Witten. Theo Vechtel hat auf dem Wochenmarkt auf dem Schnee Gemüse vom eigenen Hof verkauft. Nicht nur ihm fällt der Abschied sichtlich schwer.
Da wurde es auf einmal richtig emotional auf dem Wittener Wochenmarkt. Für Theo Vechtel war es der letzte Tag an seinem Obst- und Gemüsestand. Von der Geburtsstunde des Marktes an hat der 66-Jährige mittwochs auf dem Schnee Waren vom eigenen Hof in Harsewinkel verkauft. Jetzt geht Vechtel in den Ruhestand. Nicht nur ihm fiel der Abschied sichtlich schwer.
Rosi vom Stand gegenüber tupft sich mit einem Papiertuch die Tränen vom Gesicht. Auch sie ist von Anfang an mittwochs mit der Dortmunder Gulaschkanone auf dem Wittener Wochenmarkt vertreten gewesen. Theo Vechtel und die anderen der rund acht Markthändler sind für sie in dieser Zeit mehr geworden als nur Kollegen. „Das ist schon fast eher Familie“, sagt die 64-Jährige.
Vechtel war auch auf dem Markt in Witten-Annen vertreten
Und Theo Vechtel – „das war der Vater vom Markt“, sagt Rosemarie Megdenberg, die hier alle als Rosi kennen. „Wenn man sich mal geschnitten hatte, Theo hatte ein Pflaster.“ Wer Hilfe brauchte, der bekam sie bei Theo. Seit fünf Jahren steht Vechtel jeden Mittwoch mit seinem Obst- und Gemüsestand auf dem Platz hinter dem ehemaligen Edeka. Auch auf dem Markt in Annen war er vertreten.
Nun übernehmen Muhammed Gündogdu und sein jüngerer Bruder für ihn. „Unsere Mama hat immer die Eier und Kartoffeln von Theo genommen“, erinnert sich der 25-Jährige, der kürzlich seine Ausbildung bei der Gülich Gruppe in Witten abgeschlossen hat. Statt in der Sicherheitsbranche zu arbeiten, führt er aber nun Vechtels Marktverkauf weiter. „Der ist ein guter Onkel für uns geworden, der Theo“, so Gündogdu.
Kunden auf dem Schnee bevorzugen hochwertige Ware
„Die haben mir schon als Schulkinder ausgeholfen“, erinnert sich Theo Vechtel, dessen Sohn den landwirtschaftlichen Betrieb in Harsewinkel übernimmt. Auch weiterhin kommt ein Großteil der angebotenen Ware von seinem Hof. Rote Beete, Kartoffeln, Porree, Spargel – regionale und saisonale Produkte. „Die Kunden hier bevorzugen gute, hochwertige Ware“, weiß der Händler.
Doch nicht nur das. „Der Kunde kommt nicht nur, um Produkte zu kaufen – auch für das Gespräch“, sagt Matthias Pöck vom Stadtmarketing, das den Markt organisiert. „Das ist eine Gemeinschaft, die wir hier haben. Das merkt auch der Kunde.“ Der Wochenmarkt auf dem Schnee werde sehr gut angenommen, bilanziert Pöck. Auch in Corona-Zeiten – oder sogar gerade. Besonders in der Anfangszeit habe es schon beinahe einen Ansturm gegeben. „Die Leute waren froh, dass sie rauskonnten.“
Eine persönliche Lücke bleibt
Auch für Matthias Pöck ist der Abschied emotional. Theo Vechtel sei „ein treuer Händler“ gewesen, „der bei jeder Witterung und in jeder Jahreszeit vor Ort war“, sagt er. Und das trotz der langen Anfahrt. Nachdem erst kürzlich die Bäckerei Mohr ihre Filiale auf dem Schnee schließen musste, soll mit Vechtels Weggang aber keine weitere Lücke entstehen. Marktstand und Produkte bleiben den Wittenern erhalten. Eine kleine Lücke bleibt aber doch: „eine persönliche“, so Pöck.
Wochenmärkte in Witten
Innenstadt: dienstags, donnerstags und samstags von 8 bis 14 Uhr auf dem Rathausplatz.
Schnee: mittwochs von 9 bis 14 Uhr Auf dem Schnee 1.
Annen: freitags von 8 bis 13 Uhr auf dem Marktplatz an der Stockumer Straße.
Herbede: freitags von 8 bis 13 Uhr auf dem Platz an der Schmiede.
Vechtel selbst blickt gelassen in die Zukunft. Dass er seinen Ruhestand, der eigentlich schon vor ein paar Jahren begann, nun endlich antritt, hat auch gesundheitliche Gründe. Er möchte etwas kürzertreten, doch langweilig werde ihm sicher nicht, so der 66-Jährige. „Ich gehe jagen, helfe im landwirtschaftlichen Betrieb mit, fahre unheimlich gerne Fahrrad“ – genug zu tun also. Und sollte er doch mal Sehnsucht haben, dann will er den Markt und seine Nachfolger „mit Sicherheit“ besuchen kommen.