Witten. Seit Montag können in Witten nun offiziell auch Jugendliche ab zwölf Jahren geimpft werden. Doch die Nachfrage ist bislang überschaubar.

Zuerst waren die über 80-Jährigen an der Reihe, dann auch andere besonders gefährdete Risikogruppen. Seit Montag (7.6.) ist die Reihenfolge bei den Corona-Schutzimpfungen offiziell aufgehoben – nun kann sich jeder in Witten um einen Termin bemühen, auch Jugendliche ab zwölf Jahren. Doch auf den Piks werden gerade die Jüngeren wohl noch etwas länger warten müssen.

Vor rund eineinhalb Wochen hatte die EU-Arzneimittelbehörde EMA grünes Licht für die Anwendung des Impfstoffs von Biontech/Pfizer für Kinder zwischen zwölf und 15 Jahren gegeben – von vielen Eltern war dieser Schritt herbeigesehnt worden. Doch der große Run auf die Kinderarztpraxen ist in Witten bislang ausgeblieben. „Wir bekommen viele Anfragen, aber noch ist es überschaubar“, sagt etwa Dr. Dörte Hilgard.

Auch Kinderärzte in Witten bekommen nur wenige Impfdosen

Ohnehin könnten die Ärztinnen und Ärzte gar nicht so viel impfen, wie sie gerne möchten, weil der Impfstoff weiterhin begrenzt ist. „Wir bekommen für diese Woche zwölf Dosen Biontech für Erstimpfungen“, sagt Hilgard. „Das ist nicht gerade rasend gut.“ In ihrer Praxis an der unteren Bahnhofstraße werde sie also mit Impfungen bei gesunden Kindern unter 16 Jahren erst einmal „sehr zurückhaltend sein“, so die Medizinerin.

In die Impfungen eingestiegen sind viele Kinderärzte aber bereits vorab. So hat auch Dörte Hilgard bereits Angehörige von schwer kranken Kindern immunisiert. Da sei wichtig, weil diese dafür sorgen, dass zum Teil schwerst mehrfach behinderte junge Menschen versorgt werden. Wenn ein pflegender Elternteil wegen Covid auf der Intensivstation landen würde, wäre das für diese Familien doppelt schwer.

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Auch chronisch kranke Jugendliche über 16 Jahre werden bereits geimpft – etwa weil sie an Diabetes leiden oder starkes Übergewicht haben und damit zu einer Risikogruppe zählen. Aber mit dieser Gruppe und den pflegenden Angehörigen sei man „noch lange nicht durch“, so die Kinderärztin. Gesunde Kinder unter 16 zu impfen, hält sie für nicht vorrangig. „Denn sie sind keine Risikopatienten.“

„Impfen seit die Zulassung da ist“

Im Rathaus der Medizin in Herbede ist die Kinderarztpraxis schon seit einiger Zeit geräumt und in die Hauptpraxis umgezogen. In den „verlassenen“ Räumen werden rund 150 Pikse am Tag gesetzt, bei Patienten der hausärztlichen Gemeinschaftspraxis und der Kinderärzte. Jüngere Patienten sind hier auch schon vor dem Wegfall der Priorisierung geimpft worden.

Stiko wird Impfung wohl nicht empfehlen

Die Ständige Impfkommission (Stiko) hat lange mit einer Entscheidung gezögert. Doch sie wird wohl auf eine generelle Corona-Impfempfehlung für gesunde Kinder und Jugendliche im Alter von 12 bis 15 Jahren verzichten. Die Impfexperten verweisen vor allem auf fehlende Daten. Es sei bisher nicht möglich, das Risiko einer Covid-19-Erkrankung bei Kindern seriös gegen das mögliche Risiko einer Impfung abzuwägen.

Im Rathaus der Medizin sieht man das pragmatisch: „Der Impfstoff ist zugelassen, ein Arzt kann das mit seinem Patienten selbst entscheiden“, so Meinshausen. Damit das Vakzin den Weg in den Oberarm eines Minderjährigen finden kann, braucht es in seiner Praxis die Unterschrift von Mutter und Vater und auch die des Jugendlichen selbst.

„Wir impfen seit die Zulassung da war“, sagt Dr. Arne Meinshausen. Etwa 20 Jugendliche im Alter von zwölf bis 16 Jahren seien bislang schon immunisiert worden. „Ich finde, dass Jugendliche ein Anrecht darauf haben, geschützt zu werden“, so Meinshausen. In Herbede können sich auch junge Menschen ohne Vorerkrankungen piksen lassen. „Denn wir haben schon alle Priorisierten geimpft.“ Die Nachfrage sei bislang aber nur „mittelprächtig“.

Anders sieht das in der Praxis von Dr. Lucyna Psonka aus. Zwölf- bis 15-Jährige werden hier grundsätzlich noch nicht immunisiert. „Solange die Ständige Impfkommission das nicht freigibt, impfen wir nicht“, so die Kinderärztin. Nur Jugendliche ab 16 können sich hier um einen Termin bemühen. Jeden Tag würden Eltern nach einer Impfung fragen. „Aber es gibt mehr Fragen zu dem Thema als Anfragen“, so Psonka.