Witten. Dreist: Kletterer haben Felswände am Hardensteiner Weg in Witten mit Haken „bestückt“. Eine Online-Plattform weist weltweit auf die Wände hin.
Friedrich Oberste-Frielinghaus ist wütend. Der Bommeraner, Wittens größter privater Waldbesitzer, ist auch Eigentümer der Burgruine Hardenstein und des Waldes drumherum. Eine grüne Idylle, die Kletterer anzieht. Am Hardensteiner Weg, der von der Ruine in Richtung Muttental führt, wurden Felswände offenbar im Sommer von Unbekannten mit Haken und Ketten „bestückt“. „Eine Frechheit“, findet Oberste-Frielinghaus.
Glänzende Kletterhaken können aufmerksame Spaziergänger auf dem Hardensteiner Weg direkt an der Feldwand neben dem Zugang zum früheren Vereinigungsstollen sehen. Geht man einige Meter weiter in Richtung Muttental muss man sich ins Gebüsch schlagen, um mehr zu entdecken: Hohe Felswände, in denen Haken und Ketten stecken. Natürlich sei dies nicht erlaubt, betont Oberste-Frielinghaus, der selbst noch keine Sportler an den Felsen gesehen hat.
Plattform nennt Kletterern sogar mögliche Anfahrtswege zum Muttental in Witten
Dass diese sich dort treffen, steht aber fest, sagt seine Tochter Sandra. Sie ist im Internet auf die Plattform „the Crag“ („der Fels“) gestoßen, über die Klettergebiete weltweit zu finden sind – auch das Wittener Ruhrtal, auf der Plattform allgemein als Muttental bezeichnet. Dieses wird als Ziel für Sportkletterer beworben. „Sogar mögliche Anfahrtswege werden genau beschrieben.“
Die große Felswand am Hardensteiner Weg, die im Internet als Kletterwand vorgestellt wird, kennen ältere Wittener. Denn in dieser Wand ist der Kopf des ehemaligen Reichspräsidenten Paul von Hindenburg (1847-1934) zu sehen. Das ungewöhnliche Denkmal ist ein Werk des Hevener Steinmetz Gustav Oehler. Das Reliefportrait entstand 1930 in der Steilwand unweit der Burgruine Hardenstein durch die Arbeit Oehlers mit Hammer und Meißel. Hindenburgs Kopf blieb von Kletterhaken bislang verschont.
Kletterer fühlen sich auch von der Burgruine Hardenstein angezogen
Sandra Oberste-Frielinghaus hat einen Bekannten, „der jemanden aus der Kletterszene kennt“. Dieser habe erzählt, dass in Kletter-Kreisen behauptet werde, der Eigentümer des Waldgebietes, Friedrich Oberste-Frielinghaus, habe den Sport in den Felsen erlaubt. „Dem ist nicht so“, stellt sie klar. Mit den Haken in den Wänden werde Natur und das Eigentum ihrer Familie beschädigt. „Wir möchten, dass das aufhört.“
Kletterer fühlen sich auch von der Burgruine Hardenstein angezogen. Hans Dieter Radke, Vorsitzender des Vereins Burgfreunde Hardenstein: „In diesem Sommer sind zwei Kletterer am Südostturm der Burgruine gesehen worden.“ „Unmöglich“ findet Radke so etwas, der sich mit seinem Verein seit Jahrzehnten ehrenamtlich um den Erhalt und die Pflege des einstigen Adelssitzes kümmert. Nicht zuletzt könnten sich bei solchen Kletteraktionen Steine aus dem Denkmal lösen. Radke wird nicht müde, immer wieder öffentlich zu betonen, dass die Burgruine kein Abenteuerspielplatz ist.
Mountainbiker bauen sich hinter der Burg im Wald sogar eigene Rampen
Auch bei so manchem Mountainbiker stößt er damit auf taube Ohren. Worüber sich der 74-Jährige besonders ärgert: „Sie kommen mit ihren Rädern aus dem Wald und rasen volle Pulle auf den Vorburgplatz.“ Ohne Rücksicht auf andere Erholungssuchende werde der Hardensteiner Weg von so manchem Biker zur Rennstrecke erklärt.
Wie man sich im Wald verhalten sollte
Der Landesbetrieb Wald und Holz Nordrhein-Westfalen erklärt im Netz, wie sich Menschen, die Erholung im Wald suchen, dort verhalten sollten (wald-und-holz.nrw.de/wald-erleben/verhalten-im-wald). Was vielen offenbar nicht klar ist: Wald hat Eigentümer. In Witten gehören der Stadt rund sieben Millionen Quadratmeter Wald (700 Hektar), rund 1000 Hektar Wald (zehn Millionen Quadratmeter) sind Eigentum von Privatleuten.
Der Landesbetrieb weist auch darauf hin, dass Waldbesucher die Pflicht haben, sich so zu verhalten, dass andere durch sie nicht gestört werden. Auch Tiere und Pflanzen brauchen Schutz in Wäldern. In NRW ist das Radfahren im Wald auf den meisten Forstwegen erlaubt, abseits der Wege jedoch nicht.
Auch Friedrich Oberste-Frielinghaus sind rücksichtslose Mountainbiker ein Dorn im Auge: „Sie bauen sich hinter der Burg im Wald und auch an anderen Stellen eigene Rampen.“ Selbst angelegte Trails (Pfade) würden von den Bikern sogar eigenhändig freigeschnitten. In einem Waldstück in Bommerholz sei bei einer solchen Aktion auch gleich eine ganze Reihe frisch angepflanzter Douglasien entfernt worden. Oberste-Frielinghaus: „Da fehlen einem doch die Worte.“
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