Witten. Die Stadtwerke Witten berechnen die Kosten für Trinkwasser ab 2022 anders. Wer das Wassernetz wenig nutzt, zahlt auch weniger. Wer sparen kann.

In Zeiten steigender Energie- und Lebensmittelpreise ist dies eine gute Nachricht: Die Stadtwerke Witten ändern ihr Wasserpreismodell. Wer wenig verbraucht, etwa Familien in Einfamilienhäusern, zahlt weniger. Für Großkunden wie Gewerbebetriebe wird’s dagegen teurer.

Bislang fußte die Berechnung der Trinkwasserkosten auf zwei Säulen: einem Grundpreis für den Wasserzähler plus dem „Arbeitspreis“ – also dem Preis pro Kubikmeter Wasser. Dieser wird auch weiterhin bei 1,70 Euro netto pro Kubikmeter liegen. Abgeschafft wird nun der Wasserzähler-Preis. In 99 Prozent aller Wittener Häuser – egal ob großes Mehrfamilien- oder kleines Einfamilienhaus – ist das Modell „Qn 2,5“ eingebaut. Dieser Zähler schafft 2,5 Kubikmeter Wasser pro Stunde. Der neue Grundpreis orientiert sich nicht an der Durchflusskapazität, sondern allein am tatsächlichen Jahresverbrauch.

Bei 150 m3 Wasserverbrauch: 15 Euro weniger im Jahr

Ein Beispiel: ein Einfamilienhaus mit drei Bewohnern und einem Jahreswasserverbrauch von 150 m3. Bislang zahlte die Familie etwa 180 Euro im Jahr, künftig werden es 165 Euro netto sein. Jeder Liter, den sie an Wasser einspart, wirkt sich aufs Haushaltsgeld aus.

Sprecher Mathias Kukla (li.) und Vertriebsleiter Markus Borgiel von den Stadtwerken erklärten das neue Wasserpreismodell.
Sprecher Mathias Kukla (li.) und Vertriebsleiter Markus Borgiel von den Stadtwerken erklärten das neue Wasserpreismodell. © FUNKE Foto Services | Barbara Zabka

Viel-Verbraucher haben bislang vom festen Zähler-Grundpreis profitiert. Wenn nun allein der Verbrauch zählt, steigen die Kosten. Laut den Stadtwerken wird bei Kunden, die in einem Mehrfamilienhaus leben, die Wasserrechnung stabil bleiben. Teurer wird’s für Großabnehmer wie die Industrie.

Kartellamt empfahl neues Preismodell

200 Neukunden gewonnen

Die bisherigen Stadtwerke-Kunden profitieren von einem relativ moderaten Preisanstieg für Gas und Strom. Denn für die Bestandskunden sei ein Großteil der Energiemengen schon weit vor der Preisexplosion eingekauft worden, sagt Vertriebschef Markus Borgiel. Diese „restriktive Beschaffungsstrategie“ zahlt sich für den Wittener Energieversorger doppelt aus: Über 200 Neukunden haben die Stadtwerke in den letzten sechs Wochen gewinnen können. „Das ist eine sehr viel bessere Quote als wir sonst haben.“Zum 1. September hat der Energieversorger seine Preise für Gaskunden mit einem Basistarif erhöht. Pro Kilowattstunde sind seither 0,73 Cent brutto mehr fällig, netto 0,61 Cent. Stromkunden werden im Laufe des nächsten Jahres tiefer in die Tasche greifen müssen. Markus Borgiel rechnet mit einem Preisanstieg von maximal fünf Prozent.

Bei der letzten Wasserpreiserhöhung der Stadtwerke 2016 hatte sich bereits das Bundeskartellamt zu Wort gemeldet, das ja die Aufsicht über die Entgelte der Wasserversorger in Deutschland führt. Für Witten wurde eine fairere Berechnung des Wasserpreises empfohlen. „Die Fixkosten sollen gerechter verteilt werden. Wer die Infrastruktur mehr nutzt, soll auch stärker belastet werden“, sagt Markus Borgiel, Vertriebsleiter bei den Stadtwerken.

Folglich gibt es nun eine Umverteilung der Einnahmen, denn die Wasserkosten in Witten bleiben im Vergleich zu den Nachbarstädten relativ hoch. Das liegt an der aufwendigen Infrastruktur, mit bergiger Topographie und verschiedenen Böden. Wassertürme wie auf demHelenenberg oder in Bommern als Speicher vorzuhalten, treibe die Kosten gegenüber weniger bergigen Städten nach oben.

Wasserbedarf in Witten sinkt

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„Unsere Kosten für die Infrastruktur steigen. Im Gegenzug sinkt der Wasserbedarf“, so Markus Borgiel. Letzteres läge daran, dass die Einwohnerzahl kontinuierlich sinkt und die Wittener immer mehr Wasser sparen. Effizientere Geräte wie Spül- und Waschmaschinen oder Sparduschköpfe machten sich bemerkbar. „Die großen Rohre sind teilweise für einen ganz anderen Durchfluss ausgelegt. Die müssen wir öfter spülen, um die gleiche Qualität sicherzustellen“, erklärt Pressesprecherin Julia Pfannkuch.

Das neue Preismodell greift zum 1. Januar 2022, macht sich aber erst mit der Jahresverbrauchsabrechnung in gut einem Jahr bemerkbar – ein kleiner Wermutstropfen. Das neue Preismodell gilt für alle Kunden automatisch.