Witten. Das Muttental vor dem Kollaps? Die Stadt Witten hat jetzt auf Klagen reagiert, dass das Naherholungsgebiet immer mehr unter die Räder kommt.
Ende April hatten Anwohner des Muttentals ihrem Ärger in einem offenen Brief Luft gemacht. Das Muttental stehe angesichts des Besucherandrangs vor dem Kollaps. Die Gäste aus nah und fern entsorgten ihren Müll am Wegesrand und auf Parkplätzen. Die Stadt müsse sich endlich kümmern, forderten die rund 100 Unterzeichner. Die Stadt hat verstanden. Das Stadtmarketing konnte jetzt die Ruhrtal-Ranger der Wittener Wabe als Helfer in der Not gewinnen. Sie haben am Montag (17.5.) ihren ehrenamtlichen Dienst im Muttental aufgenommen.
Die beiden Ranger sollen dort immer von März bis Oktober im Einsatz sein. Stadtmarketing-Chefin Silvia Nolte spricht von einem Test. Man müsse jetzt sehen, ob die Arbeit der Ranger ausreiche oder ob noch mehr unternommen werden müsse, um die Sauberkeit in dem Naherholungsgebiet sicherzustellen. Die Ranger werden immer freitags und montags – also vor und nach den Wochenenden – mit zwei roten Pickup-Wagen durchs Tal rollen und auf dem Bergbauwanderweg wilden Müll einsammeln, den Spaziergänger und Radler nicht mit nach Hause genommen, sondern in der Natur entsorgt haben.
Bergleute aus Witten sind seit Januar nicht mehr als „Saubermänner“ im Muttental unterwegs
Ein Verhalten, über das sich schon sehr lange die ehemaligen Bergleute Karl Ackermann und Hermann Dede ärgern. Seit rund 25 Jahren pflegen die Herbeder - ehrenamtlich - die Bergbau-Relikte am neun Kilometer langen Bergbaurundweg im Muttental. Die Mitglieder des Fördervereins „Bergbauhistorischer Stätten Ruhrrevier“ haben sich hierbei auch immer wieder als Müllsammler betätigt.
Seit Januar räumen die über 70-Jährigen den Abfall nicht mehr weg, den andere respektlos in die Landschaft werfen - von Getränkedosen über Essens-verpackungen bis hin zu Babywindeln. Auf die Probleme in Sachen Sauberkeit hatte der Förderverein die damalige Bürgermeisterin und das Stadtmarketing bereits im Frühjahr und Sommer vergangenen Jahres hingewiesen.
Jetzt also sollen es die Ruhrtal-Ranger der Wittener Gesellschaft für Arbeit und Beschäftigungsförderung (Wabe) richten. Seit 2006 gibt es die Ranger, größtenteils ehemalige Langzeitarbeitslose, die mit Rädern auf dem Ruhrtalradweg zwischen dem Hengsteysee bei Hagen und Herdecke sowie Bochum-Dahlhausen unterwegs sind. Die mit Werkzeug ausgestatteten „Helden am Fluss“ helfen Radlern bei Pannen, geben Auskünfte zur Radstrecke sowie zu Einkehrmöglichkeiten. Ihr Leiter Alfred Frielinghaus (74) wird sich mit seinem Kollegen Pascal Dessel um mehr Sauberkeit im Muttental kümmern.
Ranger beobachtet: E-Bike- und Rennrad-Fahrer sind auf dem Ruhrtalradweg oft rücksichtslos unterwegs
Dessel ist Wetteraner und schätzt das Muttental auch privat als Radfahrstrecke. Der Tischler kann nach einem Arbeitsunfall nicht mehr seinem erlernten Beruf nachgehen. Seit zwei Jahren ist der 34-Jährige bei den Rangern. Was ihm auf dem Ruhrtalradweg immer wieder auffällt: E-Bike- und auch Rennrad-Fahrer sind dort oft rücksichtslos unterwegs. „Das ist aber kein reiner Radweg, sondern da gehen auch Menschen spazieren“, sagt Dessel. So mancher Radler erwarte jedoch, dass andere für ihn den Weg räumen. „Die halten einfach drauf“, so seine Beobachtung.
Bürgermeister bedankt sich bei der Wabe
Die Muttental-Ranger sind mit Elektrofahrzeugen unterwegs, die die Wabe gekauft hat. Im Tal hatte bislang einmal wöchentlich das Wittener Betriebsamt die Mülleimer geleert, bis Ende vergangenen Jahres hatten auch Ehrenamtliche für Sauberkeit auf den Wegen gesorgt. Durch die große Zahl von Muttental-Besuchern in Corona-Zeiten war dies jedoch nicht ausreichend.
Bürgermeister Lars König: „Das Muttental ist ein Wittener Schmuckstück, das leider zuletzt unter den vielen Besucherinnen und Besuchern gelitten hat. Deshalb freue ich mich besonders, dass uns die Wabe dabei unterstützt, das Tal sauber und damit attraktiv zu erhalten.“
Wer zu Fuß unterwegs sei und nicht schnell genug zur Seite gehe, laufe durchaus Gefahr, von Radfahrern angerempelt zu werden. Umgekehrt gehe es auch nicht, dass Hundebesitzer mit einem Vierbeiner an der langen Leine die Wege dicht machten, so Dessel. Ranger Alfred Frielinghaus nickt: „Es gibt auch Leute, die als Familie nebeneinander herlaufen und niemand kommt mehr an ihnen vorbei.“ Die Ruhrtal-Ranger bitten um gegenseitige Rücksichtnahme – und hoffen, dass ihre Pickup-Touren durch das Muttental nicht immer mit randvollen Ladeflächen enden.