Witten. Wieder treffen sich Bund- und Länderchefs, um über eine mögliche Lockerung des Lockdowns zu beraten. Doch was wünschen sich die Wittener?

Soll es ab dem 15. Februar Corona-Lockerungen geben? Diese Frage stellen sich am Mittwoch, 10. Februar, nicht nur die Bund- und Länderchefs. Auch die Wittener machen sich Gedanken, wie es mit oder ohne Lockdown weitergehen könnte. Das sind ihre Wünsche.

Sabine Wirths-Hohagen, Inhaberin der Buchhandlung Lehmkul in Witten, hofft, „dass wir es bald hinter uns haben“. Zwar sei ihr Geschäft nicht so hart vom Lockdown getroffen, wie etwa die Pizzeria nebenan. Denn sie könne weiterhin ihre Waren verkaufen, wenn die Kunden auch den Laden nicht betreten dürfen. Dennoch ist die anhaltende Corona-Lage auch für sie und ihre Mitarbeiter eine Belastung. Insbesondere für die Kollegen, die zu Hause noch ihre Kinder betreuen müssen, so Wirths-Hohagen.

Abends ist es einsam am Marktplatz in Witten

Abends sei es am Marktplatz in Witten dunkel, ungemütlich. „Es ist einsam hier“, findet die Buchhändlerin. Ein Ende des Lockdowns sieht sie aber kritisch. „Als wir das letzte Mal gelockert haben, sind die Zahlen wieder gestiegen“, ruft sie sich ins Gedächtnis. Einen Wunsch formuliert sie dann aber doch: „Ich bin dafür, dass Friseure wieder öffnen dürfen“, schlägt sie vor. „Ein Kunde pro Stunde. Und mit Maske und langem Arm.“

Für Angelika Bilow-Hafer von der Standortgemeinschaft Witten steht an erster Stelle, dass die Schulen und Kindergärten wieder den normalen Betrieb aufnehmen dürfen. „Kinder brauchen einfach soziale Kontakte“, findet sie. Und auch die Lage in den Familien könnte sich auf diese Weise etwas entspannen.

Eine Perspektive auf Normalität

„Ich hoffe auch, dass die Menschen bald wieder in die Stadt kommen können“, so Bilow-Hafer. Nicht bei der aktuellen Wetterlage, aber vielleicht zum 1. März. So könnten die Wittener „mit guten Gefühlen in den Frühling starten“. Natürlich sollten, wenn gelockert werde, alle vernünftig bleiben. „Keine großen Partys“, fasst es die Inhaberin der Genussgalerie in Witten zusammen. Aber eine Perspektive auf „eine gewisse Normalität“, die wünscht sie sich.

Eine Perspektive für den Einzelhandel hält auch Volker Pompetzki, Fraktionsvorsitzender der CDU in Witten, für unerlässlich. Die Betroffenen sollten sich nicht von Lockdown zu Lockdown hangeln müssen, findet er. Niemand weiß, ob sie in zwei Wochen wieder öffnen können oder in vier. Das hinterlasse ein Gefühl der Machtlosigkeit.

Kommunalpolitik hat wenig Handlungsspielraum

Die meisten Geschäfte in Witten haben wegen des Corona-Lockdowns geschlossen. In manchen Läden kann per „Click and collect“ eingekauft werden.
Die meisten Geschäfte in Witten haben wegen des Corona-Lockdowns geschlossen. In manchen Läden kann per „Click and collect“ eingekauft werden. © FUNKE Foto Services | Olaf Ziegler

Begrüßen würde der Christdemokrat einen Öffnungsplan, der sich an lokalen Werten wie der Inzidenz orientiert. Allerdings hätten Kommunalpolitik und Verwaltung hier kaum Einflussmöglichkeiten. „Die Verordnung erlässt das Land.“ Ganz wichtig findet er aber, sollte es einen Stufenplan geben, an Schulen und Kinder zu denken. „Seit einem Jahr ist geregelter Unterricht kaum möglich“, so Pompetzki.

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Das bemängelt auch Johannes Rienäcker, Schulleiter des Albert-Martmöller-Gymnasiums. Wenngleich: „Das Distanzlernen funktioniert gut“, resümiert er seine Erfahrungen. „Aber das kann alles nicht den Präsenzunterricht ersetzen.“ Gerade für die höheren Jahrgänge erhofft er sich von der Politik eine Aussicht auf Lernen in der Schule. „Es wäre schön, wenn die Schüler vor ihren Prüfungen noch mal persönlichen Kontakt zu ihren Lehrern hätten“, so sein Wunsch.

Virusmutation veranlasst zur Sorge

Es habe an der Schule während der Pandemie durchaus Corona-Fälle gegeben. „Aber wir konnten nicht feststellen, dass sich das in der Schule verbreitet.“ Die Schüler hätten sich sehr konsequent an die Regeln gehalten. „Die Sicherheitsmaßnahmen haben funktioniert.“ Ob das mit Blick auf die mutierten Virusvarianten so bleibt, „das kann ich nicht sagen“, gesteht Rienäcker.

Die Virusmutation bereitet auch Christine Gassmann-Berger vom Kaufhaus Gassmann Sorgen. „Auch im Hinblick auf die Impfungen“, sagt sie. Rückt eine Öffnung des Einzelhandels damit in weite Ferne? Sie jedenfalls ist nicht sehr zuversichtlich, dass sie ihr Geschäft am 15. Februar wieder öffnen darf. „Wir haben jetzt fast zwei Monate zu, die Kosten laufen weiter. Es wird langsam kritisch“, sagt Gassmann-Berger. Ganz gerecht findet sie die aktuellen Regelungen nicht. „Die Leute drängeln sich in Lebensmittelgeschäften. Ob die sich da weniger schnell anstecken, als wenn sie sich bei uns eine Kaffeemaschine kaufen . . .“

Öffnung unter Bedingungen könnte weitere Kosten nach sich ziehen

Die Läden an der Bahnhofstraße in Witten werben mit Sale und reduzierten Artikeln. Kaufen kann die wegen des Lockdowns aktuell allerdings niemand.
Die Läden an der Bahnhofstraße in Witten werben mit Sale und reduzierten Artikeln. Kaufen kann die wegen des Lockdowns aktuell allerdings niemand. © FUNKE Foto Services | Olaf Ziegler

Das sieht Baris Engin, Inhaber von Burger Brothers in Witten, ähnlich. „Ob ich mit meiner Frau und meinem Kind zu Hause am Tisch sitze oder im Restaurant, macht doch keinen Unterschied“, findet er. In seinem Restaurant etwa stehen die Tische zweieinhalb Meter voneinander entfernt. Nur zehn von insgesamt 40 Tischen würden überhaupt besetzt. „Ob die Ansteckungsgefahr da wirklich so hoch ist und in Bussen und Bahnen nicht?“, fragt Engin.

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Eine Öffnung unter diesen eingeschränkten Bedingungen könnten für ihn natürlich auch Kosten bedeuten. Schließlich bedient sein Personal viel weniger Kunden. „Selbst wenn wir mal Minus machen, ist das besser, als wenn unser Name und unser Konzept untergehen“, findet er. „Es ist wichtig, dass die Leute sehen, dass wir noch da sind.“

Impfungen verbreiten Hoffnung

„Wir sind da“, sagt auch Jutta Wedhorn, Inhaberin des Derpart-Reisebüros an der Bahnhofstraße in Witten. „Reisen buchen können wir aktuell.“ Aber fast jedes Land sei Risikogebiet. Darum gebe es zurzeit einfach keine Nachfrage.

Einige Reiseanbieter hätten sich allerdings an die anhaltende Unsicherheit in der Pandemie angepasst. „Bei vielen Veranstaltern kann man bis 14 Tage vor der Reise kostenlos stornieren oder umbuchen“, erklärt Wedhorn. Hoffnung legt sie auch in die Impfungen, die das Ende des Lockdowns vielleicht etwas greifbarer machen. „Wir würden uns freuen, wenn die Menschen positiv auf den Sommer schauen“, sagt Wedhorn. Und mit dem Wunsch ist sie sicher nicht alleine.

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