Witten. Rot-weiße Streifen machen Poller für Sehbehinderte ungefährlicher. Die Strickmützen finden sich in ganz Witten. Sie sind nur ein erster Schritt.
Graue Poller sind auf grauen Gehwegen oft schlecht zu erkennen. Für Menschen mit Sehbehinderung können sie daher schnell zur Unfallgefahr werden. Der Blinden- und Sehbehindertenverein Witten macht jetzt auf das Problem aufmerksam. Die Mitglieder haben am Wochenende symbolisch 40 Pollern rot-weiß gestreifte Mützen aufgesetzt.
„Sehbehinderte Menschen leben vom Kontrast“, sagt Birgit Prünte aus dem Leitungsteam des Vereins. Nur wenn sich ein Hindernis optisch vom Hintergrund abhebt, könnten sie es als solches erkennen. Rote und weiße Streifen sorgen dafür, dass die Poller deutlich besser zu sehen sind – weiß reflektiert das Licht, rot ist eine Signalfarbe.
Langfristig sollen Poller in Witten gestrichen oder ausgetauscht werden
„Unser oberstes Ziel ist es, in der Öffentlichkeit Aufmerksamkeit für das Problem zu schaffen. Wenn das Bewusstsein einmal da ist, kommt der Rest von ganz alleine“, sagt Prünte. Die Mützen sollen symbolische Wirkung haben und nicht dauerhaft bleiben. Langfristig wünscht sich der Verein, dass alle grauen Poller rot-weiß angestrichen oder gleich durch rot-weiß gestreifte Poller ersetzt werden.
Die Stadt Witten ist bereits mit im Boot. Behindertenkoordinatorin Ines Großer nimmt das Problem ernst: „Die Poller sind wirklich eine Gefahr, darauf sind wir durch die Aktion jetzt aufmerksam geworden.“ Sie möchte als nächstes Kontakt zum Bauamt aufnehmen und gemeinsam mit dem Blindenverein schauen, wo es besondere Gefahrenstellen gibt. Alle Poller auf einmal auszutauschen oder anzustreichen sei aber nicht möglich. „Wir müssen erstmal klein anfangen. Es kann leider nicht alles auf einmal barrierefrei werden, sondern nur nach und nach“, sagt Ines Großer.
Barrierefreiheit spiele bei Projekten eine große Rolle. Beim Umbau des Rathauses werde zum Beispiel darauf geachtet, ebenso wie beim Umbau an der Pferdebachstraße und beim Neubau der Baedekerschule. „Wir beziehen die Vereine von Menschen mit Behinderung bei solchen Planungen mit ein“, sagt Großer.
Wittener Verein berät Menschen mit Augenproblemen und Angehörige
Die Mützen sind damit nur ein erster Schritt. Gestrickt haben sie Mitglieder und Freunde des Vereins. Die Aktion wurde im vergangenen Jahr in Hamburg gestartet. Mittlerweile läuft sie bundesweit, erzählt Daniela Buß aus dem Leitungsteam. Verteilt wurden die länglichen Mützen am Freitag und Samstag in Heven, Annen, Rüdinghausen, Stockum und in der Innenstadt. An jeder einzelnen hängt ein Zettel, der auf die Gefahr von Pollern für sehbehinderte Menschen aufmerksam macht.
Blindenverein wird 100
Der Blinden- und Sehbehindertenverein Witten feiert dieses Jahr sein 100-jähriges Bestehen. Im September sollte eigentlich die Geburtstagsfeier stattfinden, wegen der Corona-Pandemie wurde sie jedoch vorsorglich aufs nächste Jahr verschoben.
Um sehbehinderte Menschen bei Problemen wie diesen zu unterstützen, bietet Vereinsmitglied Sabrina Führer die „Blickpunkt Auge“-Beratung an. Sie berät Augenpatienten und ihre Angehörigen kostenlos und hilft zum Beispiel bei Anträgen – aktuell vor allem telefonisch (0177 2634154) oder per E-Mail (s.fuehrer@blickpunkt-auge.de). „Es ist bei Augenproblemen wichtig, sich frühzeitig Hilfe zu holen und nicht zu warten, bis man gar nicht mehr alleine das Haus verlassen kann“, sagt Führer.