Witten. An der Himmelohstraße in Witten entsteht bald ein Neubaugebiet. So weit, so gut. Ein 500 Jahr alter Bauernhof muss nun für 13 Häuser weichen.

  • Ein Neubaugebiet entsteht in Witten-Stockum : Dafür mus ein 500 Jahre alter Bauernhof weichen.
  • Zwölf Einfamilienhäuser und ein Mietshaus sollen in Witten-Stockum in dem Neubaugebiet entstehen. Auch auf dem Grundstück, an dem heute noch ein 500 Jahre alter Bauernhof steht.
  • „Der Abriss ist für mich die schwerste Entscheidung meines Lebens“, sagt der Bauherr Dirk Janssen. Der Stockumer ist auf dem Hof der Großeltern Martha und Alfred Schraer großgeworden, hat ihn teilweise selbst bewirtschaftet. Nun weicht der 500 Jahre alte Bauernhof einem Neubaugebiet in Witten .

Witten-Stockum wächst. Auf der Wiese hinter dem dorfbekannten Bauernhof Schraer an der Himmelohstraße entstehen zurzeit zwölf frei stehende Einfamilienhäuser sowie ein Mehrfamilienhaus mit sechs Mietwohnungen. Die dazugehörige neue Straße „Schraerweg“ ist bereits angelegt. Für das Neubaugebiet wird allerdings ein Bauernhaus mit über 500-jähriger Geschichte abgerissen, ein Stück altes Stockum.

Neubaugebiet Witten: Alter Bauernhof muss weichen

Mit gehörigem Tempo verwandelt sich das einstige Ackerland in ein Baugebiet. Die zwölf Grundstücke wurden in einem Bieterverfahren an junge Familien verkauft. Über den Kaufpreis schweigt Dirk Janssen, der das Land seiner Vorfahren vor etwa einem halben Jahr in Eigenregie veräußert hat.

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Familien können sich nun auf ihrer Scholle ein Haus nach eigenem Geschmack setzen. „Manche bauen massiv, manche in Fertigbauweise“, sagt Janssen, „manche mit Keller, manche ohne." Ende letzter Woche zum Beispiel konnte man fast zusehen, wie ein Tieflader ein komplettes Haus über die Himmelohstraße anlieferte.

Neubaugebiet Witten: Bauboom im Dorf mit Autobahnanschluss

In Wittens kleinstem Stadtteil herrscht seit langem ein regelrechter Bauboom: Gute geografische Lage, prima Nahversorgung, Autobahnanschluss und Dorfcharakter mit wenigen sozialen Problemen – wo findet man das schon. Familien beziehen ihr neues Eigenheim am Rosenthalring oder an der Mittelstraße. An der Himmelohstraße, Ecke Hörder Straße, baute das Architekturbüro Frielinghaus kürzlich „Oberklasse-Eigentumswohnungen“.

Dieses Foto entstand in den 1970er Jahren. Darauf sind noch die alten Bauersleute zu sehen: die Großeltern des heutigen Besitzers Dirk Janssen, Martha und Alfred Schraer mit seinen Eltern Helga und Lenhard Janssen. Nun soll der 500 Jahre alte Bauernhof in Witten einem Neubaugebiet weichen.
Dieses Foto entstand in den 1970er Jahren. Darauf sind noch die alten Bauersleute zu sehen: die Großeltern des heutigen Besitzers Dirk Janssen, Martha und Alfred Schraer mit seinen Eltern Helga und Lenhard Janssen. Nun soll der 500 Jahre alte Bauernhof in Witten einem Neubaugebiet weichen. © Davide Bentivoglio

„Es ist doch schön, dass so viele junge Leute nach Stockum ziehen “, sagt Wolfgang Lippert, der sich als Vorsitzender des Heimatvereins für die Geschichte des Ortsteils interessiert. Dazu zählt auch der Bauernhof der Familie Schraer.

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Viele kennen das Gebäude an der Himmelohstraße, das unten rot geklinkert und oben mit grünem Holz verkleidet ist – und im Frühjahr 2021 abgerissen werden soll. Besitzer Dirk Janssen baut an dieser Stelle ein Mehrfamilienhaus mit Mietwohnungen.

Neubaugebiet Witten: Sanierung des Bauernhofs wäre zu teuer geworden

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„Der Abriss ist für mich die schwerste Entscheidung meines Lebens“, sagt der Bauherr. Der Stockumer ist auf dem Hof der Großeltern Martha und Alfred Schraer großgeworden, hat ihn teilweise selbst bewirtschaftet. Doch der Sanierungsaufwand des Gehöfts sei riesig. Eigentlich wollte Dirk Janssen ihn restaurieren lassen. Die Pläne seien aber an der finanziellen Machbarkeit gescheitert. Zudem hätten sich seine privaten Pläne geändert. Mittlerweile wohnt der Mitarbeiter der Wittener Stadtwerke mit seiner Frau im Münsterland. So fiel schweren Herzens der Entschluss zu einem Abriss mit Neubebauung .

Noch ein Neubauprojekt in Witten: An der Himmelohstraße, Ecke Hörder Straße, in Stockum sind kürzlich diese neuen Häuser mit Eigentumswohnungen entstanden.
Noch ein Neubauprojekt in Witten: An der Himmelohstraße, Ecke Hörder Straße, in Stockum sind kürzlich diese neuen Häuser mit Eigentumswohnungen entstanden. © Hans Blossey

Hof steht seit über 500 Jahren in Stockum

Der Schraer Bauernhof wird um 1540 erstmals unter dem Namen „die Weser“ erwähnt. 1677/78 taucht er als Hof „Spiekermann“ in den Unterlagen auf, so die Heimatfreunde Stockum/Düren.

Die Eheleute Emil und Alwine Schroer übernahmen 1919 übernahmen den Hof von den kinderlosen Spiekermanns. Deren Tochter Martha Schroer heiratete Alfred Schraer, Tochter Helga wiederum Lehnhard Janssen. Dieser bewirtschaftete im Nebenerwerb bis zu seiner schweren Erkrankung einige Jahre den Hof. Das Ehepaar Janssen hat eine Tochter und einen Sohn, Dirk, den heutigen Besitzer.

Das über 200 Jahre alte Hofgebäude war ursprünglich ein Fachwerkhaus und wurde erst 1930 in Ziegelbauweise umgestaltet. Ein Teil des Gebäudes erhielt 1975 eine Isolierplattenfassade, um es vor Feuchtigkeit zu schützen.

In Stockum kommt diese Entscheidung teilweise nicht gut an. „Ich kann diese Kritik sogar nachvollziehen“, sagt Dirk Janssen. „Es ist es schwer zuzusehen, wie ein altes Bauernhaus zugunsten eines Neubaugebiets fällt.“ Dabei findet Hobbyhistoriker Wolfgang Lippert den Abriss vertretbar. „Die Bausubstanz des Gebäudes war schlecht. Teilweise war es mit Plastikplatten verkleidet.“ Etwas anderes sei es, wenn ein gut erhaltenes Gebäude wie der Gerdeshof vorm Abriss stünde. Lippert: „Das würden wir nie zulassen.“

Neubaugebiet in Witten: Straßennamen erinnern an Gehöfte

Und ein bisschen Schraer Familiengeschichte wird ja bleiben. Die Stadt Witten hatte sich an den Heimatverein gewandt und um einen Vorschlag für die neue Stockumer Straße gebeten. Deshalb stehen die Neubauten künftig am „Schraerweg“. Damit führt das Dorf im Wandel eine Tradition fort. Auch Straßennamen wie „Pleugerweg“, „Kellerhofstraße“ oder der „Spiekermannweg“ erinnern an einstige Bauernhöfe.

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