Witten. Die Berufsschulen in Witten sehen sich nicht als Infektionsherde. Dennoch geht das größte Kolleg jetzt in den Distanzunterricht – aber wie lange?
Immer lauter wird der Ruf nach Distanzunterricht – gerade für Berufskollegs. Zwar kommen die Berufsschulen in Witten derzeit noch gut weg, was die Zahl der bekannten Corona-Fälle angeht. Dennoch schaltet das mit fast 3000 Schülern größte Berufskolleg am Ort nun auf digitales Lernen um, zumindest für einen Tag.
„Wir nutzen unseren pädagogischen Tag und werden alle Schüler aus der Distanz unterrichten“, sagt Olaf Schmiemann, der das Berufskolleg an der Husemannstraße leitet. Zuvor hatte der Verband deutscher Berufsschullehrer von der Landesregierung gefordert, den Berufskollegs das grundsätzlich zu ermöglichen .
Distanzunterricht soll Quarantäne für Schüler des Berufskollegs Witten vermeiden
Was hinter der Idee steckt: Viele Betriebe haben sich beim Berufskolleg gemeldet und sich weniger Präsenz ihrer Auszubildenden vor Ort in der Schule gewünscht . Dabei haben die Firmen weniger Angst vor einer Infektion. Vielmehr befürchten sie den Arbeitsausfall, falls einer ihrer Azubis für 14 Tage in Quarantäne muss.
Letztere könnte auch für die Schüler selbst unangenehme berufliche Folgen haben, etwa wenn eine Prüfung bevorsteht. „Abschlussprüfungen an der IHK können nicht online absolviert werden“, sagt Kolleg-Leiter Schmiemann. Befinde sich ein Schüler in Quarantäne, könne er die Prüfung im schlimmsten Fall nicht machen.
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Um das Ansteckungsrisiko zu verringern, soll das Online-Lernen verstärkt werden. An diesem Donnerstag wird nun geguckt, wie gut das schon funktioniert. Die Vorbereitungen laufen bereits seit ein paar Wochen. Eine Umfrage unter den Schülern hat ergeben, dass 400 allein die technischen Voraussetzungen dafür zuhause fehlen.
Zum einen können in solchen Fällen vielleicht die Betriebe helfen. Schmiemann: „Einige Firmen sagen, dass die Schüler die Geräte in den Büros nutzen und so am Distanzunterricht teilnehmen können.“ Außerdem will der EN-Kreis dem Kolleg bis Ende des Jahres rund 600 Tablets zur Verfügung stellen.
Kollegs in Witten sind keine Infektionsherde
Der Testlauf hänge aber nicht etwa mit aktuellen Infektionszahlen in der Schule zusammen, betont der Leiter des Berufskollegs. Er habe dem Gesundheitsamt am 12. November zwölf positive Fälle gemeldet. „Bei 2800 Schülern ist das nicht allzu viel.“ Nur einmal habe es zwei Fälle innerhalb einer Klasse gegeben. Ansonsten sei immer nur eine Person einer Lerngruppe betroffen gewesen. Von Infektionsherden oder Corona-Hotspots könne also keine Rede sein.
Das Comenius-Kolleg an der Pferdebachstraße ist eigenen Angaben zufolge bislang nicht von der Pandemie betroffen. Dort habe es bisher keinen einzigen Coronafall gegeben. „Da spielt sicher auch ein bisschen Glück mit“, sagt Direktor Uwe Gronert. Aber nicht nur. Schüler, die sich nicht wohlfühlen, können schon vorsorglich am Unterricht aus der Ferne teilnehmen. Gronert selbst unterrichtet so bereits 100 der 280 Schüler für zwei Stunden in der Woche.
Schüler können sich dauerhaft mobilen Unterricht vorstellen
335 Schüler in Witten in Quarantäne
Im Kreis befinden sich derzeit 872 Schüler in Quarantäne, davon 335 an 14 Schulen in Witten.
Betroffen sind neben neben dem Berufskolleg die Dorf-, Hellweg-, Crengeldanz-, Kämpen-, Pestalozzi-, Freiligrath-, Otto-Schott-, Adolf-Reichwein-, Helene-Lohmann-, Holzkamp- und Hardensteinschule sowie das Albert-Martmöller- und Schiller-Gymnasium.
Am Berufskolleg sind einige Schüler das Lernen und Arbeiten aus der Distanz schon gewohnt. „Unsere Informatiker arbeiten auch in ihren Betrieben an drei Tagen in der Woche im Homeoffice “, so Schulleiter Olaf Schmiemann.
Bei einer Umfrage am Comenius-Kolleg gaben 25 Prozent dieser Schüler an, durch den Distanzunterricht mehr als im Präsenzunterricht zu lernen. 70 Prozent erklärten, sich dieses digitale Lernen von zuhause auch nach der Pandemie vorstellen zu können. „Ich glaube, die Zahlen zeigen, dass wir hier auch auf Dauer mobil unterrichten können, wenn es die Regierung zulässt“, so Schulleiter Uwe Gronert.
Auch weitere Schulleiter forderten schon andere Unterrichtsformen . Michaela Lohrmann von der Pestalozziförderschule sagte vor kurzem, sie fände es gut, wenn wieder in kleinen Gruppen unterrichtet werde. Auch Dirk Gellesch vom Ruhr-Gymnasium zeigte sich in der Vergangenheit optimistisch, dass das digitale Lernen funktionieren kann. Der Druck auf die Landesregierung wird größer.