Witten. Die Seniorenheime begrüßen die neuen Corona-Schnelltests. Diese kosten das Pflegepersonal aber Zeit. Warum nicht jeder Gast getestet werden kann.

Wittener Seniorenheime begrüßen zwar die neuen Corona-Schnelltests, die nun verpflichtend sind. Sie glauben aber, dass auch mit ihnen keine absolute Sicherheit in ihren Häusern herzustellen ist.

Im Awo-Heim an der Egge wurden die examinierten Pflegekräfte in dieser Woche von Hausarzt Dr. Daniel Pötter geschult. Die Tests seien über den Awo-Verbund für ihr Haus bestellt worden, sagt Leiterin Marie-Luise Taylor. Besucher werde man aber nur testen, wenn sie Krankheitssymptome zeigten, etwa „eine Rotznase, eine erhöhte Temperatur oder Ohrenschmerzen“. Falle der Schnelltest, der nach rund 15 Minuten ein Ergebnis liefert, negativ aus, dürften Gäste das Heim besuchen. „Obwohl ich das mit solchen Beschwerden nicht gut finde“, so Taylor.

Das Konzept ihrer Einrichtung sei, dass Bewohner und Mitarbeiter alle 14 Tage getestet werden sollen. Klar sei auch, dass die Corona-Schnelltests ihre ohnehin schon sehr beanspruchten Pflegefachkräfte noch mehr belasteten. „Denn die Test-Möglichkeiten müssen wir ja an sieben Tagen in der Woche rund um die Uhr anbieten. Das ist Wahnsinn.“ Dafür gebe es zu wenig Personal. Taylor: „Für die Tests werden Mitarbeiter Überstunden machen müssen.“

Heimleiter aus Witten: „Unsere Aufgabe besteht nicht darin, stundenlang Angehörige zu testen“

Andreas Vincke (56), Einrichtungsleiter der Feierabendhäuser in Witten, ärgert es, dass die Politik mit der Einführung der Corona-Schnelltests in Heimen den Eindruck erwecken wolle, dass die Häuser so sicher seien.
Andreas Vincke (56), Einrichtungsleiter der Feierabendhäuser in Witten, ärgert es, dass die Politik mit der Einführung der Corona-Schnelltests in Heimen den Eindruck erwecken wolle, dass die Häuser so sicher seien. © FUNKE Foto Services | Barbara Zabka

Auch Andreas Vincke, Chef der Feierabendhäuser an der Pferdebachstraße, betont, dass es nicht möglich sein werde, alle 200 bis 250 wöchentlichen Besucher seines Seniorenheims zu testen. „Das dauert pro Test rund 30 Minuten. Unsere Aufgabe besteht nicht darin, stundenlang Angehörige zu testen und diese Kapazitäten dann aus der Pflege abzuziehen.“ Jeder Mitarbeiter werde einmal wöchentlich einen Corona-Schnelltest machen. Die Bewohner sollten ein- bis zweimal im Monat getestet werden. Vincke: „Derzeit haben wir aber noch gar keine Schnelltests.“

Ihn ärgert, dass die Politik durch die Einführung von Schnelltests in Heimen den Eindruck erwecken wolle, dass die Häuser sicher seien. „Dem ist nicht so, mal abgesehen davon, dass wir auch keine Angehörigen zu Tests zwingen können“, sagt der Leiter der Feierabendhäuser. Auch Tests bei Altenheimbewohnern mit Demenz seien eine schwierige und manchmal auch unmögliche Sache. „Die Menschen verstehen ja gar nicht, was da mit ihnen passiert. Bei ihnen ist es oft schon schwierig, die Körperpflege durchzuführen.“

Awo-Seniorenzentrum Egge hatte eine infizierte Bewohnerin und eine infizierte Mitarbeiterin

Vincke will aber nicht missverstanden werden. Er freue sich grundsätzlich über die Testmöglichkeiten. „Das ist schon der richtige Ansatz.“ Man könne es jetzt schnell abklären, wenn ein Mitarbeiter sich unwohl fühle oder ein Bewohner erkältet sei. „Aber für mich ist es problematisch, dass der Eindruck erzeugt werden soll, dass Heime durch diese Tests sicherer werden.“ Es bleibe weiterhin ein Restrisiko für Corona-Infektionen in den Einrichtungen. „Wir hatten zum Glück noch keinen Coronafall.“

Das Awo-Seniorenzentrum Egge hatte bislang eine infizierte Bewohnerin, bei der Corona während eines Klinik-Aufenthaltes im März festgestellt wurde, sowie eine infizierte Mitarbeiterin. Beide Frauen seien genesen, so Leiterin Marie-Luise Taylor.

Nur medizinisches Fachpersonal darf Antigen-Schnelltests durchführen

Jedes Seniorenheim im EN-Kreis muss dem Kreisgesundheitsamt jetzt ein Testkonzept vorlegen, aus dem hervorgeht, wie genau in der Einrichtung getestet werden soll. Diese Konzepte kämen jetzt nach und nach rein, so Bernd Biewald, beim EN-Kreis zuständig für die Heimaufsicht. In NRW sollen in vollstationären Einrichtungen die Bewohner, das Personal sowie Besucher getestet werden, bei ambulanten Pflegediensten nur die Beschäftigten.

Die sogenannten Antigen-Schnelltests dürfen nur durch medizinisches Fachpersonal mit einer abgeschlossenen dreijährigen Berufsausbildung vorgenommen werden. Dieses muss vorab für die fachgerechte Durchführung geschult werden. Bernd Biewald sagt mit Blick auf die mittlerweile 22 Menschen aus zwei Herdecker Altenheimen, die an einer Corona-Infektion starben: „Ich hoffe inständig, dass wir mit den Corona-Schnelltests in den Seniorenheimen Erfolge erzielen.“

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