Witten. Fahrlehrer in Witten beschweren sich über die Zusammenarbeit mit dem Tüv: Es gebe zu wenig Prüftermine. Schuld daran sei aber nicht nur Corona.
Wer seinen Führerschein machen will, muss sich bei der praktischen Fahrprüfung aktuell auf lange Wartezeiten einstellen. „Wir haben 30 Fahrschüler in der Warteschleife, die startklar wären für die Prüfung“, berichtet der Wittener Fahrlehrer Bruno Büschke. Dass die Zusammenarbeit mit dem Tüv im Moment schleppend laufe, liege nicht nur an Corona.
„Corona ist eine Ausrede vom Tüv“, sagt Büschke. Der eigentliche Grund für die Wartezeiten sei eine Änderung, die seit Januar 2021 gelte: „Die Prüfungszeiten wurden verlängert“, erklärt der Fahrschulinhaber. Für Klasse-B-Prüflinge sind nun 55 statt wie zuvor 45 Minuten angesetzt, für Klasse A 70 statt 60 Minuten. „Was der Tüv nicht bedacht hat: dass die Fahrschulen dann weniger Prüfungstermine bekommen“, so Büschke – für die gleiche Menge an Schülerinnen und Schülern und die gleiche Menge an Prüferinnen und Prüfern.
Wenige Termine werden auf viele Fahrschulen verteilt
„Früher hat der Prüfer elf Leute am Tag geprüft, heute schafft er nur noch acht“, rechnet Fahrschulinhaber Jürgen Pohl aus Witten nach. Hinzu komme: „Je länger die Fahrprüfung dauert, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass man Fehler macht.“ Dementsprechend sei auch die Durchfallquote angestiegen, so Pohl.
Der Fahrlehrer hält die Verlängerung der Prüfzeiten für wenig sinnvoll. „Jeder Fahrlehrer und -prüfer weiß nach zehn Minuten, ob einer mit dem Auto umgehen kann oder nicht.“ Zwölf Personen warten in seiner Fahrschule aktuell auf einen Prüftermin. Bis Ende August sollen alle den Führerschein haben. Doch Jürgen Pohl hat Zweifel, dass das klappt. Die wenigen Termine, die es gebe, würden schließlich auf alle Fahrschulen verteilt.
Wittener machen einen Führerschein anstatt Urlaub
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Bruno Büschke überschlägt: „Wenn wir im Monat 30 Plätze beantragen, dann bekommen wir – wenn wir Glück haben – ein Drittel.“ Rund 4000 Plätze würden für den Bereich des Tüv Hagen im Jahr fehlen, so seine Rechnung. „Man bekommt heute eher einen Impftermin als einen Prüfungstermin.“
Dabei erlebten die Fahrschulen in den vergangenen Monaten einen regelrechten Ansturm. Das Geld, was sie in Nicht-Corona-Zeiten etwa für Urlaube ausgäben, investierten die Wittenerinnen und Wittener nun in einen Führerschein. Hinzu komme, so Jürgen Pohl, dass sich Fahrstunden angestaut hätten. „Ungefähr von Mitte Dezember bis Mitte März durfte man keine Fahrstunden fahren“, erklärt er. Heute fahre er jeden Tag zehn Stunden. Pohl: „Die Fahrschulen sind total überlastet.“
Pausenpflicht nach drei Stunden Masketragen
Dem Tüv gehe es ähnlich, schildert Rainer Camen, Pressesprecher vom Tüv Nord. „Wir arbeiten am Anschlag.“ Mitarbeiter seien sogar samstags im Einsatz und hätten Urlaube verschoben, um den Prüfungsstau abzuarbeiten. Die Verlängerung der Prüfungszeiten hätte dazu aber vergleichsweise wenig beigetragen, so Camen. Die seien schließlich vorhersehbar gewesen und daher in der Personalplanung auch berücksichtigt worden. Die Pandemie aber, „die konnte keiner absehen“, sagt der Pressesprecher.
Und die habe eben einige Herausforderungen mit sich gebracht. Zum Beispiel mussten Prüfer wegen der FFP2-Pflicht im Fahrschulwagen eine zusätzliche Pause einlegen, erklärt Camen. Und diese Zeit fehlte dann für die Prüfungen. Weil außerdem die Durchfallquote gestiegen sei, kämen zu den verschobenen Termine noch Termine für Wiederholungsprüfungen hinzu.
Hoffnung: Stau im Herbst abarbeiten
Eine Hoffnung hat Rainer Camen aber: Im Sommer machen viele Leute einen Motorradführerschein – ein Saisongeschäft. „Das lässt hoffen, dass, wenn im Herbst alles wieder abgeflacht ist, wir etwas abarbeiten können.“ Hinzu kommen Sachverständigen-Anwärter, die bald ihre Ausbildung abschließen und dann Tüv und Fahrschulen zumindest ein wenig entlasten können. Fraglich ist allerdings, wie viele davon überhaupt im EN-Kreis und Witten eingesetzt werden.
Rainer Camen wirbt dennoch um Verständnis. Die Situation sei für alle Beteiligten belastend. „Das ist nur gemeinsam zu bewältigen.“