Witten. Ein Busfahrer soll einen Pizza-Lieferanten in Witten als „Kameltreiber“ beschimpft haben. Ein Fahrgast schildert den rassistischen Ausfall.

Das Wort „Kameltreiber“ ist durch die rassistische Entgleisung des deutschen Rad-Sportdirektors bei den Olympischen Spielen in die Schlagzeilen geraten. Auch in Witten soll ein Mann, der offenbar einen Migrationshintergrund hat, von einem Busfahrer mit dem Schimpfwort wüst beleidigt worden sein. Das berichtet ein Fahrgast, der am letzten Sonntag (8.8.) mit der Linie 320 Richtung Bochum unterwegs war.

Gegen 18.40 Uhr hatte der Bus die Stadtmitte von Witten erreicht und stand gerade an der Haltestelle Ruhrstraße, als der Busfahrer plötzlich hupte, so schildert es Carsten Lucka. Warum, das konnte der Bochumer nicht erkennen. Etwa 200 Meter weiter habe der Busfahrer plötzlich mitten auf der Straße angehalten, die Vordertür geöffnet und einen Pizzafahrer, der gerade am Straßenrand angehalten hatte, angebrüllt: „Du hast wohl deinen Führerschein auf dem Kamel gemacht, was? Ihr seid nur Kameltreiber, was anderes könnt ihr nicht! Geh dahin, wo du hergekommen bist!“

Wittener Pizza-Fahrer stand nach dem Vorfall wortlos da

Der Fahrer des Pizza-Lieferservice sei augenscheinlich arabischer oder türkischer Herkunft gewesen, meint Carsten Lucka. „Der Mann stand wortlos da und wusste nicht, wie ihm geschah“, so schildert es der 48-Jährige. Er wollte dem Pizzafahrer beistehen. „Doch als ich sagte, dass das ja wohl zu weit geht, wurde der Busfahrer auch noch gegen mich pampig.“ Lautstark habe er gesagt: „Mischen Sie sich nicht ein! Was die machen, geht zu weit! Wenn die nicht Auto fahren können, sollen die zu Hause bleiben! Basta!“

Rassismus-Eklat bei Olympia

Das war die rassistische Entgleisung bei dem Olympischen Spielen: Rad-Sportdirektor Patrick Moster (54) hatte den Kölner Radprofi Nikias Arndt (29) an der Strecke mit den Worten „Hol’ die Kameltreiber, hol’ die Kameltreiber, komm“ angefeuert, die vor ihm fahrenden Azzedine Lagab (Algerien) und Amanuel Ghebreigzabhier (Eritrea) noch einzuholen. Das hatte Konsequenzen: Einen Tag später musste Moster aus Tokio abreisen.Lagab konnte den rassistischen Angriff cool: Bei Twitter schrieb der Rad-Profi: „Es gibt bei den Olympischen Spielen kein Kamelrennen. Deshalb habe ich mich für den Radsport entschieden.“

„Absolut unmöglich“ nennt Carsten Lucka die Reaktion des Busfahrers. „Ich war echt geschockt!“ Selbst wenn der Fahrer des Pizza-Service einen Fahrfehler gemacht habe, rechtfertige das in keiner Weise fremdenfeindliche und rassistische Beschimpfungen. „Als ob ein deutscher Fahrer keine Fehler machen würde!“ Das Hupen hätte doch völlig gereicht, meint der Bochumer. Später noch einmal anzuhalten und einen Mann aufgrund seiner Herkunft zu beschimpfen sei menschenverachtend und widerwärtig.

Andere Fahrgäste haben auf Beleidigungen nicht reagiert

Carsten Lucka fragt sich, ob er nicht stärker hätte eingreifen müssen. „Vielleicht hätte ich deutlicher werden müssen.“ Aber er habe tatsächlich Angst gehabt, dass die Sache eskaliert. „Der Busfahrer war so derartig aggressiv...“ Und von den anderen Fahrgästen im Bus habe leider niemand reagiert.

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Dennoch will der 48-Jährige dem Busfahrer das Verhalten nicht durchgehen lassen und hat sich daher bei der Bogestra beschwert. „Das kann und darf einfach nicht toleriert werden.“ Es könne nicht angehen, dass sich Mitarbeiter von Dienstleistungsbetrieben – also auch Busfahrer – fremdenfeindliche und rassistische Pöbeleien leisten dürfen.

Konsequenzen für den Busfahrer werden nicht öffentlich gemacht

Das sieht das Unternehmen genauso. „Rassismus und Fremdenfeindlichkeit haben bei der Bogestra keinen Platz“, so Pressesprecher Christoph Kollmann. Im Unternehmen hätten Menschen aus über 30 Nationen ihre berufliche Heimat gefunden. Carsten Lucka könne sicher sein, dass sich die Bogestra „der Angelegenheit in angemessener Weise annehmen werde“. Ob der Vorfall Konsequenzen für den Busfahrer hat, das werde allerdings nicht öffentlich gemacht.