Witten. Nach einem BGH-Urteil müssen Banken erhöhte Konto-Gebühren zurückerstatten. Profitieren können unter anderem Sparkassen- oder Sparda-Kunden.

Tausende Kontoinhaber aus Witten können möglicherweise von ihrer Bank erhöhte Gebühren zurückfordern. Hintergrund ist ein Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) vom April. Dieser hatte in einem Verfahren gegen die Postbank geurteilt, dass Banken nicht einfach ihre Gebühren ändern können, ohne dazu die ausdrückliche Zustimmung ihrer Kunden einzuholen. Bislang galt in der Branche die Regel, dass Schweigen Zustimmung bedeutet.

„Das Urteil betrifft zwar die Postbank, ist aber auf andere Banken anwendbar“, erklärt Alexandra Kopetzki, Leiterin der Wittener Verbraucherzentrale. Ausschlaggebend sind entsprechende Formulierungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute. In diesen ist eben jene vom BGH kritisierte Vorgehensweise festgeschrieben: Wer nicht binnen zwei Monaten Widerspruch einlegt, erteilt seine Zustimmung.

Rückerstattung für die letzten drei oder sogar zehn Jahre

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Schon viele Verbraucher hätten in der Beratungsstelle an der Bergerstraße angefragt, wie sie nun vorgehen sollten, sagt Kopetzki. Ganz grundsätzlich lässt sich sagen: Wer Kunde einer Bank ist, die in den letzten dreieinhalb Jahren, also seit 2018, die Gebühren erhöht hat, sollte prüfen, ob er einen Anspruch auf Rückerstattung hat. Nach neueren Urteilen des Europäischen Gerichtshofes könnte sich diese Frist aber sogar auf zehn Jahre ausdehnen. „Das ist aber noch umstritten“, so Kopetzki.

Alexandra Kopetzki (re.), Leiterin der Verbraucherzentrale Witten mit ihren Mitarbeiterinnen Janina Koester (li.) und Nadine Schröer.
Alexandra Kopetzki (re.), Leiterin der Verbraucherzentrale Witten mit ihren Mitarbeiterinnen Janina Koester (li.) und Nadine Schröer. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

In Frage kommt das etwa für Kunden der Sparkasse Witten, die zum Oktober 2019 an der Preisschraube gedreht hat. So kostet etwa das Kompaktkonto seitdem 5,50 Euro – 1,50 Euro mehr als zuvor. Auch die Sparda-Bank hat im April 2020 ihre Preise kräftig angezogen. Der Preis für ein Girokonto kletterte von 2,50 Euro pro Monat auf 6 Euro. Auch andere Geldinstitute wie Deutsche Bank oder Commerzbank haben in den letzten Jahren und Monaten ihre Gebühren erhöht oder Gratisoptionen abgeschafft.

Kunden können dreistelligen Betrag zurückerhalten

Die Verbraucherzentrale schätzt, dass sich die Rückforderungen für Kunden im Schnitt im niedrigen dreistelligen Bereich bewegen – je nachdem, wie weit die Änderungen zurückliegen und wie hoch sie waren. Beispielrechnungen schwanken etwa zwischen 160 und 285 Euro, so Verbraucherschützerin Kopetzki. Auch wenn die Beträge im Einzelfalle nicht sehr hoch sind – „es geht ums Prinzip“, so die Leiterin der Wittener Beratungsstelle. Auf die gesamte Branche könnten Rückforderungen in Höhe von drei Milliarden Euro zukommen.

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Die Banken gehen unterschiedlich mit den neuen Vorgaben um. So hat die Deutsche Bank Gruppe etwa bereits Briefe an ihre Kunden verschickt. Man hole nun von Millionen Kunden von Deutscher Bank, Postbank und Norisbank eine Zustimmung zu den bekannten Preisen ein, so ein Sprecher. Auch habe man „einen Prozess etabliert, der berechtigte Rückerstattungsansprüche abwickeln soll“. Man bearbeite bereits Kundenanfragen und versende Zwischenbescheide. Auszahlen könne man die Rückerstattungen bislang aber noch nicht.

Sparkasse befindet sich noch in der Prüfung

Auch die Commerzbank hat nach eigenen Angaben im August damit begonnen, die Zustimmung der Kunden einzuholen. Man werde rückwirkende Erstattungsforderungen prüfen und gerechtfertigte Erstattungen vornehmen. Wer ein solches Schreiben seiner Bank erhält, solle es genau durchlesen, rät Kopetzki. „Denn es gibt auch Banken, die die Zustimmung rückwirkend einholen. Und dann kann man seinen Anspruch auf Rückzahlung verlieren.“

Musterbrief gibt es online

Wer nach dem BGH-Urteil unrechtmäßig erhobene Konto- oder andere Gebühren von seiner Bank zurückfordern will, findet dazu auf der Seite der Verbraucherzentrale NRW einen Musterbrief und detaillierte Informationen. Musterschreiben und Infos finden sich auch bei Stiftung Warentest. Auch die Beratungsstelle an der Bergerstraße 35 hilft Verbrauchern gerne weiter (02302/2828101 oder Mail an witten@verbraucherzentrale.nrw). Die Verbraucherzentralen sammeln auch die Reaktionen der Banken. „Das Thema wird uns noch eine Weile beschäftigen“, ist sich Alexandra Kopetzki sicher.

Bei der Sparkasse hingegen prüft man noch die „konkreten Auswirkungen und Erfordernisse“ des Urteils. Auch an das in Witten ansässige Geldinstitut haben sich bereits Kunden mit Rückerstattungsforderungen gewandt. Die vertraglichen Voraussetzungen dieser Kunden seien unterschiedlich, heißt es. Insofern prüfe man die Anfragen einzeln.

Besser sieht es für die rund 11.000 Wittener Kunden der Volksbank aus, bei denen nach Angaben der genossenschaftlich organisierten Bank die Preise seit Jahren weitgehend konstant waren. Betroffen seien etwa die Kunden der in diesem Jahr neu eingeführten Depotkontomodelle. Auf diese sei man bereits aktiv zugegangen und werde die Gebühren automatisch erstatten.

Die Sparda-Bank West hatte sich bis Redaktionsschluss auf unsere Anfrage noch nicht geäußert.