Witten. Kaum zu glauben: Auf einem Immobilienportal ist das Ritz-Gelände in Witten für 799.000 Euro zum Kauf angeboten worden – obwohl es verpachtet ist.

Eine Anzeige auf dem Immobilienportal ImmoScout24 hat für große Unruhe gesorgt. Dort ist das Gelände der ehemaligen Bommeraner Eisengießerei Ritz im Muttental für 799.000 Euro zum Verkauf angeboten worden. Hannsjörg Frank von der Arbeitsgemeinschaft (Arge) Muttenthalbahn rieb sich verwundert die Augen, als er von der Annonce erfuhr. Denn seine Arge hat das Gelände für 39 Jahre vom Eigentümer gepachtet. Und die Recklinghäuser Immobilienfirma Casa Real will ihr Areal definitiv nicht verkaufen.

„Der Eigentümer hat mit der Anzeige nichts zu tun“, versichert Hannsjörg Frank, der auf dem früheren Gießereistandort seit Jahren den Bau eines Grubenbahnmuseums plant. Das Ritz-Gelände sei in der Vergangenheit schon mehrfach online zum Verkauf angeboten worden – bei der jetzigen Anzeige auch mit falschen Angaben zum Grundstück und zu den sich darauf befindlichen Gebäuden, wie auch Stadtbaurat Stefan Rommelfanger aufgefallen ist. So wird etwa vom Grundstücksnachbarn, der Zeche Nachtigall, behauptet, es handele sich um ein erst vor Kurzem gebautes Industrie- und Eisenbahnmuseum.

Zeche Nachtigall in Witten soll ein neues Eingangsgebäude bekommen

Bislang keine Augenweide: das ehemalige Gelände der Eisengießerei Ritz (rechts im Bild). Daneben geht es links auf die Besucherparkplätze der Zeche Nachtigall.
Bislang keine Augenweide: das ehemalige Gelände der Eisengießerei Ritz (rechts im Bild). Daneben geht es links auf die Besucherparkplätze der Zeche Nachtigall. © FUNKE Foto Services | Barbara Zabka

Frank spricht von Betrug. „Da inseriert jemand etwas, das ihm nicht gehört.“ Umso ärgerlicher, da er selbst derzeit mit der Stadt und dem Landschaftsverband (LWL) – als Träger der Zeche Nachtigall – über die Entwicklung seines Pachtgeländes nachdenkt.

Das von ihm auf dem einstigen Ritz-Grundstück geplante Grubenbahnmuseum soll idealerweise zu Beginn der Internationalen Gartenbauausstellung (IGA) im Ruhrgebiet 2027 stehen. Für die Zeche Nachtigall wird in diesem Zusammenhang über ein neues Eingangsgebäude nachgedacht, wie Stadtbaurat Rommelfanger bestätigt. Beides zusammen soll die Attraktivität des Muttentals für Besucher weiter erhöhen – als eines der Top-Ausflugsziele in Witten. Im vergangenen Jahr wurde die Zeche Nachtigall von rund 38.000 Gäste besucht.

Die Strecke der Muttentalbahn möchte Frank bis zum Zechenhaus Herberholz verlängern

Eisengießerei Ritz wurde 1990 verkauft

Die Eisengießerei Heinrich Ritz wurde seit den 20er Jahren auf dem westlichen Teil des Geländes Zeche Nachtigall betrieben. „Die Firma stellte Grauguss-Produkte für die gesamte Industrie und für Bergwerke her“, so der Bommeraner Historiker Klaus Wiegand. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wandelte Heinrich Ritz seine Firma in eine GmbH um. Wiegand: „Spezialitäten der Produktpalette waren Getriebegehäuse, Hammerständer und Maschinenbetten, außerdem Düsenstockspitzen für Hochöfen sowie Zubehör für Trinkwassernetze.“

Bis in die 70er Jahre hinein habe Ritz Gießereiprodukte für das Rheinstahlwerk in Annen und das Wittener Edelstahlwerk hergestellt. „Da die Kundschaft des Gießereibetriebs vorwiegend aus Bergbauzulieferern und der Schwerindustrie bestand, geriet die Firma in den 80er Jahren in finanzielle Schwierigkeiten“, so Klaus Wiegand. 1990 sei Ritz an die Dossmann GmbH (Baden-Württemberg) verkauft und die Produktion kurze Zeit später eingestellt worden.

Hannsjörg Frank von der Arbeitsgemeinschaft Muttenthalbahn hat für einen Teil seines Museumsvorhabens auf dem früheren Ritz-Gelände 750.000 Euro an Fördermitteln bei der Bezirksregierung Arnsberg beantragt. Adressat ist das Düsseldorfer Heimatministerium, das gerade über 185.000 Euro für die dringend notwendige Sanierung des Wittener Helenenturms bewilligt hat.

Hansjörg Frank von der Arbeitsgemeinschaft (Arge) Muttenthalbahn vor zwei Jahren fotografiert auf dem ehemaligen Ritz-Gelände an der Muttentalstraße. Die Arge plant auf dem Areal ein Grubenbahnmuseum und hofft auf Fördergelder vom Land.
Hansjörg Frank von der Arbeitsgemeinschaft (Arge) Muttenthalbahn vor zwei Jahren fotografiert auf dem ehemaligen Ritz-Gelände an der Muttentalstraße. Die Arge plant auf dem Areal ein Grubenbahnmuseum und hofft auf Fördergelder vom Land. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald (theo)

Frank will in seinem Museum zeigen, was er derzeit auf dem Gelände des Gruben- und Feldbahnmuseums Zeche Theresia im Muttental aus Platzgründen nicht richtig präsentieren kann – historische Grubenbahn-Personenwagen und Loks, zum Beispiel. Ob die über viele Jahre gesammelten Schätze der Arbeitsgemeinschaft Muttenthalbahn in der früheren großen Ritz-Gießereihalle – nach deren Sanierung – zu sehen sein sollen oder ob auf dem Gelände neu gebaut wird, dies stehe noch nicht fest. Frank würde auch gerne – apropos Attraktivitätssteigerung - die Muttentalbahnstrecke bis zum Zechenhaus Herberholz verlängern.

Gegen diese Idee soll es aber nach Informationen der Redaktion Einwände von Anwohnern der Muttentalstraße geben, die über einen solchen „Bahnverkehr“ vor ihrer Haustür nicht begeistert wären. Die NRW-Stiftung hat gerade einen Zuschuss von bis zu 25.000 Euro für eine Sanierung der Muttentalbahn-Strecke zugesagt – bis zur Zeche Nachtigall.

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