von der Landeskirche in Relation zu den Gemeindegliederzahlen zugeteilt werden. Jahrelang wurde der zahlenmäßige Rückgang der Gemeindeglieder durch eine gute Konjunkturlage und entsprechend hohe (Kirchen-)Steuereinnahmen wettgemacht. Doch Corona, steigende Arbeitslosenzahlen, Kurzarbeit und das zeitweilige Erliegen der Wirtschaft durch die Lockdowns treiben auch den kirchlichen Finanzexperten seit Anfang 2020 die Sorgenfalten ins Gesicht.

Für das neue Jahr rechnen sie mit einem deutlichen Rückgang der Steuereinnahmen. Der Haushalt des Kirchenkreises Hattingen-Witten hat 2022 ein Volumen von 8,1 Millionen Euro und liegt damit um fast 400.000 Euro unter dem Vorjahreswert. Von diesem Geld werden die 41 Pfarrerinnen und Pfarrer bezahlt. Die Arbeit von etwa der Hälfte dieser Stellen wird von Dritten refinanziert. Nach Abzug einer weiteren Summe für kirchliche Aufgaben in Diakonie, Kinder- und Jugendarbeit und Kirchenmusik sowie in den Kitas des Kirchenkreises bleiben für die Gemeinden in Witten, Hattingen, Wengern und Sprockhövel etwa 1,6 Millionen Euro. Das Geld wird entsprechend der Gemeindegliederzahlen zugewiesen. Das entspricht einem Betrag von 26,92 Euro pro Gemeindeglied – insgesamt sind es 148.865 Euro weniger als im Vorjahr.

Wieviele Kindergärten kann sich der Kirchenkreis noch leisten?

So kommt alles auf den Prüfstand. Wieviele Kindergärten kann sich ein Kirchenkreis noch leisten, wenn die Ausgaben dafür höher sind als die Mittel, die von Land und Kommune refinanziert werden? Und wollen die Gemeinden in diesem Bereich auch zukünftig Geld investieren – wenn gar nicht mehr so viele Kinder christlichen Glaubens angemeldet werden? „Wir müssen darüber reden“, deutete Birgit Crone, Geschäftsführerin des Evangelischen Kindergartenverbundes, in ihrer Rede an.

Seit Jahrzehnten ein beliebtes Ferienziel vieler Wittener: das Haus am Weststrand auf Norderney.
Seit Jahrzehnten ein beliebtes Ferienziel vieler Wittener: das Haus am Weststrand auf Norderney. © Kirchenkreis Hattingen-Witten | Kirchenkreis Hattingen-Witten

Auch die Jugendarbeit der Gemeinden wird in den Blick genommen. Anders als in anderen Kirchenkreisen sind die momentan zwölf Jugendreferenten und Gemeindepädagogen Angestellte der Gemeinden. Pro 8000 Gemeindeglieder refinanziert der Kirchenkreis eine volle Stelle. Ist die Gemeinde kleiner, übernimmt sie aktuell die Differenz.

Der Finanz- und Strukturausschuss schlägt nun vor, die Bezugsgröße zu verändern – eine volle Stelle auf 6000 Gemeindeglieder. Auch in der kreiskirchlichen Verwaltung wird momentan jeder Stein herumgedreht, berichtete der neue Verwaltungsleiter, Martin Voit.

Haus am Weststrand für 2022 schon fast ausgebucht

Eine gute Nachricht gab es aus dem Haus am Weststrand, dem Freizeit- und Erholungshaus des Kirchenkreises auf Norderney. „Trotz des zeitweisen Beherbergungsverbots sind wir gut durch die Corona-Monate gekommen“, berichtete Geschäftsführer Matthias Küstermann. Ins Haus am Weststrand würden keine Kirchensteuermittel fließen, betonte er. Wenn die Pandemie es zulasse, sei das Haus im neuen Jahr schon fast ausgebucht.