Witten. Im Januar startet in Graz die Europameisterschaft der Fliesenleger. Die deutsche Nationalmannschaft holt sich in Witten den letzten Feinschliff.

In Witten werden Europameister gemacht. Nein, nicht Joachim Löw und seine Fußballer bereiten sich hier auf die Europameisterschaft im kommenden Jahr vor. Beim Bauchemiestoffhersteller Ardex trainiert derzeit die Nationalmannschaft der Fliesenleger. Sie will im Januar eine Medaille bei der EM in Graz holen.

Cedrik Knöpfle kachelte vor zwei Jahren für die Nationalmannschaft bei Ardex in Witten.
Cedrik Knöpfle kachelte vor zwei Jahren für die Nationalmannschaft bei Ardex in Witten. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald (theo)

In Witten-Annen wird Yannic Schlachter (21) aus Baden-Württemberg (21) auf das große Turnier in Österreich vorbereitet. Mit Silas Dulle (21) ist noch ein Ersatzkandidat dabei und das ist sie auch schon: die Nationalmannschaft der besten Fliesenleger Deutschlands.

In Witten gibt es den letzten Feinschliff

Doch wie kommt man dazu, aus seinem Beruf einen Wettbewerb zu machen? „Es ist die Leidenschaft zum Handwerk. Ohne Herzblut kann man den Beruf nicht ausüben“, sagt Nationaltrainer Marcel Beyer. Das Talent wird dabei zumeist bei der alltäglichen Arbeit erkannt. „Man muss schon praktisch und theoretisch was drauf haben. Der Arbeitgeber erkennt das Talent irgendwann und dann darf man zur deutschen Meisterschaft“, so der 22-Jährige.

Schlachter spachtelte sich im vergangenen Jahr bei den deutschen Meisterschaften auf den zweiten Rang. Im internen Wettkampf des Fachverbands für Fliesen konnte er sich dann den begehrten Platz in der Nationalmannschaft sichern.

Janis Gentner nahm ebenfalls vor zwei Jahren am Training der Fliesenleger-Nationalmannschaft in Witten teil.
Janis Gentner nahm ebenfalls vor zwei Jahren am Training der Fliesenleger-Nationalmannschaft in Witten teil. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald (theo)

Sein Talent ist auch beim viertägigen Trainingscamp bei Ardex zu erkennen. Das Motiv, das er fliest: typisch Österreich eben. Ein Haus vor einem Berg, zu dem eine Gondel hochfährt. Eine gute Simulation, denn auch bei der EM werden die Teilnehmer Motive kacheln müssen, die zum Gastgeberland passen. Tim Welberg, der zweiten Nationaltrainer, lobt die alpine Fliese. „Das sieht schon sehr gut aus“, sagt er. Nur an einer Stelle würde es Punktabzug geben – die Kacheln liegen nicht ganz übereinander.

Und genau darauf kommt es bei der EM an. Auf zwei Wänden und einem Bodenstück muss an drei Tagen über jeweils sechs Stunden das Steinzeug möglichst akkurat gelegt werden. Schon ein Millimeter Abweichung führt zu Punktverlust. Damit das nicht im Wettbewerb passiert, holt sich Yannic Schlachter in Witten den letzten Feinschliff ab.

Beim Veranstalter Ardex ist man froh, dass das Camp stattfinden kann. „Man hat vor allem in den letzten Monaten gemerkt, wie wichtig das Handwerk ist“, sagt Geschäftsführer Markus Stolper. Er hofft, dass durch solche Wettbewerbe auch andere junge Menschen auf handwerkliche Berufe aufmerksam werden. Zudem würde das Camp ein Stück weit Normalität in diesen Zeiten zurückbringen.

Was die Tage in Witten gebracht haben, wird sich dann im Januar zeigen. Für Schlachter ist das Ziel aber ganz klar. „Ich will Europameister werden.“ Einer der größten Konkurrenten sind übrigens die Niederlande. Über einen Sieg gegen das Nachbarland würden sich im kommenden Jahr also nicht nur die Fußballer freuen.

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