Essen. Besuchsverbote für Pflegeheime sollen in NRW auch durch den Einsatz von Schnelltests verhindert werden. An der Umsetzung gibt es aber Kritik.
Beim Einsatz von Corona-Schnelltests in Pflegeheimen hapert es mächtig. Betreiber kritisieren, dass die vor einer Woche ermöglichten Antigentests weder bereits in der Fläche vorhanden noch die volle Refinanzierung und der Personaleinsatz geklärt seien.
„Das ist mal wieder eine Verordnung, die im Vorfeld nicht mit Praktikern abgestimmt worden ist“, meint Roland Weigel von der Ruhrgebietskonferenz Pflege. Es gebe noch viele offene Fragen, die bereits vor Wochen hätten geklärt werden müssen.
Betreiber: Das Thema Schnelltests nicht einfach bei uns abladen
Elke Hammer-Kunze, Pflegefachfrau in der Freien Wohlfahrt NRW, warnt davor, zu früh nur auf Schnelltests zu setzen: „Es kann nicht sein, dass man das Thema bei den Pflegeheimen ablädt und alle anderen Partner aus dem Spiel nimmt“, sagt sie und unterstreicht, dass kein Pflegeheim solche harten Besuchsverbote erleben möchte wie im Frühjahr. „Wir werden diese Aufgabe nur zusammen stemmen.“
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Träger könnten millionenfach in NRW-Heimen testen
Altenheimen können monatlich maximal bis zu 20 Schnelltests je Bewohner für die Pflegebedürftigen selbst, Besucher und Mitarbeiter einzusetzen. So sollen Besuchsverbote verhindert, zugleich Bewohner bestmöglich in der Pandemie geschützt werden.
Träger der Freie Wohlfahrtspflege in NRW haben einmal nachgerechnet: Bei durchschnittlich 81 Bewohnern je NRW-Heim komme eine ordentliche Summe nötiger Tests zusammen, sagt Hammer-Kunze: „Rein rechnerisch benötigen wir bei rund 2500 Einrichtungen über vier Millionen Tests“, sagt die Vize-Chefin der Awo Westliches Westfalen, „und das jeden Monat.“
Sicher, das ist nur eine theoretische Größe, aber Fragen werfe sie durchaus auf: Was passiere, wenn ein Träger nicht an genügend Tests komme, fragt Hammer-Kunze. „Wer trägt die Verantwortung?“
Laschet: Schnelltests sollen Standard in NRW-Pflegeheimen werden
Es sind Punkte wie dieser, die viele in der Pflege in NRW umtreiben, seit jüngst die Verordnung zum Einsatz der Schnelltests veröffentlicht wurde. Das Land will diese Tests zum „Standard in den Pflegeheimen“ machen, wie NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) noch am Dienstag unterstrich. Sie sollen helfen, dass die in der Pandemie gefährdeten Pflegebedürftigen geschützt, aber nicht isoliert sind.
Lange waren Heime im Infektionsfall auf die überlasteten Gesundheitsämter und die länger dauernden „PCR-Tests“ angewiesen. Die Schnelltests sollen sie selbst vornehmen. In der Praxis hapert es an Details. So sollen medizinische Fachkräfte testen – das Pflegepersonal aber hat dafür kaum Zeit. Träger rechnen damit, dass sie zwischen einem und vier Mitarbeiter fürs Testen freistellen müssten – „unmöglich“, heißt es.
Testkonzepte der Heime mögen zwar vorliegen, aber längst nicht überall die Tests. Denn Fragen zur Finanzierung seien noch zu klären, heißt es aus der Branche: Erstattet werden nach Angaben von Heimbetreibern sieben Euro je Test – gehen Marktpreise darüber, so die Sorge, stehen die Träger in der Pflicht. Und unklar zwischen Bund und Land bleibe, wer durchgecheckt werden soll: Menschen mit Symptomen oder alle?
Forderung: Bisherige Testverfahren vorerst beibehalten
Für Elke Hammer-Kunze von der Awo sprechen all diese Gründe dafür, die Heime nicht zu schnell alleinzulassen. Sie plädiert dafür, dass sich die Einrichtungen wie bisher im Fall einer Infektion im Haus ans Gesundheitsamt wenden können, um PCR-Tests aller Bewohner zu ermöglichen. In der ab Donnerstag geltenden neuen NRW-Besuchsregel finde sich das allerdings nicht mehr.
Das Gesundheitsministerium stellt aber klar: Regelhafte PCR-Tests des Personals und der Bewohnerschaft haben noch bis zum 8. November in jenen Pflegeheimen zu erfolgen, die in Gebieten mit vielen Infektionen liegen. Nach dem 8. November würden durch eine Regelung des Bundesministeriums für Gesundheit alleine Vor-Ort-Antigentests über den Gesundheitsfonds erstattet.
Appell: Bestellungen auf ein sinnvolles Maß beschränken
Der Sorge vor einem Mangel an Tests begegnet das NRW-Ministerium mit einem Appell: Der Bund habe für Oktober und November 13,75 Millionen Tests bei den Herstellern reservieren lassen.
Um zu gewährleisten, dass alle Einrichtungen mit einem Bedarf an Schnelltests diese auch erwerben können, bittet das MAGS darum, die Bestellungen auf ein sinnvolles Maß zu beschränken: „Durch etwaiges Bunkern können Engpässe forciert werden.“