Witten. Sticken, stricken, häkeln - Karin Vogt-Fischer aus Witten ist hierin Expertin. Das Handarbeitsgeschäft der Stickmeisterin gibt es seit 60 Jahren.

1961 fing alles an. Da hatte sich Stickmeisterin Marianne Vogt mit einem Handarbeitsgeschäft in der Innenstadt selbstständig gemacht. Ihr Laden in der Kirchstraße, der heutigen Bonhoefferstraße, wurde schnell zu einer beliebten Adresse für Frauen, die gerne strickten, stickten, häkelten oder knüpften. 60 Jahre später gibt es Handarbeiten Vogt immer noch - in der Johannisstraße. Verkauft werden dort heute auch Stricknadeln aus Rosen- und Olivenholz.

Holzstricknadeln? Konny Fischer, die Enkelin von Marianne Vogt, lächelt und erklärt’s: „Ja, Holz ist weich und warm. Vor allem aber klappern Holzstricknadeln nicht.“ Klappernde Metallstricknadeln – wie zu Omas Zeiten – seien vielen Kundinnen heute zu laut. Frauen, die gerne etwas fester zufassen, rät die 25-Jährige zu Nadeln aus Karbon. „Die sind für die Ewigkeit, die gehen nicht kaputt.“

Früher knüpften Frauen in Witten auch noch gerne Kissen und Teppiche

Stickmeisterin Marianne Vogt (li.) in den 90er Jahren mit ihrer Tochter Karin, die das Geschäft seit 2012 führt.
Stickmeisterin Marianne Vogt (li.) in den 90er Jahren mit ihrer Tochter Karin, die das Geschäft seit 2012 führt. © FUNKE Foto Services | Vogt/Repro: Klaus Pollkläsener

Karin Vogt-Fischer, Konny Fischers Mutter, nickt. Seit 2012 ist sie Chefin des Handarbeitsgeschäftes und wie ihre 2017 verstorbene Mutter Stickmeisterin. In Zeiten der Maschinenstickerei gehört die 58-Jährige einer aussterbenden Zunft an. „Ich kenne persönlich nur eine Kollegin. Die haben wir früher selber ausgebildet.“ Zu Zeiten, als noch Taschentücher und Tischdecken, Babylätzchen und Kleidungsstücke bestickt wurden.

Früher, da war vieles anders. Frauen hätten gerne Kissen und Teppiche geknüpft, auch Bilder gestickt – Stillleben oder Landschaftsbilder etwa. Ihr Vater Herbert habe die Gobelin-Bilder für die Kundinnen dann eingerahmt und auch Teppiche aufgearbeitet. Für ein Soester Handarbeitsgeschäft nähten Vogts Tischdecken. Karin Vogt-Fischer: „Das war zu einer Zeit, als es noch große Kaffeetafeln gab.“

Auch 2021 ist das Handarbeiten nicht aus der Mode gekommen. Das Geschäft lebt von vielen Stammkundinnen. Gestrickt und gehäkelt wird noch von allen Generationen. „Vor allem in Corona-Zeiten können sich viele dabei wunderbar entspannen.“ Im Handarbeitsgeschäft gibt es alleine über 700 Wollfächer. In ihnen liegen Garne in allen erdenklichen Farben und Qualitäten, auch mehrfarbige Wolle, mit der sich schöne Farbeffekte erzielen lassen. In der Pandemie wagten sich viele Kundinnen an große Stücke. „Sie stricken oft große Zudecken.“

Ein Blick in das Handarbeitsgeschäft Vogt in den 70er Jahren: Eine Zeit, in der noch Bilder gestickt und Kissen geknüpft wurden.
Ein Blick in das Handarbeitsgeschäft Vogt in den 70er Jahren: Eine Zeit, in der noch Bilder gestickt und Kissen geknüpft wurden. © FUNKE Foto Services | Vogt/Repro: Klaus Pollkläsener

Auch Babys werden derzeit gerne bestrickt. Die Stickmeisterin bietet nicht nur alle Dinge an, die man fürs Handarbeiten benötigt – vom Garn bis zum Knopf, über Applikationen bis hin zur Nähmaschinennadel. Die 58-Jährige ist auch Ratgeberin in allen Handarbeitsfragen.

Den Onlineshop für Wolle betreibt der Ehemann der Stickmeisterin

Kundinnen, die exklusives Material suchen, greifen gerne zu Wolle, die von Hand eingefärbt wurde. Viele Spinnereien gebe es in Italien, sagt die Expertin. Das Einfärben per Hand geschehe anderswo auf der Welt. „In Deutschland wäre das viel zu teuer.“ Karin Vogt-Fischer hat schon seit 2011 zusätzlich einen Onlineshop für Wolle, die sie deutschlandweit verschickt. Den Shop mit einem Wolllager in der Augustastraße betreibt ihr Mann Volker.

Tochter Konny studiert derzeit noch Betriebs- und Volkswirtschaftslehre an der Ruhr-Uni. Seit einigen Jahren arbeitet sie schon im Laden mit. „Und ich stricke gerne. Es ist schön, etwas mit den Händen herzustellen“, sagt die 25-Jährige. Sie würde gerne einmal das Geschäft der Mutter übernehmen. Ob das auch so kommen wird, entscheidet sich, wenn ihr Freund mit seinem Studium fertig ist. „Dann wird man sehen, wo er eine Stelle findet.“