Witten. Seit einem Jahr wohnen in einem Haus an der Crengeldanzstraße in Witten ältere suchtkranke Menschen zusammen. Wie lief es bisher?

Aus der Sucht zurück in die Gesellschaft. Unter diesem Motto wohnen seit August letzten Jahres ältere suchtkranke Menschen im Haus Nummer fünf der Crengeldanzstraße in Witten zusammen. Wie lief es bisher?

„Es war schon eine intensive Zeit“, sagt Heilpädagoge Jan Thies. Der 39-Jährige koordiniert das Projekt des Integra-Vereins. Das Ziel: Menschen, deren Leben durch die Sucht gezeichnet war, wieder einen geregelten Tagesablauf zu geben. Das Haus unterscheidet sich von anderen Häusern dieser Art, die oftmals außerhalb der Stadt liegen. Mitten in der Wohngegend der Crengeldanzstraße wohnen die Menschen in zwei Wohngemeinschaften mit jeweils fünf Bewohnern zusammen.

Derzeit wohnen sechs Menschen im Haus an der Crengeldanzstraße in Witten

Mittendrin: Die WG an der Crengeldanzstraße befindet sich nicht irgendwo außerhalb, sondern genau dort, wo das gesellschaftliche Leben stattfindet.
Mittendrin: Die WG an der Crengeldanzstraße befindet sich nicht irgendwo außerhalb, sondern genau dort, wo das gesellschaftliche Leben stattfindet. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald


Bis zu neun Personen wohnten innerhalb des vergangenen Jahres gegenüber des Marien-Hospitals. Derzeit sind es sechs – allesamt Männer. Die meisten kamen aus stationären Einrichtungen nach Witten. Dieter war der Erste. „Es ist sehr schön, dass immer jemand da ist“, sagt der 65-Jährige. In seiner vorherigen Einrichtung war er öfter alleine, jetzt hat er immer jemanden zum sprechen. „Das ist wichtig für die Menschen. Sie fühlen sich als Gemeinschaft“, sagt Thies.

Doch es gab auch traurige Momente. Ein Bewohner verstarb, zwei verließen die Wohngemeinschaft wieder. „Es gibt Leute, die können nicht mit mehreren Menschen zusammenleben“, so Projektkoordinator Thies.

Bewohner Thomas ist seit sieben Jahren trocken

Diejenigen, die geblieben sind, sind froh, dass sie diese Möglichkeit haben. Zumal es immer wieder schwierige Situationen gibt. So wie bei Thomas Feye. Innerhalb seiner WG gab es in der Zeit bereits Rückfälle. „Das war auch für mich nicht einfach“, erzählt der 57-Jährige. Doch stolz berichtet er, dass er mittlerweile seit sieben Jahren trocken sei. In der Zeit, wo andere rückfällig wurden und das unmittelbar in seiner Umgebung geschah, konnte er sich auf die Mitarbeiter verlassen, die ihm halfen.

Mittlerweile geht er sogar wieder in Gaststätten und auf Schützenfeste – den Alkohol rührt er dort aber nicht mehr an. Die Konfrontation mit solchen Situationen sind auch ein Erfolgsrezept des Projekts. Tagtäglich erleben sie nämlich wie zum Beispiel auf einem Platz direkt nebenan Alkohol konsumiert wird. Dass die WGs genau in dem Haus sind, in dem früher die Gaststätte „Domizil“ war, sorgt dabei schon für eine gewisse Ironie.

Es wird gekocht und kreativ gearbeitet

Thies kann sich auch an weitere Situationen erinnern, in denen die Bewohner direkt mit ihrer Krankheit konfrontiert wurden. „Am Anfang waren wir mal zusammen einkaufen.“ An der Kasse seien die Blicke der „Klienten“, so nennt Thies die Bewohner, aus alter Gewohnheit dann auf die kleinen Schnapsflaschen gegangen. „Wir haben ihnen danach angeboten, dass wir erst einmal für sie einkaufen gehen, wenn solche Situationen noch zu schwierig sind“. Auch wenn es wie in der WG von Thomas Feye zu Rückfällen kommt, werden diese gemeinsam aufgearbeitet.

Drei Mitarbeiter und studentische Praktikanten sorgen dafür, dass es einen geregelten Tagesablauf gibt. Dabei wird gekocht oder in der Werkstatt kreativ gearbeitet. Thomas Feye ist froh, dass er immer eine Beschäftigung hat. „Nachdem meine Mutter ins Pflegeheim kam, habe ich drei Jahre alleine gewohnt.“ Nach einiger Zeit habe er dann wieder zum Alkohol gegriffen. In der Wohngemeinschaft ist ihm das noch nicht passiert. Und das soll auch weiterhin so bleiben – mithilfe der Mitarbeiter und den weiteren Bewohnern des Hauses an der Crengeldanzstraße.


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