Witten. Stadt, Awo und Caritas machen sich gemeinsam für Rentner in Witten stark. Welche Angebote es schon gibt und was aktuell geplant ist.
22.733 Menschen in Witten sind älter als 65 Jahre, also in der Regel in Rente oder kurz davor. Das ist fast ein Viertel der Bevölkerung. Tendenz steigend. Isolation und Armut gehören für viele zum Alltag. Um ihnen mehr soziale Teilhabe zu gewähren und damit das Leben lebenswerter zu machen, beteiligen sich Stadt, Awo und Caritas an einem EU-Förderprojekt. Erste Angebote gibt es schon. Neu sind nun die „Plauderbänke“.
Etwa 80 Ältere machen bereits bei der Aktion „Rente!...und wat machse gezz?“ mit. Sie treffen sich zum Stammtisch, gehen wandern oder spielen Boule. Die Lockdowns erschwerten den Organisatoren den Start vor einem Jahr. Doch auch der Online-Stammtisch sei wider Erwarten gut angelaufen, so die Awo. Trotzdem treffe sich diese Generation, die dennoch anders ticke als die Senioren in bestehenden Awo-Gruppen, lieber live. Deshalb gehen Mitarbeiter nun mit den mobilen Plauderbänken auf Wanderschaft vor allem im Stadtgebiet Heven-Ost/Crengeldanz und in der City – dem Schwerpunkt des Projektgebietes.
Zwei Klappbänke „wandern“ durch Witten
Rund 8000 Menschen über 60 leben im Zentrum. Dennoch sei zumindest die City das jüngste Quartier der Stadt, betont Bürgermeister Lars König, während in Herbede und den Hölzern der Altersdurchschnitt am höchsten sei. Langfristig müsse man also auch dort den Betagten etwas bieten.
Zwei Klappbänke gibt es also. Sie werden – allerdings nicht zu festgelegten Zeiten – stundenweise im Stadtteil aufgestellt. Der Schriftzug „Plauderbank“ prangt gut sichtbar auf der Rückenlehne. Awo-Mitarbeiter werden vor Ort sein, um auf Neugierige zu warten – ein äußerst niedrigschwelliges Angebot.
Wittener sollen über Bedürfnisse sprechen
„So wollen wir ins Gespräch kommen und mit den Menschen über ihre Bedürfnisse und Sorgen sprechen“, hofft Beatrice Haddenhorst von der Awo auf positive Resonanz. „Es ist ein Schritt nach draußen zu den Bürgern“, ergänzt Kathrin Brommer von der Caritas-Freiwilligenagentur „Fokus“ das Anliegen.
Der zweite Schwerpunkt des Projekts widmet sich der Altersarmut. Auch hier richten die Organisatoren ein besonderes Augenmerk auf Menschen ab 60, die vor dem Übergang von der Arbeit in die Rente stehen. Es gehe darum, für geringfügige Beschäftigungsverhältnisse zu sorgen, mit denen die Betroffenen sich etwas dazuverdienen könnten.
Kooperation mit dem Jobcenter
„Das läuft jetzt an“, sagt Christopher Muschalla, Leiter des Fachbereichs „Arbeit und Qualifizierung“ der Awo EN. Es bestehe bereits ein Kooperation mit dem Jobcenter, das beraten und weitervermitteln könne. Außerdem wolle man Unternehmen suchen, die solche Stellen für die Senioren anbieten.
Interessierte können sich bei der Awo melden
Während Münster mit einem Altersschnitt von 41,3 die jüngste Stadt in NRW sei, habe der EN-Kreis mit 46,7 den höchsten Altersdurchschnitt, sagt Esther Berg, stellvertretende Geschäftsführerin der Awo EN. Deshalb komme das Projekt „Rente!...und wat machse gezz?“ in Witten gerade recht.
Wer unsicher ist oder Sorge hat, wie er die neue Lebensphase angehen soll, kann sich bei der Awo melden. Ansprechpartner sind Reinhard Pach, reinhard.pach@awo-en, 0157-58152698, oder Viola Henrichsen, viola.henrichsen@awo-en, 0151-26670530. Sie sind dienstags bis donnerstags von 9 bis 13 Uhr erreichbar.
Mit Ablauf des aktuellen Förderzeitprojekts Ende September 2022 soll nicht etwa Schluss sein. Muschalla: „Wir brauchen nachhaltige Strukturen.“ Viel gemeinsame Anstrengung mit vielen Akteuren sei notwendig, um in Witten auch für Ältere in bescheidenen Verhältnissen eine gute Lebensqualität zu gewährleisten, so Bürgermeister König.
Und was sagen die, um die es geht, dazu? Zwei Wittener Rentner plaudern gerade auf der Bahnhofstraße miteinander – nicht auf einer Bank, sondern im Stehen. „Viele sind doch zu alt, um überhaupt noch rauszugehen“, sagt der 81-Jährige. Er selbst sei ehrenamtlich in der Marien-Gemeinde aktiv und damit versorgt. Der 72-Jährige wünscht sich etwas ganz anderes: „Mehr öffentliche Toiletten in der Innenstadt.“