Witten. Die Stadt Witten wird vorläufig keine Fahrverbote nach dem neuen Bußgeldkatalog mehr aussprechen. Was jetzt für Autofahrer gilt.

Wer in Witten zu schnell unterwegs ist, wird jetzt wieder nach dem alten Bußgeldkatalog bestraft – und behält damit seinen Führerschein, auch wenn er mehr als 21 km/h zu schnell durch die Stadt gefahren ist. Das Bundesverkehrsministerium hatte am Donnerstag (2. Juli) die Länder angewiesen, ab sofort wieder die alten Regeln anzuwenden. Die Novellierung der Straßenverkehrsordnung war erst am 28. April in Kraft getreten.

Betroffen sind davon nach Angaben der Stadt allerdings nur die verschärften Regeln für Fahrverbote, nicht das überarbeitete Regelwerk an sich – also auch nicht die Höhe des jeweiligen Bußgeldes. „Das heißt, die Bußgeldsätze bleiben erhöht, das Fahrverbot wird bis zur Änderung des Bußgeldkatalogs nicht geahndet“, teilt das Ordnungsamt mit.

Erst ab 31 km/h zu viel in der Stadt ist der Führerschein weg

Wer in der Stadt bis zu 10 km/h zu schnell fährt, muss also weiterhin 30 Euro zahlen. Bis 15 km/h drohen 50 Euro und bis 20 km/h 70 Euro Strafe. Außerorts sind es 20, 40 und 60 Euro. Hinfällig ist nun aber, dass derjenige seinen Führerschein für einen Monat abgeben muss, der innerorts 21 Kilometer pro Stunde zu schnell fährt oder außerorts 26 km/h. Zumindest vorläufig ist das nun erst wieder – wie früher – bei Überschreitungen von 31 km/h im Ort und 41 km/h außerhalb der Fall.

Offizieller Grund für die Rolle rückwärts bei den strengeren Regeln für Fahrverbote ist ein Formfehler. In der Neufassung der Straßenverkehrsordnung fehlt laut Bundesministerium ein Verweis auf die notwendige Rechtsgrundlage. Damit sei die Neuregelung nichtig.

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Betroffene können Einspruch gegen Bußgeldbescheid einlegen

Wer bereits einen Bußgeldbescheid inklusive Fahrverbot nach den neuen Regeln erhalten hat, kann dagegen nun Einspruch einlegen, so die Stadt. Weitere Fahrverbote will das Ordnungsamt nicht mehr aussprechen, bis ein entsprechender Erlass des Landes vorliegt.

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„Sollte jedoch eine Geschwindigkeitsüberschreitung vorliegen, die auch nach dem alten Bußgeldkatalog mit einem Fahrverbot geahndet worden wäre, wird das Fahrverbot den Betroffenen auferlegt und vollstreckt“, betont Stadtsprecher Jörg Schäfer.

Bußgeldstelle des Kreises schickt Führerscheine zurück

Wer nicht vom Ordnungsamt, sondern von der Polizei geblitzt wurde, für den ist die zentrale Bußgeldstelle des EN-Kreises zuständig. Diese ist schon vor einem möglichen Landeserlass vorab tätig geworden: Die Behörde in Schwelm hat am Montagvormittag veranlasst, dass neun bereits abgegebene Führerscheine zurück zu ihren Besitzern im EN-Kreis kommen. „Wir versuchen, schon jetzt so bürgerfreundlich wie möglich zu handeln“, sagt Michael Schäfer, Fachbereichsleiter für Ordnung und Sicherheit.

Weniger Verstöße gegen das Tempolimit

Im ersten Halbjahr 2020 hat die Stadt über 650.000 Euro an Buß- und Verwarnungsgeld eingenommen. Knapp 16.300 Mal handelte es sich dabei um Parkverstöße, rund 8500 Mal wurde die Geschwindigkeit überschritten.

Im ersten Halbjahr 2019 wurde noch deutlich öfter gegen das Tempolimit verstoßen, nämlich in 12.500 Fällen. Auch gab es mit 20.500 Fällen mehr Parkverstöße. Knapp 690.000 Euro nahm die Stadt so im ersten Halbjahr 2019 ein. Im ganzen Jahr kamen rund 1.2 Millionen Euro an Buß- und Verwarngeld zusammen.

Seit dem 28. April hat das Ordnungsamt 43 Autos geblitzt, die ein Fahrverbot auferlegt bekommen haben.

Auch weiterhin stärker zur Kasse gebeten werden rücksichtslose Parker. Wer sein Fahrzeug auf einem Geh- oder Radweg abstellt, zahlt seit dem 28. April 55 Euro (bisher 20 Euro).

123 Bußgeldbescheide, die bereits erlassen, aber noch nicht rechtskräftig seien, werde man aufheben und neu ausstellen, so der Jurist. Schwierig sei es aber bei den Verfahren, die bereits abgeschlossen seien. „Da hoffe ich auf eine einheitliche Lösung vom Bund.“

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Seit der Novellierung der Straßenverkehrsordnung am 28. April gab es in der zentralen Bußgeldstelle des Kreises 673 Verfahren wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen, die nach den Änderungen von einem Fahrverbot betreffen gewesen wären. Insgesamt – also auch nach altem Recht – waren es 798 Verfahren. 2019 wurden im selben Zeitraum 416 Fahrverbote aufgrund von Geschwindigkeitsübertretungen festgesetzt.

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