Witten. An Tag eins des „Lockdown light“ wirkt die City in Witten viel leerer als sonst. Kein Kaffee draußen, keine Mittagspause beim Italiener.

Die Bahnhofstraße in Witten ist an diesem Montagmorgen (2.11.) fast verwaist. Keine Stühle vor den Restaurants und Cafés, keine Menschen, die beieinander sitzen und die wenn auch trübe, so doch milde Herbstluft genießen. Der Teil-Lockdown – Tag eins - legt das gesellschaftliche Leben lahm und in der City herrscht fast schon Totenstimmung.

Die verschärften Corona-Auflagen, die kein Aufenthalt mehr in Lokalen und Cafés gestatten, zeigen bereits am ersten Tag Wirkung. Allein oder höchstens zu zweit und in der Familie schlendern die Passanten mit Masken über die Bahnhofstraße. So richtig was erleben kann man nicht. Der Berliner Platz: komplett leer geräumt. Da, wo sonst die Stühle und Tische unter den großen roten Sonnenschirmen vom Café Extrablatt zum Essen und Trinken einladen, herrscht jetzt gähnende Leere.

Die Kunden bleiben im Einzelhandel in Witten schon am ersten Tag aus

Gerade mal zwei Kunden am Morgen! Sigrid Grünebaum (links) und Tochter Kirsten Bonanati-Grünebaum vom Schuhladen Grünebaum in Witten haben am Montag (2.11) nicht wirklich viel zu tun.
Gerade mal zwei Kunden am Morgen! Sigrid Grünebaum (links) und Tochter Kirsten Bonanati-Grünebaum vom Schuhladen Grünebaum in Witten haben am Montag (2.11) nicht wirklich viel zu tun. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Direkt gegenüber ist der Schuhladen Grünebaum. Aber auch auf Shoppen haben die Leute offensichtlich wenig Lust. „Ich habe heute Morgen erst zwei Kunden bedient“, sagt Kirsten Bonanati-Grünebaum. Ihr fehlen zum Beispiel die Gäste des Extrablatts, die nach ihrem Frühstück oder Mittagessen gerne mal im Laden vorbeischauen. „Die Gastronomie ist auch für uns immer ein Gewinn“, sagt Inhaberin Sigrid Grünebaum. Auf dieses belebende Umfeld müssen sie nun einen ganzen Monat verzichten.

Dennoch sind die Einzelhändler in Witten froh, dass sie – anders als noch im Frühjahr – nicht direkt vom Lockdown betroffen sind. „Gott sei Dank dürfen wir diesmal offen bleiben“, sagt Heike Sauerwald von der Tandem Transit Boutique in der Berliner Straße. Für sie ist es ein ganz normaler Montag. Der Laden werde ihr nicht eingerannt. Es herrsche aber auch nicht weniger Andrang als sonst. Vor allem am Wochenende seien die Menschen noch mal gekommen.

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Heike Sauerwald vom Modegeschäft Transit Tandem ist froh, dass sie diesmal nicht schließen muss.
Heike Sauerwald vom Modegeschäft Transit Tandem ist froh, dass sie diesmal nicht schließen muss. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Was Heike Sauerwald vor allem die letzten Tage gespürt hat: „Wir sind mittlerweile viel mehr Seelsorger als Verkäufer.“ Die Kunden würden das Gespräch suchen und bedauern, dass nun auch noch im sowieso schon tristen Monat November das Lebern derart heruntergefahren wird.

Keine lebhaften Gesprächein der Fußgängerzone in Witten

Insgesamt ist der Teil-Lockdown in Witten deutlich zu spüren. Lebhafte Gespräche vor den Restaurants und Imbissbuden? Fehlanzeige. Nix mit Kaffee, Kuchen und Eisbecher – trotz der milden Temperaturen. So richtig scheinen die Leute gar nicht zu wissen, was sie in der Einkaufsstraße wollen.

Auch in den Bäckereien darf man sich nicht mehr hinsetzen. Den Kaffee gibt’s nur noch „to go“, und wenn man will die Rosinenschnecke oder das Schinkenbrötchen auf die Hand dazu. „Hinsetzen geht nicht mehr“, sagt die Verkäuferin der Bäckerei Büsch im Bahnhof.

Dafür ist jetzt ist wieder Plastik angesagt: Da auch in der Gastro-Meile der Stadtgalerie sämtliche Stühle und Tische weggeräumt sind, Chinese, Pakistani und Türke ihre Food-Stände aber geöffnet haben, holt man sich das Essen halt ab.

Und was übrig geblieben ist vom Wochenende, als die Wittener noch mal ausgingen, kann man in Zeiten der Nachhaltigkeit auch vor die Tür stellen – so wie das Extrablatt am Montag. Blaue Kisten mit Zitronen und Möhren, Brot, Milchtüten und Senfflaschen – es sah fast ein bisschen wie bei der Tafel aus, nur nicht so schön.

Innenstadt ohne Gastronomie? Längst gehören Bummel und Bier, Kleider gucken und Kaffee trinken zusammen. Was die Schuhhändlerin zu spüren bekommt, merkt auch der Optiker. „Wir haben schon heute deutlich weniger zu tun“, sagt Patrick Spengler am Montag. Kein Wunder, dass er mit weniger Umsatz in diesem Monat rechnet.

Kellnerin vom Café Extrablatt liest jetzt eben Bücher

Erwartet im November weniger Umsatz: Patrick Spengler, Geschäftsführer bei Optik Spengler, hat schon am ersten Tag des Lockdowns weniger Kunden.
Erwartet im November weniger Umsatz: Patrick Spengler, Geschäftsführer bei Optik Spengler, hat schon am ersten Tag des Lockdowns weniger Kunden. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Aber lieber weniger Umsatz als gar keinen. Die Cafés und Restaurants sind das eine, die jetzt wieder für einen Monat in den vorgezogenen, vom Staat subventionierten Winterschlaf versinken, die Angestellten das andere. Auf Betty, 26, Kellnerin im Extrablatt, warten jetzt wieder vier Wochen Kurzarbeit. Sie nimmt es erstaunlich gelassen. „So lange es dabei bleibt, ist alles gut. Dann lesen wir halt Bücher.“

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