Witten. In NRW wird seitens der Regierung auf Präsenzunterricht gepocht. Einige Schulleiter aus Witten sehen das kritisch und fordern mehr Flexibilität.

Die Entscheidung der Landesregierung, trotz der steigenden Coronazahlen am Präsenzunterricht festzuhalten und geteilte Klassen zu verbieten, sorgt in Witten für Diskussionen. An acht Schulen ist zur Zeit – wegen positiver Fälle – zum Teil Distanzunterricht angesagt. Die Schulleiter würden gerne schon vorsorglich andere Unterrichtsmodelle anbieten. Es gibt aber auch Direktoren, die das Lernen vor Ort bevorzugen.

Mit dieser Fotomontage macht Uwe Gronert vom Comenius Berufskolleg in Witten auf seine Haltung zum Thema Präsenzunterricht aufmerksam. Zu sehen ist sie etwa auf der Schulhomepage.  
Mit dieser Fotomontage macht Uwe Gronert vom Comenius Berufskolleg in Witten auf seine Haltung zum Thema Präsenzunterricht aufmerksam. Zu sehen ist sie etwa auf der Schulhomepage.   © Uwe Gronert | Uwe Gronert

„Ich kann ganz ehrlich nur mit dem Kopf schütteln und diese Entscheidung nicht verstehen“, sagt Uwe Gronert, Direktor am Comenius-Berufskolleg. Er könnte den Unterricht sofort auf digital umstellen, sodass weniger Menschen aufeinander treffen. „Von jetzt auf gleich würden wir die Kontakte um 50 Prozent herunterfahren. Aber man lässt uns ja nicht“, beklagt Gronert. Er wünscht sich mehr Vertrauen in die Schulleiter – denn nur diese wüssten wirklich, was für die jeweilige Schule am besten sei.

Schulleiter aus Witten schlägt A-und-B-Wochen vor

Auch Dirk Gellesch vom Ruhr-Gymnasium (RGW) ist wenig begeistert von dem Entschluss der Regierung. „Es ist zu verstehen, dass man Schulen und Kitas möglichst lange auflassen will“, sagt er. Das Virus mache aber eben auch vor diesen Einrichtungen nicht halt. Als Lösung schlägt er vor, dass die Klassen wieder geteilt werden und dass diese sich dann wochenweise abwechseln.

+++Alle Nachrichten zum Coronavirus in Witten lesen Sie in unserem Newsblog!+++

Am RGW arbeitet man mit digitalen Lernplattformen wie moodle. So kann jeder problemlos von zu Hause aus „büffeln“ und das Infektionsrisiko für die Schüler würde sich minimieren. Denn auch diese machen sich ihre Gedanken, wie Gellesch berichtet. So habe etwa ein Junge der fünften Jahrgangsstufe entschieden, sich in den kommenden Wochen privat nur noch mit drei ausgewählten Menschen zu treffen, um sich und seine Familie zu schützen.

Distanzunterricht an Grundschulen deutlich schwieriger

Was an der einen Schule funktioniert, kann woanders ganz anders aussehen. Zum Beispiel an den Grundschulen – wie der Bruchschule. Dort sind derzeit zwei Klassen in Quarantäne. Der Distanzunterricht läuft hier ganz anders und schwieriger ab. Videokonferenzen auf hochwertigen Tablets oder Laptops? Fehlanzeige. „Die Schüler haben noch gar nicht das technische Wissen und auch nicht immer die Ausstattung“, sagt Schulleiterin Susanne Daum.

Deshalb unterstützen zum Beispiel ältere Schüler die jüngeren, indem sie ihnen am Telefon helfen. An die Einhaltung der Lehrpläne sei aber nicht mehr zu denken. Daher freut sie sich über jeden Tag, an dem vor Ort unterrichtet werden kann. „Wir müssen jede Minute, die wir in der Schule sind, nutzen. Der Stoff muss dann für den Fall der Fälle eben zu Hause vertieft werden“, so Daum.

Helene-Lohmann-Realschule befürwortet Unterricht vor Ort

An diesen Schulen gibt es aktuell Distanzunterricht

Einen Coronafall gibt es nun auch am Albert-Martmöller-Gymnasium. Dieser betrifft die Q2, also die 12. Klasse. Weiterhin sind entweder ganze Klassen oder auch nur einzelne Schüler an folgenden Schulen im Distanzunterricht: Bruchschule, Holzkamp-Gesamtschule, Pestalozzi-Förderschule, Hellweg Grundschule, Freiligrath-Hauptschule, Otto-Schott-Realschule sowie das Berufskolleg. Wie der Kreis am Freitag mitteilte, seien bei einzelnen Schulen „noch zusätzliche Einzelfälle in anderen Jahrgangsstufen hinzugekommen“.

Auch bei den Kitas sind noch entweder einzelne Gruppen oder die ganze Einrichtung zu Hause. Betroffen sind das Matthias-Claudius-Haus, die Awo-Kitas Schellingstraße, Crengeldanz und Heven sowie die Kita Vormholz.

Auch an der Helene-Lohmann-Realschule ist man froh, dass man noch vor Ort unterrichten kann. „Bei uns läuft es gut“, sagt der stellvertretende Rektor Christian Bockelbrink. Vor allem für das soziale Miteinander sei es wichtig, in die Schule zu kommen. Aber: „Wenn wir zum Beispiel am Montag einen Fall haben, sagt man im Nachhinein vielleicht auch, dass es besser gewesen wäre, die Klassen zu teilen.“

Mehr Flexibilität würde sich Michaela Lohrmann von der Pestalozzischule wünschen. Hier lernt derzeit eine Klasse von zu Hause aus. Schon vor den Sommerferien war an der Förderschule Pauken aus der Ferne angesagt. So kam der eine Teil der Schüler für zwei Tage in die Schule und vertiefte den Stoff dann an den anderen drei Tagen zu Hause – und andersrum. Das Feedback von Eltern und Schülern sei sehr gut gewesen, so Lohrmann. Deswegen sagt auch sie: „Ich fände es gut, wenn wir wieder in kleineren Gruppen unterrichten könnten.“

Hier gibt es mehr Artikel, Bilder und Videos aus Witten.