Witten. Die Ruhrtal-Ranger in Witten helfen bei Pannen, verpflastern Wunden und wissen, wo’s langgeht. Bei ihren Touren erleben sie so einiges.
Wahnsinn, was an einem ganz normalen Dienstagvormittag um elf so los ist an der Fähre, die zur Burgruine Hardenstein übersetzt. Spaziergänger stehen am Anleger, Mütter mit Kinderwagen, vor allem aber Radfahrer. Mit dabei: die Ruhrtal-Ranger aus Witten. Sie helfen bei Pannen, verpflastern kleine Wunden und wissen, wo’s langgeht. Sie achten aber auch darauf, dass die Menschen sich in der Natur und auf dem Ruhrtalradweg vernünftig verhalten.
Alfred Frielinghaus ist quasi der Ober-Ranger und von Anfang an dabei, also seit 14 Jahren. Damals hatte die Wittener Gesellschaft für Arbeit und Beschäftigungsförderung (Wabe) das Projekt ins Leben gerufen. Und der heute 74-Jährige hat sich gemeldet. „Ich war seit zwei Jahren auf der Suche nach Arbeit“, sagt er. Bis dahin hatte er als Maler und Lackierer sowie Metallbauschlosser sein Geld verdient. Nun radelt er durchs Ruhrtal. Allerdings nicht mehr täglich, denn vor allem organisiert er das Team der Ranger.
Pro Tag legen die Wittener Ranger bis zu 50 Kilometer zurück
Pascal Dessel (33) und Volker Sulicke (53) gehören dazu. Beide sind etwa seit einem halben Jahr dabei. Dessel ist Bau- und Möbeltischler. Er kann den Beruf wegen einer Augenverletzung nicht mehr ausüben. Sulicke hatte fünf angebrochene Rückenwirbel und damit keine Chance mehr in seinem Job als Maurer oder Dachdecker. Aber Fahrradfahren geht gut. „Die Rückenbeschwerden sind besser geworden“, sagt er.
Denn pro Tag legen die Ranger, von denen meist drei gleichzeitig ausschwärmen, um die 50 Kilometer zurück. Das Gebiet, um das sie sich kümmern, reicht von Bochum-Dahlhausen bis zum Hagener Hengsteysee, vom Muttental bis zum Rheinischen Esel. Start- und Stützpunkt ist das Zollhaus in Herbede. Fünf Ranger stehen als Verkehrshelfer aber auch regelmäßig an der Schwimmbrücke in Dahlhausen. „Das ist ein Verkehrsknotenpunkt“, sagt Frielinghaus. „Bei gutem Wetter sind da bis zu 2500 Radler am Tag unterwegs.“ Auch während des Lockdowns habe es ja viele aufs Rad getrieben.
Wanderer erkennen die Ruhrtal-Ranger an der roten Weste
Jetzt aber los, der Fährmann will ablegen. Frielinghaus grüßt ins Führerhaus, wo seit neun Uhr morgens Carsten Jakobi am Steuer sitzt. Auch er ist im Auftrag der Wabe unterwegs. „Bring uns mal gut hier rüber“, ruft Frielinghaus. Nichts leichter als das. Der Fluss ist ruhig, das Wetter perfekt. Sonne und Wolken wechseln sich ab.
Gemächlich radeln die Ranger ihres Weges. „Wir müssen ja gut ansprechbar sein“, sagt Frielinghaus. Der Wanderer erkennt ihn und seine Kollegen an der roten Weste oder Jacke. Sie versuchen, vor allem da zu fahren, wo sich möglichst viele Menschen tummeln, um beraten oder helfen zu können. An diesem Morgen noch hat Pascal Dessel den Rettungswagen rufen müssen. Ein Mann wollte seinen Spaziergang über die Bahngleise abkürzen. Er hatte die Hände in den Taschen, kippte nach hinten weg und bekam keine Luft mehr. Ist aber alles gut ausgegangen, sagt Dessel.
Ranger verwarnen Wildgriller oder weisen Verirrten den Weg
Alfred Frielinghaus hat mal vier zeltende Jugendliche verwarnt. Oder einer Fahrradtruppe, die sich auf dem Weg nach Mülheim verirrt hatte, die Richtung gewiesen. Manchmal räumen sie Scherben weg, aber sonst keinen Müll. „Dafür rufen wir das Betriebsamt an.“ Wenn jemand wild grillt, wird er darauf aufmerksam gemacht, die Kohle ordentlich zu löschen. Alles immer in ganz höflichem Ton, sagt Frielinghaus. An der Burgruine erklärt er gerade Yvonne Jüngst aus Heven, dass ihre Tochter auf einem kleinen Mauerstück, das etwas abseits liegt, ruhig klettern darf.
Wenn’s kräftig regnet, müssen die Ranger übrigens nicht raus. Dann bauen sie zum Beispiel ein Insektenhotel. Damit die Singvögel im Ruhrtal wieder mehr zu fressen haben.