Witten. In zwei Wittener Altenheimen werden alle Besucher getestet. Das Quartierzentrum Herbede bittet sogar: Lasst die Bewohner an Weihnachten bei uns.
Wer an Weihnachten Angehörige im Altenheim besuchen will, der muss sich vorher einem Schnelltest unterziehen. So läuft es zumindest im Quartierzentrum Herbede und im Haus Buschey in Witten-Bommern. „Ich biete am 23. ganztägig Tests an für Angehörige“, sagt Kerstin Hemmerling, Pflegedienstleiterin des Hauses Buschey. Auch an Heiligabend können Besucher vor Ort einen Schnelltest machen – kostenlos.
„Alles ist nach der Corona-Schutzverordnung ausgerichtet“, erklärt Hemmerling. Die besage unter anderem, dass Besucher des Altenheims ab einem Inzidenzwert über 200 einen negativen Test nachweisen müssten. Da der EN-Kreis diese Marke am Freitag, 18. Dezember, überschritten hat, heißt es auch im Haus Buschey: Wer einen Angehörigen besuchen möchte, der kommt an einem Test nicht vorbei.
Schnelltests belasten Altenheim-Mitarbeiter in Witten zusätzlich
Hemmerling hat beobachtet, dass bei Angehörigen nicht immer die Bereitschaft gegeben sei, vor einem Besuch einen Abstrich zu machen. „Es geht ja nicht nur darum, die eigenen Angehörigen zu schützen, sondern auch die anderen Bewohner und das Personal“, betont die Pflegedienstleiterin. Denn wenn sich die Mitarbeiter infizieren, wer solle sich dann um die Bewohner kümmern?
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Für das Team seien die Schnelltests natürlich eine zusätzliche Belastung. „Dafür müssen andere Dinge bei meiner Arbeit hintenanstehen“, so Hemmerling. Doch um den Besuch zu Hause für alle Beteiligten so sicher wie möglich zu gestalten, gehen die Mitarbeitenden erneut an ihre Belastungsgrenze. Hemmerling appelliert an alle Angehörigen: „Wir empfehlen dringend, die Selbstquarantäne einzuhalten.“ Und: „Wenn sich einer krank fühlt: auf den Besuch verzichten.“
Appell: Auch zu Hause die Hygienemaßnahmen einhalten
Wer mit einem Bewohner unter dem eigenen Weihnachtsbaum feiern will, muss das im Haus Buschey mindestens einen Tag im Voraus anmelden „Wir gönnen es jedem, der nicht alleine feiern muss“, betont Hemmerling, sagt aber auch: „Es ist wichtig, zu Hause die Hygienemaßnahmen einzuhalten, wenn man die Bewohner abholt.“ Andernfalls sei damit zu rechnen, dass nach den Feiertagen die Corona-Fallzahlen überall steigen werden.
Das Quartierzentrum Herbede hat sich für die Weihnachtstage etwas anderes überlegt: „Wir haben mit den Angehörigen gesprochen und sie gebeten, die Bewohner nicht nach Hause zu holen“, sagt Geschäftsführer Andre Löckelt. Das Infektionsrisiko solle möglichst gering gehalten werden. „Uns ist wichtig, dass es den Bewohnern gut geht“, sagt Löckelt.
Feiern die Senioren mit ihrer Familie, müssen sie bei ihrer Rückkehr einen Test machen
Darum gebe es in der Einrichtung etwa einen kleinen Weihnachtsmarkt für die einzelnen Wohnbereiche. An Weihnachten gibt es außerdem ein festliches Mahl und die Mitarbeiter machen Musik. Ein bisschen Normalität. Denn: „Für unsere Bewohner könnte es das letzte Weihnachten sein“, gibt Löckelt zu bedenken.
Er rechnet damit, dass dennoch rund zehn Prozent der 80 Bewohner das Weihnachtsfest im Kreise der Familie zu Hause verbringen werden. Wenn die Senioren dann zurück in die Einrichtung kommen, müssen sie einen Test machen, wenige Tage später dann einen zweiten – so steht es in der Corona-Schutzverordnung.
Geschäftsführer: Rückhalt in der Politik fehlt
Diese Regeln gelten aktuell für Senioreneinrichtungen
Laut Corona-Schutzverordnung muss das Personal in Pflegeeinrichtungen alle drei Tage getestet werden.
Beim direkten Kontakt mit Pflegebedürftigen müssen die Beschäftigten FFP2-Masken tragen.
Auch Besucher müssen FFP2-Masken tragen. Vor ihrem Besuch sollte ihnen ein Schnelltest angeboten werden.
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Auch jeder Besucher des Quartierzentrums Herbede müsse sich einem Schnelltest unterziehen. Personell bedeute das einen „extremen Aufwand“, so Löckelt. „Aber wenn ich das Virus im Haus habe, wird es noch schlimmer.“ Auch an den Feiertagen werde es ausreichend Kapazitäten geben, zu testen. Alle Mitarbeiter hätten sich bereit erklärt, zu arbeiten, lobt Löckelt das Engagement.
Von der Politik fühlt sich der Geschäftsführer indes alleingelassen. „Ich muss mich darum kümmern, irgendwoher Schnelltests zu bekommen, und darf pro Test nur sieben Euro ausgeben“, ärgert er sich. „40 Prozent der Corona-Toten kommen aus Altenheimen“, ergänzt er. Und dennoch würden an Weihnachten die Regeln gelockert.
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Zu einem Appell, sich vor Weihnachten etwa in Selbstquarantäne zu begeben, lässt er sich allerdings nicht hinreißen. „Seit zehn Monaten haben wir Corona. Die, die es verstehen wollen, haben verstanden, was sie tun sollten. Bei allen anderen bringen auch Engelszungen nichts“, so Löckelt deutlich. Seiner Erfahrung nach zeigten sich die Besucher des Altenheims in der Regel einsichtig.
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