Witten. Witten bricht wegen Corona die Hälfte der Gewerbesteuern weg. Und auch für die kommenden Jahre sieht es düster aus.
Mit mehr als großer Sorge blickt Kämmerer Matthias Kleinschmidt auf die kommende Zeit – und das liegt nicht an der anstehenden Kommunalwahl. Aktuell rechnet der oberste Finanzherr der Stadt wegen der Corona-Krise nur noch mit mageren 30 Millionen Euro Gewerbesteuereinnahmen für das laufende Jahr. Im Haushalt waren einmal 60 Millionen vorgesehen. Und für die kommenden beiden Jahre könnte es ähnlich düster aussehen: „Solche Defizite wie 2020 sind auch für 2021 und 2022 denkbar.“
Neben der weggebrochenen Gewerbesteuer belastet die gesunkene Einkommenssteuer den Haushalt. Dieses Minus schlägt mit schätzungsweise vier Millionen Euro zu Buche. Nach aktuellem Stand sollen die fehlenden Gewerbesteuereinnahmen vom Bund ausgeglichen werden. „Wie das genau praktisch ablaufen soll, dazu gibt es noch keine Info“, sagt Kleinschmidt.
Zusätzliche Kassenkredite in Witten sind wahrscheinlich
Bislang gebe es zudem lediglich einen Gesetzentwurf, der vorsieht, dass Kommunen die Folgen von Corona „buchhalterisch isolieren“ können. So könnten die Haushalte genehmigungsfähig bleiben. Auch der finanzielle Mehraufwand, den die Städte etwa für Schutzmaßnahmen wegen der Pandemie haben, soll getrennt ausgewiesen werden können. „Aber tatsächlich werden wir zusätzliche Kassenkredite aufnehmen müssen“, ist sich der 56-Jährige sicher.
Hinzu kommt: Bislang ist der Ersatz der Gewerbesteuer durch den Bund nur einmalig vorgesehen. „Aber es ist nicht davon auszugehen, dass wir steuerlich 2021 oder 2022 wieder das gleiche Aufkommen haben werden, selbst wenn die meisten Firmen die Krise überleben“, sagt der Beigeordnete. Drei bis fünf Jahre brauche es, bis die Steuereinnahmen wieder auf dem etwa gleichen Niveau wie vor der Krise wären, schätzt der Volkswirt. So lange dauere es, bis Firmen die Verluste, die sie derzeit einfahren, wieder ausgeglichen hätten.
Wieviel Geld fließt im kommenden Jahr an Schlüsselzuweisungen nach Witten?
Unsicher ist auch, wieviel Geld die Stadt beim nächsten kommunalen Finanzausgleich erhalten wird. Im laufenden Jahr waren das 50 Millionen Euro an Schlüsselzuweisungen. Doch auch das Land hat durch Corona massive Einnahmeverluste hinnehmen müssen, hat also im Prinzip weniger Geld, das es an seine Kommunen verteilen kann. „Wenn das Land nicht beschließt, den Satz für die Kommunen unabhängig davon stabil zu halten, wäre das natürlich problematisch“, sagt Kleinschmidt. Eckpunkte dazu wolle das Land Ende September mitteilen.
„Wer Unsicherheit nicht mag, der hat es derzeit schwer“, so der Kämmerer mit Blick auf die kommenden Haushalte. Denn Gewerbe-, Einkommenssteuer und die Schlüsselzuweisungen sind allesamt „dicke Blöcke, mit denen wir momentan gar nicht planen können.“ Daher richte man sich darauf ein, künftig noch rigider haushalten zu müssen.
Stadt muss trotz allem weiterhin Pflichtaufgaben erfüllen
Dabei sei es dringend und wichtig, dass die Stadt bald klarer sehe. „Denn die Ansprüche an uns gehen ja nicht zurück. Wir müssen weitermachen: Kitas ausbauen, die Digitalisierung vorantreiben.“ Auch Städte, denen es bislang gut ging, würden nun auf große Probleme zusteuern.
Durch die zu erfüllenden Pflichtaufgaben könnte bei mangelnder Untersützung eine „gigantische Neuverschuldung“ auf Witten zukommen. „Man kann da schon sehr pessimistisch drauf schauen“, so Kleinschmidt. „Aber es nützt auch nichts, die Augen davor zu verschließen.“ Nun hofft er auf Klarheit bis Ende September – um nach der Kommunalwahl den Haushalt für 2021/22 einbringen zu können.
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