Witten. Eine Studie der Uni Witten will Nebenwirkungen von Corona-Masken bei Kindern erforschen. Es gibt erste Ergebnisse - und Kritik.

Eine Studie der Uni Witten-Herdecke beschäftigt sich mit den Nebenwirkungen von Atemschutzmasken bei Kindern. Erste Zwischenergebnisse gibt es bereits - aber auch Kritik an den Machern und der Studie selbst.  

Professor Dr. David Martin und Dr. Silke Schwarz vom Lehrstuhl für Medizintheorie, Integrative und Anthroposophische Medizin haben im Herbst vergangenen Jahres einen Fragebogen online gestellt, mit dem Eltern, Pädagogen und Ärzte melden können, welche Auswirkungen sie bei Kindern durch das Tragen von Schutzmasken feststellen.

Zwischenfazit der Wittener Umfrage: Eltern melden Gereiztheit und Kopfschmerzen als häufige Nebenwirkung von Masken

Das erste Zwischenfazit: 68 Prozent der Eltern, die bei der Umfrage teilgenommen haben, berichteten, dass ihre Kinder über das Tragen von Masken klagen. Zu den häufigsten geäußerten Nebenwirkungen zählen demnach Gereiztheit (60 %), Kopfschmerzen (53%) und Konzentrationsschwierigkeiten (50 %).

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Aber auch "weniger Fröhlichkeit" (49 %), Benommenheit/Müdigkeit (37%) und neu entwickelte Ängste (25 %). Es handle sich hierbei ganz explizit um ein Nebenwirkungsregister, erklärt David Martin im Gespräch mit unserer Redaktion. Angelehnt ist es an ein ähnliches Register des Paul-Ehrlich-Instituts, das Nebenwirkungen von Arzneimitteln erfasst.

Ergebnisse sind nicht repräsentativ für Bevölkerung

"Damit ist es nicht repräsentativ für die gesamte Bevölkerung", betont der Kinderarzt. Sondern nur für die Menschen, die teilgenommen haben. Da die Umfrage explizit das Sammeln von Nebenwirkungen zum Ziel hat, würden Eltern, deren Kinder keine Nebenwirkungen haben, naturgemäß seltener teilnehmen. Etwa ein Drittel haben nach erster Auswertung aber dennoch angegeben, dass es keinerlei Probleme durch das Tragen der Maske gebe.

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Die Zwischenergebnisse der Studie sind allerdings, so räumt der Mediziner ein, bereits vielfach falsch zitiert worden. Und zwar vornehmlich in verschwörungsideologischen Gruppen oder Internetseiten. Dort wird die Studie dahingehend wiedergegeben, dass 68 Prozent aller Kinder über Probleme mit der Maske klagen würden.

Aufruf zur Teilnahme an der Studie in verschwörungstheoretischen Gruppen

Auch der Aufruf zur Teilnahme an der Studie war in corona-kritischen Gruppen geteilt worden - unter anderem vom bekannten Verschwörungstheoretiker Ken Jebsen. Genau diese Tatsache - wie auch der Hintergrund der Studienmacher - wird im Netz von einigen Bloggern und Journalisten kritisiert. 

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Denn auch David Martin und Silke Schwarz selbst hatten sich im Vorfeld deutlich kritisch über den Nutzen von Masken bei Kindern geäußert. So verfassten die beiden Mediziner im Mai 2020 eine "Stellungnahme zur Situation von Kindern und Jugendlichen in der Corona-Pandemie" mit. Darin wird etwa gefordert, dass nur "Lehrpersonal und Erzieher mit erhöhtem Risiko, nicht gesunde Kinder- und Jugendliche" einen Mund-Nasen-Schutz tragen sollten. 

Studienmacher wollen sich von grundsätzlichen Maskengegnern distanzieren

"Wir waren anfangs skeptisch der Maske gegenüber", gibt David Martin zu. Teilweise sei man es auch immer noch, vor allem bei Grundschulkindern. Notwendig sei eine differenzierte Risiko-Nutzen-Abwägung, was die Vorgaben für Schulen angeht. Dabei sollte sich die Politik seiner Ansicht nach an der Zahl der Krankenhausaufnahmen von Covid-Patienten orientieren, nicht an der bloßen Zahl der Infektionen.

"Wenn Kinder Opfer bringen, muss es auch aus wirklich guten Gründen geschehen", so der 47-Jährige. Aber von grundsätzlichen Maskengegnern und Corona-Leugner würden sich er und seine Kollegin Schwarz distanzieren wollen. 

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Hinzu kommt: Die Studie ist rein internetbasiert und ohne Registrierung erfolgt. Faktisch hätte also auch ein und dieselbe Person beliebig oft den Fragebogen ausfüllen können. "Die Seite konnte instrumentalisiert werden", räumt Martin ein. Er glaube aber nicht, dass viele das getan hätten. Das würde unter anderem die regelmäßige geografische Verteilung der Antworten nahe legen. 

Eine Stellungnahme der Universität blieb auch auf mehrfache Nachfrage bislang aus. 

>>>Info

Bisher wurde der Fragebogen der Studie rund 55.000 Mal ausgefüllt. In die erste Auswertung der Ergebnisse, die im Januar veröffentlicht wurde, flossen die Angaben von rund 17.800 Eltern. Zu finden ist die Zwischenauswertung unter www.researchsquare.com/article/rs-124394/v1. 

Der Artikel hat nach Angaben von David Martin den sogenannten Peer-Review-Prozess, in dem andere Wissenschaftler den Text prüfen, durchlaufen. Im Februar soll er in der Monatsschrift Kinderheilkunde der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin erscheinen. 

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